Interview

So stuft FC-Bayern-Star Tah die Chance auf eine Verlängerung von Upamecano ein

Teil 2 des exklusiven Weihnachts-Interviews mit Jonathan Tah: Der Bayern-Verteidiger spricht mit der AZ über sein erstes halbes Jahr in München, ein Champions-League-Finale gegen Arsenal und über einen möglichen Verbleib von Dayot Upamecano.
von  Maximilian Koch
Hatte keine Anlaufschwierigkeiten beim FC Bayern: Jonathan Tah.
Hatte keine Anlaufschwierigkeiten beim FC Bayern: Jonathan Tah. © IMAGO

AZ: Sie sind nach Ihrem Wechsel von Leverkusen zum FC Bayern nun ein halbes Jahr in München. Wie finden Sie das Leben hier?
JONATHAN TAH: Mir gefällt es sehr, sehr gut in München. Es ist auf jeden Fall das beste Wetter, das ich je gesehen habe in Deutschland (lacht). Ich mag die Menschen, die sehr herzlich auf mich wirken. Und ich habe auch das Gefühl, dass es wirklich viele Bayern-Fans in der Stadt gibt. Die Umgebung ist toll, viel Grün, ich war auch schon am Tegernsee und Starnberger See. Da habe ich mir ein Boot gemietet und bin über den See gefahren.

Tah: "Die Qualität im Training ist überragend" 

Und wie war Ihre erste Wiesn?
Um ehrlich zu sein, dachte ich, dass das Oktoberfest nichts für mich ist. Aber mir hat das gemeinsame Feiern sehr gefallen, dieses Traditionelle auch. Ich habe sonst in Deutschland oft das Gefühl, dass wir nicht mehr so große Fans von Traditionen sind - auf dem Oktoberfest ist es komplett anders. Und das mag ich. Ich fand es zum Beispiel cool, dass alle irgendwie das Gleiche anhaben, alle ihre Lederhosen.

Was hat Sie beim FC Bayern am meisten beeindruckt?
Die Qualität im Training ist überragend - und die Intensität. Die habe ich auf diese Art und Weise noch nie erlebt. Dass ich spüre, dass in jedem Training jeder wirklich alles gibt und es keinen Moment gibt, in dem mal nachgelassen wird: Das ist schon sehr beeindruckend - und das lebt der ganze Verein vor.

Es ist auf jeden Fall etwas Besonderes für mich gewesen, dass ich so schnell in den Mannschaftsrat gewählt wurde. 

Jonathan Tah

Kompany war ausschlaggebender Punkt für Tah-Wechsel 

Sie haben Ihre Rolle schnell gefunden, gehören sogar dem Mannschaftsrat an. Wie bewerten Sie Ihren Start bei Bayern?
Es ist auf jeden Fall etwas Besonderes für mich gewesen, dass ich so schnell in den Mannschaftsrat gewählt wurde. Das war am Anfang komisch, weil ich die Hälfte der Mannschaft noch gar nicht richtig kannte. Jetzt möchte ich das Vertrauen rechtfertigen durch meine Leistung, aber auch durch mein Verhalten neben dem Platz.

Welche Bedeutung hat Vincent Kompany für Sie – als Trainer, aber auch als früherer Weltklasse-Verteidiger?
Vincent Kompany war ein ausschlaggebender Punkt für meinen Wechsel, weil er mich überzeugt hat und ich gespürt habe, dass ich unter ihm noch mal wachsen und besser werden kann. Ich kann viel von ihm lernen, weil er auf meiner Position zu seiner Zeit einer der besten Spieler war – und vor allen Dingen ein echter Leader.

"Wir bauen uns eine gute Basis auf, um um alle Titel mitspielen zu können"

Was konkret haben Sie von Kompany schon gelernt?
Die Aktivität, die wir beim Verteidigen haben, die Art und Weise, wie wir gemeinsam als Mannschaft verteidigen, was er einfordert, auch von den Offensivspielern, wie viel sie mitmachen müssen. Und dann auch kleine Details, die ich aber nicht verraten will (lacht).

Zum Ende dieses Jahres steht der FC Bayern exzellent da. Wie sehen Sie die Titelchancen in der Meisterschaft, Champions League und im DFB-Pokal?
Die sind gut. Der FC Bayern hat immer den Anspruch, in jedem Wettbewerb Titelanwärter zu sein. Und ich glaube, dass wir uns jetzt eine gute Basis aufbauen, um am Ende der Saison um alle Titel mitspielen zu können. In diesem Prozess sind wir schon sehr, sehr weit. Aber natürlich kommt es letztlich auf die entscheidenden Spiele an.

Wenn du dich mit den Besten misst, kriegst du ein Gefühl, wo du gerade stehst. Das gibt der Mannschaft sehr viel Vertrauen.

Jonathan Tah

Tah will Revanche gegen Arsenal 

In der Champions League haben Sie schon gegen einige der besten Teams gespielt: Paris Saint-Germain, den FC Arsenal und den FC Chelsea – und dabei sehr gut ausgesehen. Stärkt das den Glauben, den Titel zu gewinnen?
Absolut. Wenn du dich mit den Besten misst, kriegst du ein Gefühl, wo du gerade stehst. Das gibt der Mannschaft sehr viel Vertrauen. Und auch gegen Arsenal hatten wir jetzt trotz der Niederlage nicht das Gefühl, dass die jetzt viel besser sind als wir. Wir hatten nach der Partie eher das Gefühl: Okay, dann beim nächsten Mal. Lasst uns gerne noch mal gegen Arsenal spielen!

