Thomas Müller - der Zaunkönig
München - Er lässt sich nicht lange bitten. „Müller auf den Zaun! Müller auf den Zaun!“, skandieren die Fans im Süden der Allianz Arena. Einer der Vorsänger der Kurve wirft dem Lautsprecher der Mannschaft noch rasch sein Megafon zu. Kurze Instruktionen, dann geht’s los. Mit Inbrunst schmettert der Zaunkönig vor, das ganze Stadion blickt nun auf ihn, die Fans schreien seine Buchstaben nach, und fertig ist das bajuwarische „Humba-Tätärä“-Lied.
Peps Jubelfaserriss - "Ich war heiß"
Einmal Müller, immer Müller. Der Animateur. Nicht nur der Viel-Redner, weshalb ihn die Kollegen längst „Radio Müller“ getauft haben. Nicht nur der Sprücheklopfer. Kostprobe: „Ich bin der Müller ohne Wohlfahrt“, hatte er vor dem Zwist und nachfolgenden Rücktritt des Vereinsarztes Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt gesagt. Nein, der Müller ist auch Torschütze und Matchwinner. Mit einem Treffer bei einem 6:1? Gemach, gemach.
Zu den Fakten: Mit seinem Tor zum zwischenzeitlichen 4:0 gegen den FC Porto, seinem Tor Nummer 27 in diesem Wettbewerb, hat der Mann vom Ammersee Champions-League-Geschichte geschrieben, da er nun Mario Gomez (26 Treffer, 3 für Stuttgart und 23 für Bayern) hinter sich gelassen hat. Der heutige Florenz-Stürmer war zuvor bester deutscher Torschütze in der Königsklasse. Weltmeister Müller gehört nunmehr zu den 20 besten Torschützen in der Champions League. Bester deutscher Torjäger im Europapokal insgesamt bleibt ein anderer Müller: der „Bomber“ Gerd Müller mit insgesamt 35 Treffern für den FC Bayern.
Nur noch acht für Müller II. Wohl nur noch eine Frage der Zeit. Doch nach dem 1:3 in Porto und vor allem in den fünfeinhalb Tagen danach bis zum Rückspiel war Müller auch Teampsychologe. „Ich habe gesehen, wie einige Spieler auf unserem Rückflug am Donnerstag aus Porto davon gesprochen haben, dass wir es schaffen können“, erzählte Trainer Pep Guardiola. Ein Baustein des Erfolgs. „Taktik, Kondition und viele Dinge sind wichtig, aber am Ende ist der große Unterschied auf diesem Niveau der Kopf, die Mentalität – und optimistisch zu sein wie Thomas Müller.“
Selten hebt Guardiola einen Spieler derart ernsthaft heraus, wenn es darum geht, zu erklären, wer welchen Einfluss auf die Gruppe hat. Bei den sonst üblichen, oft übertrieben wirkenden Lobeshymnen werden Spieler meist eher in Schutz genommen, siehe: „Ich hätte gerne 1000 Dantes.“
Doch Müller ist eben speziell, er ist anders. Womöglich war er es, der den ersten Wirkungstreffer, das erste Tor, schon am Montag, rund 33,5 Stunden vor dem Anpfiff des Rückspiels gegen den FC Porto erzielt hatte. Ganz bewusst hat die Medienabteilung neben Philipp Lahm auf „Radio Müller“ bei der Besetzung der internationalen Pressekonferenz gesetzt. Soll doch alle Welt, vor allem der Norden Portugals, schon mal diese Prise Siegeswillen, Leichtigkeit und Unerschütterlichkeit (manche nennen es „Mia san mia“) mit auf den Weg bekommen.
Danke, Wahnsinn, geil! - Reaktionen zum Spiel
Hier ein paar Auszüge:
Müller zum Ersten: „Was uns nicht passieren darf, ist, dass wir überdreht ins Spiel gehen und zu viel wollen. Wir dürfen nicht Kamikaze nach vorne laufen.“ Somit war die Taktik also schon mal klar. Trotzdem hatte Porto dem nichts entgegenzusetzen.
Müller zum Zweiten: „Der Spirit ist gut. Wir werden füreinander laufen und arbeiten. Die Mannschaft versprüht Energie, weil wir an uns glauben. Ich glaube immer bis zur letzten Minute an mich – egal, in welcher Sportart, auch beim Tischtennis – egal, wie’s steht.“ Niemals aufgeben. Den Portugiesen drohte der nimmermüdeste Müller. So kam es auch. Sie wurden von der Platte gefegt.
Müller zum Dritten: „Wir dürfen keine Fehler machen – aber das war in Porto Tagesform-abhängig, kein grundsätzliches Problem. Wir werden alles reinhauen. Ein 2:0-Heimspielerfolg für den FC Bayern wäre aber auch kein Fußball-Weltwunder.“ Will sagen: Nur damit ihr es gleich wisst, liebe Portugiesen, dieses 3:1 im Hinspiel war eine Eintagsfliege, und so toll seid ihr auch nicht.
Ende der Durchsagen.
Nach dem 6:1 meinte der FCB-Regierungssprecher: „Manchmal macht es Spaß, mit dem Rücken zur Wand zu spielen. Besser hätte es nicht laufen können. Es ist schwer in Worte zu fassen.“ Herr Müller?! Alles in Ordnung?
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