Und gleich wird's eng! Der dünne Kader des FC Bayern macht sich erstmals bemerkbar

Fünf Pflichtspiele ist die neue Saison erst alt – und schon macht sich der entschlackte Kader des FC Bayern erstmals bemerkbar. Wie der Rekordmeister am Montag mitteilte, muss Raphaël Guerreiro vorerst pausieren. Der Portugiese hat sich beim 5:0-Schützenfest gegen den Hamburger SV "eine kleine Verletzung der Bauchmuskulatur" zugezogen und musste nur 18 Minuten nach seiner Einwechslung schon wieder vom Platz.
Allzu schwer wiegt der Ausfall des 31-Jährigen auf den ersten Blick nicht. Guerreiro kommt unter Trainer Vincent Kompany in dieser Saison allenfalls als Joker zum Einsatz. Im Mittelfeld hat er klar das Nachsehen hinter Joshua Kimmich, Leon Goretzka und Aleksandar Pavlovic, auf der Linksverteidigerposition ist aktuell Josip Stanisic gesetzt. Letzterer ist nun allerdings der einzig halbwegs gelernte und fitte Spieler für die linke Position in der Viererkette.

Gegen Hamburg wurde Tom Bischof als Linksverteidiger eingesetzt
Nach der Verletzung von Guerreiro musste mangels Alternativen Youngster Tom Bischof hinten aushelfen. Der Neuzugang machte seinen Job zwar ordentlich, ist aber eigentlich gelernter Mittelfeldspieler. Der auch in dieser Saison wenig überzeugende Sacha Boey, der als einziger ausgebildeter Außenverteidiger noch auf der Bank gesessen hätte, war für Trainer Kompany offenkundig keine Option.
Wie lange Guerreiro ausfällt, teilten die Bayern nicht mit. Bis zu seiner Rückkehr steht mit Stanisic nur noch ein Linksverteidiger zur Verfügung – und selbst der fühlt sich im Zentrum sowie auf rechts eigentlich wohler. Pünktlich zum Start in den heißen Herbst, der mit zahlreichen Englischen Wochen aufwartet, wird es links hinten also schon ein bisserl eng.
Davies und Ito sollen im November zurückkehren – doch wann sind sie richtig fit?
Dabei hätten die Bayern für die Linksverteidigerposition ja eigentlich genügend Personal auf Top-Niveau, nur das fällt momentan ebenfalls verletzungsbedingt aus. Im November bekomme man "drei Neuzugänge, die nichts kosten", sagte Ehrenpräsident Uli Hoeneß zuletzt und meinte damit unter anderem Alphonso Davies und Hiroki Ito. Hinter der Frage, bis wann beide wieder in Top-Form sind, steht allerdings ein großes Fragezeichen.
Davies befindet sich aktuell nach seinem Kreuzbandriss aus dem Frühjahr noch in der Reha und wird bis zu seiner Rückkehr in den Spielbetrieb mindestens ein halbes Jahr raus gewesen sein. Dazu kommt, dass Davies vor allem von seiner Dynamik lebt und eine derart schwere Knieverletzung bei einem Spieler wie ihm durchaus langfristige Beeinträchtigungen zur Folge haben kann. Ob und wenn ja, wann er seine enorme Spritzigkeit und sein Tempo von vor dem Kreuzbandriss wieder erreicht, muss sich erst noch zeigen.
Mehr Chancen für Talente: Bayern setzt bewusst auf dünnen Kader
Mit Ito schuftet derzeit noch ein zweiter Langzeitverletzter für sein Comeback. Der Japaner ist seit seiner Verpflichtung vom VfB Stuttgart im Sommer vergangenen Jahres vom Pech verfolgt und stand aufgrund zweier Mittelfußbrüche nur acht Mal für die Bayern auf dem Platz. Auch er wird also Zeit brauchen, um wieder richtig in Form zu kommen.

Bei den Bayern war man sich der Tücken des dünnen Kaders allerdings bewusst. "Letztes Jahr hatten wir einen breiteren Kader. Da gab es die Diskussion, dass die Talente nicht zum Zuge kommen. Irgendetwas passt immer nicht", beschwichtigte Vorstandsboss Jan-Christian Dreesen bereits im Sommer und erklärte, dass man bewusst Platz für Nachwuchskräfte geschaffen habe. "Wir können junge Talente nur ans Spielen bringen, wenn sie auch eine Chance bekommen. Wenn wir jede Position doppelt, dreifach oder noch mehr besetzen, dann wird es kompliziert."
FC Bayern verkaufte mit Adam Aznou ein Linksverteidiger-Juwel
Das Problem: Für links hinten bietet sich derzeit kein Nachwuchsspieler an. Mit Adam Aznou, dem am Campus viele den Sprung zum Top-Spieler zugetraut haben, wurde im Sommer ein Youngster für genau diese Position an den FC Everton verkauft. Der junge Marokkaner war immer wieder mit Versprechen auf Einsatzzeiten hingehalten worden, kam unter Kompany aber kaum zum Zug und entschied sich schlussendlich für einen Wechsel.

Von Sportvorstand Max Eberl wurde Aznou nach seinem Wechsel auf die Insel mit eher kritischen Worten verabschiedet. "Jetzt, wo der nächste Schritt gekommen wäre aus unserer Wahrnehmung, hat er gesagt, er möchte es nicht mehr, er möchte was anderes machen", sagte Bayerns Sportchef und legte süffisant nach: "Unser Präsident hat einen schönen Spruch: Man kann keinen Hund zum Jagen tragen."
Blickt man aktuell auf die Personallage links hinten, wäre das auch nicht einmal nötig gewesen...