Robben-Schock: Ärzte-Zoff um die Verletzung
MÜNCHEN - Bayern-Superstar Arjen Robben wird zwei Monate ausfallen, Mannschaftsarzt Wilhelm Müller-Wohlfahrt diagnostizierte beim 26-Jährigen einen Muskelriss im linken Oberschenkel - und macht den Ärzten der niederländischen Nationalmannschaft schwere Vorwürfe. Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge will eine Entschädigung.
Arjen Robben war nichts anzumerken, als er Dienstagmorgen in das Pressestüberl des FC Bayern trat. Er ging ganz normal zu seinem Stuhl, setzte sich, lächelte. Nichts deutete darauf hin, dass er einen fünf Zentimeter langen Riss im Oberschenkel haben könnte.
Die Schock-Nachricht bekam Robben auch erst einige Stunden später: Der Turbo-Dribbler wird zwei Monate ausfallen, Mannschaftsarzt Wilhelm Müller-Wohlfahrt diagnostizierte einen Muskelriss, bezeichnete die Verletzung als „erheblich“. Der 26-Jährige wird somit nicht nur den Bundesliga-Auftakt, sondern auch die ersten Champions-League-Duelle verpassen.
Für Robben und den FC Bayern ist dies die bitterste Nachwehe der WM. Denn Robben scheint seine Verletzung schon seit acht Wochen zu haben.
Beim letzten Testspiel vor dem Turnier, einem 6:1 gegen Ungarn, hatte sich der Mittelfeldspieler verletzt. Die niederländischen Ärzte diagnostizierten einen leichten Muskelfaserriss, flogen in Dick van Toorn sogar einen Physiotherapeuten ein, der in seiner Heimat wegen seiner ungewöhnlichen Methoden den Ruf des Wunderheilers hat. Robben selbst erklärte Dienstagmorgen noch vor der bitteren Diagnose, die Behandlung wäre „aggressiv“ gewesen, „damit ich bei der WM spielen konnte.“
Van Toorn leistete scheinbar, wohl auch mit Hilfe von Schmerzmitteln, ganze Arbeit: Nur 19 Tage nach der Verletzung machte Robben sein erstes Spiel, danach folgten, inklusive des verlorenen Finales gegen Spanien (0:1 n. V.) noch drei weitere Partien. „Nach dem Finale fühlte ich mich schmerzfrei, deshalb bin ich in den Urlaub gefahren“, erklärte Robben am Dienstag. Von der Verletung will er nichts mitbekommen haben.
Müller-Wohlfahrt kritisierte seine Kollegen scharf und warf ihnen vor, eine Fehldiagnose geleistet zu haben: „Ich finde es unverantwortlich, dass man diese Verletzung nicht genauer diagnostiziert und Arjen hat spielen lassen. Ich hatte von meiner Seite aus mehrfach diagnostische Hilfe angeboten, diese wurde aber nicht in Anspruch genommen“, erklärte der Bayern-Doc. Ist am Ende also der niederländische Verband indirekt mitschuldig an Robbens Ausfall, haben die Ärzte Robben kaputt gespritzt?
Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge vermutet offenbar genau das. „Wir sind nicht nur enttäuscht, sondern sehr sauer“, sagte er, „wir müssen wieder einmal die Suppe auslöffeln für einen Spieler, den wir aus unseren Händen gegeben haben. Ich habe die Fifa gebeten, als Mediator einzuschreiten.“ In der Konsequenz bedeutet dies: Bayern will eine Entschädigung von den Holländern. Schneller fit wird Robben dadurch aber auch nicht.
Klar ist aber jetzt schon: Die WM wird nun wohl noch länger an Robben nagen. Im Finale gegen Spanien (0:1 n. V.) hatte er die größte Chance für Holland vergeben. „Ich denke sehr viel daran. Der Ball hätte drin sein müssen. Das Positive ist aber: Viel schlimmer kann es nicht kommen", sagte Robben noch am Dienstagmorgen. Eine tragische Fehleinschätzung.
Filippo Cataldo