Das kann ja passieren - vielleicht sogar im Finale.
Genau. Das wäre ein schönes Finale gegen Arsenal.

Der FC Bayern um Jonathan Tah kassierte beim FC Arsenal in der Champions League eine Pleite.
Der FC Bayern um Jonathan Tah kassierte beim FC Arsenal in der Champions League eine Pleite. © IMAGO

"Wir sind selbstbewusst genug, zu sagen: Für uns geht was bei der WM"

Lassen Sie uns auf die WM im Sommer blicken. Die Nationalmannschaft hat schwierige Jahre hinter sich, ist zweimal in Folge in der WM-Gruppenphase ausgeschieden. Bundestrainer Julian Nagelsmann hat nach dem Aus bei der Heim-EM den Titel als Ziel ausgegeben, gehen Sie mit?
Auf jeden Fall! Für mich ergibt es überhaupt keinen Sinn, in einem Turnier mitzuspielen und zu sagen: Wir wollen ins Viertelfinale kommen. Und ich glaube auch, dass wir die Qualität dazu in der Mannschaft haben. Wir sind aus dieser schwierigen Phase rausgekommen und haben wieder den Glauben an uns. Wir freuen uns auf unsere Gruppengegner und sind selbstbewusst genug, zu sagen: Für uns geht was bei der WM.

Gibt es Mannschaften, die qualitativ vor Deutschland stehen?
Es gibt Mannschaften, die qualitativ in der Breite vielleicht besser besetzt sind als wir. Frankreich zum Beispiel. Die haben eine U21 - da spielt jeder bei einem Topklub in Europa. Trotzdem glaube ich, dass wir mit unserem Teamgedanken sehr weit kommen können. Das ist früher immer so gewesen bei deutschen Mannschaften. Und natürlich brauchst du diese zwei, drei Ausnahmespieler, die wir auch jetzt wieder haben.

Tah spricht sich für WM-Nominierung von Karl aus 

Einer wächst gerade heran mit Lennart Karl, der beim FC Bayern begeistert. Trauen Sie ihm diese Leistungen auch bei der WM zu?
Wenn er so weitermacht, dann weiß ich nicht, was dagegenspricht, dass er unserer Mannschaft helfen kann. Wenn er es bei Bayern München kann, in der Champions League, dann bringt er auch alles mit, es bei der Nationalmannschaft zu zeigen. Natürlich ist es eine Entscheidung des Bundestrainers. Nur ich finde einfach, dass er es gerade wirklich top macht.

Das Gruppenspiel gegen die Elfenbeinküste dürfte ein spezielles für Sie werden, Sie haben ivorische Wurzeln...
Ja, das wird es. Ich habe mich sehr gefreut über die Auslosung. Vor allen Dingen, weil der ivorische Verband vor zwölf Jahren angefragt hat, ob ich für sie spielen möchte.

Mit der Kultur, der Musik, dem Essen und den Menschen fühle ich mich sehr verbunden und habe dieses Jahr auch meine Familie dort besucht. Aber meine Heimat ist und bleibt Deutschland.

Jonathan Tah

"Meine Heimat ist und bleibt Deutschland"

Mussten Sie damals lange überlegen?
Nein. Die Entscheidung war relativ klar, ich habe nicht lange gebraucht. Weil ich einfach gesagt habe: Ich bin in Deutschland aufgewachsen, Deutschland hat mir so viel gegeben. Ich habe ja auch alle U-Nationalmannschaften durchlaufen. Wie authentisch wäre es da gewesen, für die Elfenbeinküste zu spielen?

Sind Sie heute noch eng mit dem Land verbunden?
Ja, klar. Ich habe da noch viel Familie, es ist meine zweite Heimat. Mit der Kultur, der Musik, dem Essen und den Menschen fühle ich mich sehr verbunden und habe dieses Jahr auch meine Familie dort besucht. Aber meine Heimat ist und bleibt Deutschland.

Verstehen sich gut: Jonathan Tah und Dayot Upamecano vom FC Bayern.
Verstehen sich gut: Jonathan Tah und Dayot Upamecano vom FC Bayern. © IMAGO

Upamecano "spürt, dass die Mannschaft gut ist"

Zum Abschluss: Sie haben ja viel mit Ihrem Innenverteidiger-Kollegen Dayot Upamecano zu tun, dessen Vertrag am Saisonende ausläuft. Was sagt Ihr Gefühl: Bleibt Ihr Nebenmann beim FC Bayern?
Ich glaube, dass er sich sehr, sehr wohl fühlt. Das hat er ja auch schon oft betont. Er ist schon sehr lange bei Bayern und spürt, dass der Trainer ihm etwas geben kann. Er spürt, dass die Mannschaft gut ist, dass die Atmosphäre und die Energie gut sind. Aber das muss er entscheiden.

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