Neuer im Interview: "David hat bestimmt zu viel Angst"
Vor dem WM-Qualifikationsspiel gegen Österreich am Freitag spricht Nationaltorwart Manuel Neuer über das Duell mit FC-Bayern-Vereinskollege David Alaba, den Ärger nach Gegentoren und die große Gier nach dem WM-Titel.
AZ: Herr Neuer, geht mit diesem Doppelspieltag die heiße WM-Phase los?
Wir werden gegen Österreich nicht mehr experimentieren. Es ist eins der wichtigsten Spiele der Qualifikation, wir haben noch nichts in der Tasche. Wir dürfen uns keinen Ausrutscher erlauben, gerade hier in München nicht. Die Null muss stehen, das ist unser Ziel für beide Spiele.
In der Allianz Arena hat Deutschland seit 2006 kein Spiel mehr gewonnen.
Uns bietet sich also die Möglichkeit, etwas gutzumachen.
Wie stark ist Österreich?
Österreich ist immer heiß gegen uns, hat viele gute Bundesliga-Spieler im Team. Sie wollen uns schlagen, aber das dürfen wir nicht zulassen.
Bei einem Elfmeter könnten Sie Ihrem Vereinskollegen David Alaba gegenüberstehen.
Ach, der hat bestimmt zu viel Angst, um gegen mich anzutreten. (lacht)
Gegen Paraguay gab's zuletzt ein ungenügendes 3:3. Brüllen Sie auch mal rum?
Wer einen Fehler macht, weiß selbst Bescheid. Ich weise denjenigen höchstens darauf hin, wie er sich besser anstellen kann. Aber ich bin keiner, der nochmal drauftritt, wenn einer auf dem Boden liegt.
Wird heutzutage offensiver verteidigt?
Wenn zum Beispiel Greuther Fürth gegen Barcelona spielt, dann kann Fürth nicht offensiv verteidigen. Es hängt immer von der Mannschaft ab. Mit Bayern und der Nationalmannschaft haben wir die Spieler dazu. Wir probieren, den Ball möglichst schon in der gegnerischen Hälfte zu erobern, auch wenn das Risiken birgt.
In punkto Balance muss sich die Nationalmannschaft aber noch verbessern.
Wenn wir zusammen auf ein Spiel hinarbeiten können, dann werden wir das umsetzen. Für mich sind die Turniere entscheidend. Dass wir's können, haben wir bewiesen. Und wenn wir das erneut abrufen, gehören wir bei der WM zum Favoritenkreis.
Fühlen Sie sich bereit für den WM-Titel?
Wir waren in den vergangenen vier Turnieren immer unter den besten Vier. Leider ist uns der große Coup nicht gelungen. Die anderen Nationen schlafen nicht und wir wissen, dass es eine Erwartungshaltung gibt. Wir alle sollten Respekt vor dem Können anderer großer Fußballnationen haben. Und das Wichtigste ist, dass wir an uns glauben.
Tun Sie das?
Ja. (überlegt kurz) Also ich schon! (lacht)
Was macht Sie optimistisch?
Die Bundesliga hat wieder einen Sprung gemacht, jetzt standen zwei Mannschaften im Champions-League-Finale. Wenn wir uns für die WM qualifizieren, können wir mit einer guten Portion Selbstvertrauen ins Turnier gehen. Ich denke, dass viele Nationen vor uns Respekt haben.
Ist die Nationalmannschaft in den letzten Jahren gereift?
Man muss sich nur mal die Entwicklung seit 2004 ansehen. Wir haben spieltechnisch enorme Fortschritte gemacht.
Sie sind in der Nationalmannschaft und beim FC Bayern die unumstrittene Nummer eins. Wie motiviert man sich da noch fürs tägliche Training?
Ich trainiere nur für mich selbst, versuche, immer ans Limit zu gehen. Ich habe den Wahlspruch: Wie man trainiert, so spielt man auch. Ich lasse mich nicht hängen, das ist nicht mein Ding.
Hätten Sie gedacht, dass das mit den Titeln beim FC Bayern schon im zweiten Jahr passieren könnte?
Ich bin zu Bayern gewechselt, um Titel zu gewinnen. Wir hatten eine gesunde Mischung, es hat alles gepasst.
Fehlt diese gesunde Mischung der Nationalmannschaft?
Nein, die haben wir. Es gibt niemanden, der meckert, wenn er nicht spielt, wir haben nie Theater. Jeder akzeptiert, dass es viele gleichwertig gute Spieler gibt. Ich finde die Mischung top. Und wir sind hungrig.
Kann die DFB-Elf in punkto Siegermentalität noch von Bayern lernen?
Nein, wir haben die richtigen Typen.