Flavio Briatore: Der Henker fühlt sich erpresst

Hat Flavio Briatore wirklich seinen Ex-Piloten Piquet angewiesen, in eine Mauer zu rasen? Die FIA ermittelt, der Teamchef steht unter Druck, für Renault könnte es das Formel-1-Aus bedeuten
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MONZA - Hat Flavio Briatore wirklich seinen Ex-Piloten Piquet angewiesen, in eine Mauer zu rasen? Die FIA ermittelt, der Teamchef steht unter Druck, für Renault könnte es das Formel-1-Aus bedeuten

58 Jahre alt musste Flavio Briatore werden, um sich reif genug für ein eigenes Kind zu fühlen. Im Sommerurlaub auf Sardinien bemerkte Elisabetta Gregoraci, Briatores 30 Jahre jüngere Ehefrau, schwanger zu sein. Briatore, Formel-1-Boss von Renault, ließ mitteilen, sich sehr auf den Nachwuchs, auf sein erstes Kind, wie er betonte, zu freuen. Dass er, wie seine Ex-Kurzzeitaffäre Heidi Klum behauptet, der Vater der mittlerweile fünf Jahre alten Leni ist, leugnet Briatore vehement.

Mindestens genauso vehement leugnet der Italiener jetzt einen ungeheuerlichen Vorwurf, der für ihn und seinen Rennstall das Formel-1-Aus bedeuten könnte. Briatore soll 2008 in Singapur seinen Fahrer Nelsinho Piquet vor dem Rennen angewiesen haben, absichtlich in die Mauer zu fahren, um Fernando Alonso in eine bessere Position zu bringen.

Alonso hatte dieses erste Nachtrennen damals gewonnen, obwohl er nur von Rang 17 gestartet war. Piquet war in Runde 14 tatsächlich gegen eine Mauer gefahren. Alonso war nur kurze Zeit vorher zum Tanken an die Box beordert worden – und hatte per Boxenfunk mehrfach nachgefragt, ob der Tank-Befehl ernst gemeint sei. Normalerweise tanken von hinten startende Fahrer immer möglichst spät. Wie auch immer: Zwei Runden nach Alonso Boxenstopp crashte Piquet, durch die lange Safety-Car-Phase kam Alonso wieder ans Feld heran – und wurde, als auch die Konkurrenten tanken mussten, bis an die Spitze gespült.

Seit zwei Wochen ermittelt die FIA gegen Briatore, Renault und Chefingenieur Pat Symonds. Es sind neue Indizien aufgetaucht, verantwortlich dafür dürfte verletzter Stolz sein. Nach dem Rennen in Ungarn wurde Piquet von Briatore wegen notorischer Erfolglosigkeit gefeuert. „Flavio ist mein Henker", sagte Piquet. Zwei Wochen später begannen die Ermittlungen. Die FIA engagierte sogar eine Privat-Detektei.

Piquet junior bestätigte den Ermittlern das Ungeheuerliche. Er sei von Symonds gefragt worden, ob er gegen eine Mauer fahren könne. Briatore sei beim Gespräch dabei gewesen und habe sich nach dem Rennen diskret bei ihm bedankt. Das schreibt Piquet in einem Brief an die FIA. Der tauchte gestern, genauso wie die Verhörprotokolle, im Medienzentrum in Monza auf. In den Verhörprotokollen ist diese Aussage Briatores zu lesen: „Ich kann mich an ein Gespräch mit Piquet am Sonntagmorgen erinnern, doch über dergleichen wurde nicht gesprochen", sagt er darin. „Ich kann mich zudem noch daran erinnern, dass sich Piquet in Singapur in einem fragilen Geisteszustand befand."

Auch Symonds streitet ab, Piquet zum Crash angestachelt zu haben. Im Gegenteil: Der Vorschlag sei von Piquet selbst gekommen. Von wegen „fragiler Geisteszustand" und so. Briatore schweigt dazu seit ein paar Tagen, zuletzt sagte er der „Times“: „Ich werde von der Familie Piquet erpresst. Das ist nur ein Versuch, mir zu schaden.“

Am 21. September tagt der FIA-Weltrat, die oberste Gerichtsbehöre des Automobilweltverbandes. Im schlimmsten Fall könnte Renault aus der Formel 1 ausgeschlossen werden – wenn sich der Rennstall nicht schon vorher von sich aus zurückzieht. Briatore hätte dann immerhin wohl mehr Zeit für sein Kind, das angeblich erste.

Filippo Cataldo

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