Van Gaal stellt Bayern auf den Kopf

Im Umgang mit den Topstars zeigt Louis van Gaal erneut, dass er alle vor den Kopf stoßen kann – den sensiblen Franck Ribéry ebenso wie die gesamte Führungsetage im Fall Schweinsteiger.
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Zieht sein Ding bei den Bayern durch: Trainer Louis van Gaal.
dpa Zieht sein Ding bei den Bayern durch: Trainer Louis van Gaal.

Im Umgang mit den Topstars zeigt Louis van Gaal erneut, dass er alle vor den Kopf stoßen kann – den sensiblen Franck Ribéry ebenso wie die gesamte Führungsetage im Fall Schweinsteiger.

LEVERKUSEN Da kann man schon mal durcheinander kommen: Der eine will kurze Ärmel, aber rote Handschuhe, der andere ein Langarm-Shirt und der nächste am liebsten einen Rolli unters Trikot und womöglich noch eine lange Unterhose, aber bittschön keins von diesen roten Dingern, dann schon lieber eine graue. Als Zeugwart des FC Bayern hat man einiges um die Ohren, und so war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis ein solches Missgeschick passieren würde: Ausgerechnet auf dem Trikot des besten Spielers auf dem Platz hatte der Zeugwart den Werbe-Aufdruck des Sponsors verkehrt herum angebracht. Dem Leverkusener Renato Augusto war’s wurscht: Nach der Partie sicherte er sich das falsch beflockte Schweinsteiger-Trikot, unleserlicher Sponsor hin oder her.

Der FC Bayern steht Kopf. Wenig funktioniert derzeit so, wie es soll. Auch der Trainer nicht. Zuerst der öffentlich ausgetragene Zwist mit Präsident Uli Hoeneß, dann die alle Beteiligten überraschende Verkaufsempfehlung in Sachen Bastian Schweinsteiger, den alle anderen im Klub unbedingt halten wollen, und dann auch noch dieser Rüffel für Franck Ribéry.

Wie Louis van Gaal in der Kabine mit seinen Spielern redet, ist Mannschaftsgeheimnis – falls er nicht gerade wie in Gladbach einen mittleren Tobsuchtsanfall bekommt und so laut brüllt, dass man ihn fast noch vor den Stadiontoren hört. Erstaunlich ist jedoch, dass er jede Gelegenehit nutzt, um Anti-Streicheleinheiten zu verteilen. Wie nun im Fall Ribéry geschehen.

Dass der zuletzt von zahllosen Rückschlägen (Verletzungen, WM-Desaster, private Probleme) getroffene Franzose ein Vertreter der sensiblen Sorte ist, sollte sich bis zu van Gaal herumgesprochen haben. Monatelang hatten ihn Hoeneß & Co. in der vergangenen Saison weich gekocht, bis er endlich den Versuchungen all der Reals, Chelseas, Barcelonas und ManUs widerstand und einen neuen Fünf-Jahres-Vertrag bei Bayern unterschrieb. Immer wieder spricht der ja ansonsten eher mäßig mitteilsame Ribéry von der „Familie FC Bayern“ und davon, wie wohl er sich an der Säbener Straße fühlt. Es gehört wenig Phantasie dazu, sich vorzustellen, was der Franzose nun von van Gaals Vorwurf hielt, er habe sich im eigens anberaumten Testspiel gegen Unterhaching „nicht bemüht“. Vielleicht wollte der Coach den lange Zeit verletzten Dribbler damit ein bisschen kitzeln, ihm zu noch mehr Motivation verhelfen. Der Schuss ging nach hinten los: Die 30 Minuten, die Ribéry gegen Leverkusen auf dem Platz verbrachte, waren seine wohl schwächsten überhaupt im Bayern-Trikot: fahriges Spiel, misslungene Dribblings, ein grobes, mit Gelb geahndetes Foul an Vidal. So hatte er sich das nach dem prima Einstand vor einer Woche gegen Nürnberg nicht vorgestellt.

Van Gaal sagte zu Ribérys Leistung nur: „Einwechseln ist nicht einfach. Es ist sehr schwierig, nach einer Verletzung zurückzukommen. Gegen Nürnberg war das gut, heute weniger.“ Mehr warme Worte hat der Holländer offenbar nicht für seinen Star. Die Rolle des väterlichen Chefs, wie Hoeneß für Ribéry einer ist, ist van Gaal nicht gegeben, entspricht nicht seinem vom Gerechtigkeitsgedanken geprägten Weltbild. Dass zum oft von ihm gepriesenen ganzheitlichen Prinzip allerdings auch die verletztliche Seele gehört, scheint bei van Gaal ein zu vernächlässigender Faktor zu sein.

Thomas Becker

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