Wegen van Gaal: AZ-Boss Scheringa pokert mit den Bayern
Wie Alkmaars Präsident den Wechsel van Gaals nach München doch noch zu verhindern versucht – und wer der Mann eigentlich ist
ALKMAAR Am Tag danach bleibt der entscheidende Mann unsichtbar. Dirk Scheringa macht sich rar nach der Meisterfeier. Ebenso das Objekt der Begierde: Louis van Gaal ist zwar im Stadion, lässt sein Team aber mit dem Assistenten üben, er selbst kommt nicht raus. Am stürmischen Wind wird es nicht gelegen haben, eher an der Reporterschar. Selbst wer verspricht, ihn nicht nach Bayern zu fragen, bekommt kein Interview.
Aber an van Gaal hängt das Gelingen des Transfers sowieso nicht. Diesem steht allein Dirk Scheringa im Weg: „Die Bayern können gerne kommen. Dann bekommen sie eine schöne Tasse Kaffee und erfahren, dass van Gaal einen Vertrag bis 2010 hat."
In der Tageszeitung "de Volkskrant" wunderte sich Scheringa demonstrativ, dass der FC Bayern in den Medien über einen bevorstehenden Wechsel rede, ohne mit Alkmaar gesprochen zu haben. „Bis zu diesem Moment weiß ich nichts von Bayern, und ich habe auch von van Gaal nichts gehört. Ich weiß aber, dass ich mit einem Toptrainer in die Champions League will, und zwar mit van Gaal. Deshalb bestehe ich darauf, dass er seinen Vertrag erfüllt." Gefragt, ob van Gaal sich durch den Titelgewinn das Entgegenkommen des Vorstands verdient habe, sagte Scheringa: „Dafür hat er ein gutes Gehalt bekommen. Ich denke, sogar das beste in den Niederlanden."
Der 58-Jährige dürfte für Uli Hoeneß ein schwieriger Verhandlungspartner sein. Seit 1993 ist Scheringa der starke Mann bei AZ Alkmaar, führte den Klub aus der Zweitklassigkeit, spendierte vor drei Jahren ein neues Stadion und ist, obwohl zuweilen als „holländischer Abramovic" bezeichnet, beliebt bei den Fans. „Dirk bedankt" schallte es bei der Meisterfeier durch die Stadt, auch bei der Überreichung der Meisterschale am Sonntag gab es Sprechchöre für den Präsidenten. Nach van Gaal schrie niemand.
Scheringa kommt von unten. Fing als Wachtmeister an, schlug dank seines Hobbys (Steuererklärungen!) bald eine andere Karriere ein und ist heute der Chef der DSB-Bank und einer der reichsten Männer in den Niederlanden. Als ihn ein Magazin unter den 500 Reichsten des Landes mit einem geschätzten Besitz von 285 Millionen Euro an Position 97 taxierte, soll er angerufen haben: „Stimmt nicht. Ich hab' mehr." Er gilt als Kunstmäzen, hat das „Scheringa-Museum für Magischen Realismus" bauen lassen – am 1. Mai wurde dort ein Gemälde von Dali geklaut. Scheringa ist Gemeinderat in Opmeer, besitzt neben dem AZ Alkmaar ein Eisschnelllaufteam und sponsort viele Kufen-Stars.
Es gibt aber auch Kritik: Die Kredite, durch die seine Bank bekannt geworden ist, werden angeblich des öfteren günstiger dargestellt, als sie tatsächlich sind. Und da sind wir wieder bei Bayern, wenn's ums Geld geht, dürfte Dirk Scheringa eine harte Nuss sein.
Thomas Becker