Trainer Louis van Gaal: Vergrauler oder Förderer?

Van Gaal hat Martin Demichelis und Co. abgeschoben, Thomas Müller und Bastian Schweinsteiger wurden aber zu Weltstars.
von  Abendzeitung
Louis van Gaal sieht die Situation beim FC Bayern als nicht so bedrohlich an wie Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge.
Louis van Gaal sieht die Situation beim FC Bayern als nicht so bedrohlich an wie Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. © dpa

MÜNCHEN - Van Gaal hat Martin Demichelis und Co. abgeschoben, Thomas Müller und Bastian Schweinsteiger wurden aber zu Weltstars.

Womöglich hat Louis van Gaal schon eine Ahnung, was kommen wird. „Wenn die Spieler weg sind, reden sie anders – das habe ich auch mit Demichelis erlebt“, meinte der Bayern-Trainer am Dienstag. Doch Mark van Bommel hatte sich bei seiner Verabschiedung zurückgehalten, kein schlechtes Wort über den Coach verloren. Anders als der Argentinier, der in der Winterpause zum FC Malaga gewechselt war, nachdem ihm van Gaal keinen Stammplatz mehr versprochen hatte. „Seit dem ersten Augenblick, als Louis van Gaal kam, fing alles an zu stinken“, kartete Demichelis nach.

Ähnliches war auch von Luca Toni (heute bei Juventus Turin), der sich im Januar 2010 zum AS Rom verabschiedet hatte, und vom brasilianischen Innenverteidiger Lucio zu vernehmen, der kurz nach van Gaals Amtsantritt im Juli 2009 zu Inter Mailand gewechselt war. Was all die prominenten Abgänge eint: Kaum hatte sie der Coach einem – im Mannschaftssport durchaus üblichen – Konkurrenzkampf ausgesetzt, suchten sie das Weite. Und immer war natürlich eine Menge gekränkter Stolz mit im Spiel.

Dass allerdings der prinzipientreue Trainer mit den Lebemännern Toni und Demichelis sowie der extrovertierten Spielweise von Lucio seine Probleme hatte, ist ebenso unbestritten. Es passte nicht, man trennte sich – so erging es auch Weltstars wie Stoitchkov oder Rivaldo einst beim FC Barcelona unter dem Regime des strengen Holländers.

Auch bei Mark van Bommel war eine sportliche Entscheidung des Trainers ursächlich für den Wechsel. Er plant langfristig mit Luiz Gustavo im defensiven Mittelfeld, van Bommels Bayern-Zeit wäre im Sommer vorbei gewesen.

Dennoch wäre es zu einseitig, van Gaal vorzuwerfen, dieses Quartett der eigenwilligen Typen vergrault zu haben. Ihm war es parallel stets gelungen, andere Spieler zu fördern, sie weiter zu entwickeln und ihnen dauerhaft zu vertrauen. Siehe:

Holger Badstuber:

Der Innenverteidiger war van Gaals erste Überraschung. Schon im Juli 2009 sagte er den Bossen, er brauche Lucio, den Kapitän der brasilianischen Nationalelf nicht, da er Badstuber – damals ein Drittliga-Spieler – habe. Mittlerweile ist Badstuber auch Stammspieler in Joachim Löws Nationalelf und bei Bayern Abwehrchef – mit 21.

Thomas Müller

Unter Jürgen Klinsmann kam der Offensiv-Allrounder nur zu Kurzeinsätzen, van Gaal erkannte das Talent. Trotz Robben, Ribéry, Klose, Gomez und Toni brachte er Müller immer wieder. Er wurde Stammspieler, Torjäger, Nationalspieler und WM-Torschützenkönig. Und dankte van Gaal sehr oft.

Bastian Schweinsteiger

Es war der Holländer, der dem Mittelfeldspieler die beste Position verpasste. Als Nebenmann von Mark van Bommel spielte Schweinsteiger im defensiven Mittelfeld 2009/10 inklusive der WM in Südafrika die Saison seines Lebens.

Breno, Contento, Kraft

Allesamt ebenso Günstlinge des Trainers. Besonders Torhüter Thomas Kraft könnte die nächste Entdeckung sein; die Chance gab ihm: van Gaal, der Förderer.

Patrick Strasser

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