Von Hoeneß und Rummenigge: Watschn für Franz
MÜNCHEN - Es ist die hitzigste Personaldebatte des Fußball-Sommers. Jetzt könnte das Theater um Franck Ribéry, den umworbenen Superstar des FC Bayern, sogar die prominente Führungsriege des Klubs spalten. Ulikallefranz – das war einmal. Im Moment sieht die Gemengelage so aus: Rummenigge und Hoeneß gegen Beckenbauer!
Der Montagmorgen ist meist ja nicht der allerfreudigste Moment einer Arbeitswoche im Büro. Am schlimmsten ist es, wenn der Ärger schon auf dem Schreibtisch liegt, bevor man den PC überhaupt angeschaltet hat. So erging es den Herren Hoeneß, Rummenigge und Hopfner.
Allüberall hieß es: Achtung, Bayern-Vorstand, in sämtlichen Medien kommt ihnen ein Statement von Franz Beckenbauer entgegen. Der Aufprall war nicht zu verhindern.
„Franck Ribéry ist nur zu Bayern gekommen, um sich einen Namen zu machen“, hatte Beckenbauer am Wochenende geschimpft und noch einen draufgesetzt: „Das ist ein Franzose, dem ist München wurscht.“ Der unterschwellige Vorwurf: Ribéry sei ein Fußball-Söldner, der keine Loyalität seinem Arbeitgeber gegenüber zeige und vermutlich am liebsten gestern schon zu Real Madrid gewechselt wäre. Der Schaden war schon entstanden – der Vorstand musste rasch Erste-Hilfe-Maßnahmen einleiten.
„Wir haben sofort eine kurze Sitzung einberufen“, sagte Bayern-Manager Uli Hoeneß der AZ und fügte hinzu: „Na, klar.“ Dringlichkeitsstufe eins. Der Falschargumentierer Beckenbauer musste von seinem Weg abgedrängt werden.
Rasch wurde eine Presse-Erklärung aufgesetzt, in der sich der Vorstand „erstaunt“ zeigte über die harschen Worte. Was für eine nette Formulierung dafür, dass aneinander vorbeikommuniziert wird. Das Wort „erzürnt“ hätte es vielleicht genauso getroffen. Aber auch so ist es zu einem Bruch der ehemaligen Mitspieler nicht weit.
Drei Punkte wurden aufgeführt. Erstens: „Unser Spieler Franck Ribéry hat sich stets professionell, korrekt und seriös verhalten.“ Das hatten Hoeneß und Rummenigge bereits seit Wochen in aller Buddha-Ruhe wieder und wieder erklärt. Wegen Beckenbauer sahen sie sich erneut dazu genötigt. Auch zu Punkt zwei: „Der FC Bayern (...) hatte und hat bei Ribéry zu keinem Zeitpunkt den Eindruck, dass er den FC Bayern nur dazu benützen würde, um in seiner eigenen Karriereleiter nach oben zu kommen (...).“
Schließlich drittens: „Franck Ribéry hat sich nie dazu geäußert, von der Möglichkeit des Ziehens des Fifa-Paragrafen 17 Gebrauch zu machen.“ Dabei geht es darum, dass der Franzose ein Jahr vor Vertragsende, also im Sommer 2010, womöglich für eine geringe Ablösesumme den Verein verlassen könnte.
„Wir haben Franck sofort eine französische Übersetzung zukommen lassen, ihm persönlich, nicht seinen Beratern“, sagte Hoeneß der AZ. Dringlichkeitsstufe eins. Der Manager: „Es ist eine sachliche Stellungnahme, aber wer zwischen den Zeilen lesen kann, ist klar im Vorteil.“ Den Groll auf den Kaiser konnte Hoeneß kaum verbergen: „Schauen Sie sich die Erklärung doch mal genau an: Da sind drei Unterschriften drauf, das sagt doch alles, so oft hat es das auch nicht gegeben.“ Ob er Beckenbauer kontaktiert habe? „Nein!“ Ob er das demnächst tun wolle? „Nein.“
Am Ende der Erklärung folgte noch eine Belehrung zum Aufgabengebiet Beckenbauers: „Wir würden uns aber sehr freuen, wenn Franz Beckenbauer in seiner Eigenschaft als Mitglied der Fifa-Exekutive dafür Sorge tragen würde, dass der Paragraf 17, der den gesamten Profifußball extrem belastet, wieder abgeschafft und damit für alle Klubs weltweit für mehr Vertragsstabilität gesorgt wird.“ Ein Auftrag an den Aufsichtsratschef: Hausaufgaben machen, Franz – aber anderswo!
„Der Vorstand hat eine Politik und wir müssen das befolgen – und Franz Beckenbauer, denke ich.“ Das sagte Trainer Louis van Gaal, der den Vorfall ebenso auszubaden hat: „Ich muss den Fall managen, und das ist immer schwierig.“ Falls Ribéry, derzeit noch Reha-Patient, beleidigt ist und nun tatsächlich auf einen Wechsel drängt. Nicht der erste Zwist zwischen Beckenbauer und dem Vorstand. Es könnte des Kaisers größtes Eigentor werden.
Patrick Strasser