Vergleich mit van Gaal: Jupp, das Flüsterbiest

Jupp Heynckes setzt bie Bayern auf Kooperation und Moderation. Also genau das Gegenteil zum sturen Ex-Coach Louis van Gaal, der die Spieler derbleckte. Die AZ vergleicht die Trainer
von  Patrick Sterasser

Jupp Heynckes, der neue Coach des FC Bayern, setzt auf Kooperation und Moderation. Also genau das Gegenteil zum sturen Ex-Coach Louis van Gaal, der die Spieler derbleckte. Die AZ vergleicht die Trainer

Riva -  Jupp Heynckes ist Frühaufsteher. Jeden Morgen um 9 Uhr, auch hier im Trainingslager am Gardasee, findet die erste Besprechung mit seinem Trainerstab statt. Schon nach den ersten Rinheiten auf dem Platz von Arco wird der Unterschied zur Arbeitsweise von Louis van Gaal offensichtlich. Zwei Trainer, zwei Philosophien. Ein Begriff, der Heynckes nicht gefällt. Der 66-Jährige spricht eher von einem Konzept und möchte, dass seine Mannschaft „kompetitiv” (sein Lieblingsausdruck), also wettbewerbsfähig, ist.

Das will Heynckes durch seine ureigenen Vorstellungen von Trainingsinhalten erreichen, die besonders Uli Hoeneß schätzt. Die AZ zeigt die auffälligsten Unterschiede der Arbeit im Vergleich zu Louis van Gaal auf.

 


GEZIELTE, RUHIGE ANWEISUNGEN
: Heynckes redet nicht sehr viel auf dem Trainingsplatz, feuert die Spieler hin und wieder an, gibt kurze Kommentare und Kommandos, sieht sich jedoch eher als Beobachter. Heynckes: „Ich fordere viele Dinge von den Spielern, habe aber auch Geduld, bin kooperativ.” Bei ihm haben auch die Assistenten Hermann Gerland und der aus Leverkusen mitgekommene Peter Hermann ein Wörtchen mitzureden. „Früher wollte ich alles selbst machen, heute delegiere ich Dinge”, sagt Heynckes. Louis van Gaal
trat meist herrisch auf, seine prägnante, kehlige Stimme war von fast allen Trainingskiebitzen noch zu vernehmen. Dagegen ist Heynckes ein Flüsterbiest.




KEINE SHOW-EFFEKTE : Heynckes arbeitet im Stile eines echten Fußball-Lehrers, der die Inhalte erklärend vermitteln will. Dazu nimmt er sich auch mal einen Spieler zur Seite. Seine Maßgabe: „Ich bin ein Teil der Mannschaft, ein Teamplayer. Der Trainer
und der Moderator”, erklärte er, „wichtig ist der gegenseitige Respekt.” Sein holländischer Vorgänger liebte es vor allem in seinen Anfangstagen im Juli 2009 die Spieler lauthals zu derblecken. Etwa: „Diesen Pass spielt meine Oma besser.” Oder: „Das ist unglaublich! Wie können Sie so etwas machen!” Allerdings: Ein Lob wurde ebenso massenwirksam rausgeschmettert („Fantastisch machen Sie das!”). Nach einem Anpfiff wurde manch Spieler ab und an ganz plötzlich in den Arm genommen und fast erdrückt – die Gesichter der Spieler zeigten die Irritation.




SPEZIELLE ÜBUNGEN :
Unter Heynckes werden schon zu Beginn der Vorbereitung Spielzüge einstudiert und Spielchen zum Mitdenken gemacht. Wie die Eishockey-Übung: Heynckes lässt auf engem Raum acht gegen acht spielen, je zwei Stürmer müssen dabei auf der gegnerischen Torauslinie stehen – das Abseits ist aufgehoben. So kann der Ball quasi über Bande gespielt werden. Unter van Gaal wurden monoton Flachpässe geübt. Wenn ein Ball nicht wie eine Frisbee knapp über den Rasen flitzte, schrie der Holländer: „Der Ball darf nicht hoppelen!”

 




KEINE TRENNUNG: Van Gaal überraschte alle anfangs mit der Methode, ein A- und ein B-Team zu formieren, die ins Trainingsspielen stets gegeneinander antreten – so etablierten sich Müller und Badstuber. Vorteil: Man konnte sich einspielen. Nachteil: Stammplätze waren früh vergeben, der Aufstieg in die Güteklasse A sehr schwierig. Heynckes sagt: „Ich will jedem Spieler eine Chance geben, sich zu empfehlen. Er muss nur malochen.”

 

 




DER KLAR DEFINIERTE UMGANG: Louis van Gaal mischte beliebig zwischen einem „Du” und „Sie” – je nach Laune. Heynckes' Credo ist: „Ich duze die Spieler, sie siezen mich. Wenn wir die Champions League gewinnen, dürfen sie mich für einen Tag duzen.” Heynckes lachte schallend. „Hängen wir es nicht zu hoch: Auch wenn wir Meister werden.”

 

Er wirkt entspannt, erfüllt von seiner neuen, alten Aufgabe. „Ich denke, ich bin ein anderer Trainer als etwa 1987, als ich zum ersten Mal hier war – offener, zugänglicher”, sagte der 66-Jährige, „wir wollen gemeinsam eine Atmosphäre schaffen, in der jeder seine Leistung erbringen kann. Das Alter ist nicht entscheidend, das Kriterium ist die Leistung, die Qualifikation.”
Ob sein Weg zum Erfolg führt?

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