Ribéry mit den drei Pferdelungen

Franck Ribéry spielt derzeit in der Form seines Lebens – da verbeugt sich sogar Franz Beckenbauer. "Er will in diesem Jahr etwas gewinnen”, lobte Trainer Jupp Heynckes
von  Florian Bogner

MÜNCHEN - Thomas Müller zeigte sein breitestes Grinsen und legte dann mit ironischem Unterton los. Ribéry? Gut gespielt? „Ich denke, er war der schlechteste Mann auf dem Platz”, sagte Müller am Samstag nach dem 3:0 beim HSV: „Er hat jeden Ball verloren und kaum Impulse nach vorne setzen können. Und deswegen schadet er uns so”, meinte Müller und musste selbst lachen.

Ja, der Spaß ist zurückgekehrt beim FC Bayern – nach der Vize-Vize-Vize-Saison lassen sich die Münchner auch von einem Ausrutscher in Borisov und einer Slapstick-Heimpleite gegen Leverkusen nicht aus der Bahn werfen. Ganz nach dem Motto des Schlagersängers Markus „Ich will Spaß, ich geb’ Gas” knüpft vor allem Franck Ribéry dieser Tage an die Bestform aus seiner Debütsaison 2007/2008 an, in der er Bayern mit Powerdribblings und Filoustreichen zum Double führte.



„Man sieht: Er will in diesem Jahr etwas gewinnen”, lobte Trainer
Jupp Heynckes. Dabei könnte sich Heynckes selbst auf die Schulter klopfen: Er hat es geschafft, woran Vorgänger Louis van Gaal gescheitert war, nämlich dem 29-jährigen Franzosen wieder Spaß an seiner Arbeit zu vermitteln, ihn manchmal einfach von der Leine zu lassen. Und so zaubert Ribéry 2012 wie kein anderer, seine 29 Torvorlagen in 49 Pflichtspielen toppen nicht mal die Herren Mesut Özil (28) und Lionel Messi (26).

Beckenbauer: Heynckes soll Bayern-Trainer bleiben

Wie wichtig Ribéry fürs Bayern-Spiel ist, belegt eine Zahl: Traf der Franzose in der Bundesliga – was 45-mal der Fall war – verlor Bayern nie, spielte nur zweimal Remis. Gerade mit Toni Kroos und dem Schelm Müller scheint sich Ribéry prächtig zu verstehen – so wie vor dem Führungstor in Hamburg, als Ribéry den Ball blind über 40 Meter auf Müller schlug. „So haben wir früher auf der Straße gespielt”, freute sich Heynckes.



Trotz allem ist Ribéry in letzter Zeit aber auch eine gestiegene Reife zu attestieren – vor ein paar Jahren war der Franzose nach einem 16. Platz bei der Weltfußballerwahl noch zutiefst beleidigt, heute interessieren ihn solche Einzelauszeichnungen allenfalls am Rande. Sein Fokus liegt mehr denn je auf dem Erfolg der Mannschaft.

„Mir ist egal, gegen wen wir spielen – wir müssen gewinnen, wir müssen die drei Punkte holen”, sagte Ribéry beispielsweise vor dem Champions-League-Spiel gegen seinen Ex-Klub OSC Lille (bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe nicht beendet). Dazu will er nicht nur mit Dribblings beitragen: „Ob es gut oder schlecht läuft: Ich übernehme Verantwortung”, lautet sein neues Selbstverständnis. Und in der Tat sieht man ihn nicht mehr so häufig nach Fehlpässen seiner Mitspieler abwinken oder schimpfen, seine Körpersprache ist positiver geworden. Den jungen David Alaba, mit dem er die linke Seite der Bayern bildet, trifft er privat öfter.

Hohe Anerkennung innerhalb der Mannschaft hat sich Ribéry aber nicht durch seine Offensivaktionen, sondern durch ein gesteigertes Maß an defensiver Mitarbeit erarbeitet. „Dass Franck jetzt auch defensiv arbeitet, ist das Schönste”, meinte Bastian Schweinsteiger in Hamburg.
Franz Beckenbauer kam im „Sky”-Studio gar nicht mehr aus dem Staunen heraus: „Ich weiß nicht, wie viele Lungen er hat. Er hat sicher drei Pferdelungen. Das gibt es nicht”, sagte Kaiser Franz: „In jedem Zweikampf kriegt er eine mit – trotzdem setzt er sich durch. Was das Kraft kostet, ist unglaublich.”

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