Müller-Berater: "Bayern hat die Klasse, es noch zu drehen"

Thomas Müllers Berater Ludwig Kögl spricht im AZ-Interview über das Spiel des FC Bayern gegen Porto, das Hackentor von Madjer 1987 – und über seinen Schützling.
Julian Buhl |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Ludwig Kögl (kleines Bild) spielte von 1984 bis 1990 bei Bayern. Er glaubt, Lahm (r.) und Co. können den Einzug ins Halbfinale noch schaffen.
dpa/az Ludwig Kögl (kleines Bild) spielte von 1984 bis 1990 bei Bayern. Er glaubt, Lahm (r.) und Co. können den Einzug ins Halbfinale noch schaffen.

AZ: Herr Kögl, waren Sie vom starken Auftritt des FC Porto im Hinspiel überrascht?
LUDWIG KÖGL: Ich habe Porto schon in Basel gesehen, deshalb war ich nicht überrascht. Bayern hat ihnen aber drei Geschenke gemacht. Auf dem Niveau darf man sich solche Fehler nicht leisten, egal gegen wen. Nach zehn Minuten stand es 0:2. Man kann nicht erwarten, dass Bayern sich kurz schüttelt und Porto dann in alle Einzelteile zerlegt. Das dritte Gegentor ist ganz bitter, denn 1:2 wäre noch eine ordentliche Ausgangssituation gewesen.

AZ: Wie stehen die Chancen im Rückspiel?
KÖGL: Bayern hat sicherlich die Klasse, zu Hause ein 1:3 gegen Porto aufzuholen. Aber wenn sie sich wieder so viele Fehler in der Defensive leisten, haben sie keine Chance.

AZ: Sie haben mit Bayern auch keine guten Erfahrungen gegen Porto gemacht, 1987 im Europapokal der Landesmeister...
KÖGL: Das war ein Endspiel, da gibt es kein Rückspiel. Im Unterschied zu damals wusste die aktuelle Mannschaft alles über Porto. Aber wenn man solche Fehler macht, hilft das auch nichts. Sie haben ihnen die Tore ja selbst aufgelegt.

Gefährliches 100. Spiel für Guardiola

AZ: Sie mussten damals das legendären Hackentor von Rabah Madjer mitansehen...
KÖGL: Wir haben 1:0 geführt bis zwölf Minuten vor Schluss. Da bist du schon nah dran am Pokal. Wir sind dann immer defensiver geworden und haben das Spiel nicht mehr so kontrolliert. Das Tor war doppelt bitter, wenn man sich anschaut, wie es entstanden ist. Kurz danach haben wir noch eins kassiert, dann war die Sache erledigt.

AZ: Unglaublich, so ein Tor so einem Spiel, oder?
KÖGL: Er hatte gar keine andere Wahl. Wenn er den Ball annimmt und sich dreht, wäre es zu spät gewesen. Ablegen konnte er auch nicht. Das war die einzige Möglichkeit. Das hat er dann perfekt gemacht.

AZ: Bis dahin waren Sie nach Ihrem Kopfballtor auf dem Weg, der Finalheld zu werden...
KÖGL: Ich habe mich relativ schnell damit abgefunden. Damals ging es in der Meisterschaft gleich weiter. Ich konnte dem nicht lange hinterher weinen.

AZ: Thomas Müller, dessen Berater Sie sind, erging es 2012 im verlorenen Champions-League-Finale gegen Chelsea ähnlich...
KÖGL: Ja, er hat auch das 1:0 kurz vor Schluss gemacht. Dann gab es Verlängerung und einen verschossenen Elfmeter. Da war nochmal eine andere Dramaturgie drin, als damals bei uns.

AZ: Gibt es weitere Parallelen?
KÖGL: Wir kommen aus dem gleichen Landkreis – er aus Pähl, ich aus Penzberg. Es gibt Berührungspunkte, aber auch Unterschiede. Er kommt aus der Bayern-Jugend, ich kam aus der Sechziger-Jugend und bin dann zu Bayern gewechselt. Ich habe wenige Tore geschossen, Thomas schießt viele. Er machte eine andere Karriere als ich – eine Weltkarriere. Mit 25 ist er schon Weltmeister geworden, war WM-Torschützenkönig, hat die Champions League und das Triple gewonnen.

AZ: Welche Ziele steckt er sich für die Zukunft?
KÖGL: Der Europameistertitel fehlt ihm noch. Und er hat nach wie vor den Ehrgeiz, jedes Jahr das Bestmögliche zu erreichen.

AZ: Ist Weltfußballer zu werden ein Ziel?
KÖGL: Er hechelt dem Ballon d’Or nicht hinterher. Thomas ist ein Mannschaftsspieler und kein Messi oder Ronaldo. Wie zuletzt bei der WM wird er immer bei den fünf bis drei besten Spielern genannt. Ob er mal zum Allerbesten gewählt wird, das kann man nicht immer beeinflussen.

AZ: Weltweite Bekanntheit ist dabei wichtig. Thomas Müller war schon in Werbespots mit Neymar zu sehen...
Dass er ein weltweit bekannter Spieler ist, steht außer Frage. Da spielen viele Faktoren eine Rolle. Messi und Ronaldo waren noch nie Weltmeister, früher war das eine Grundvoraussetzung. Beide haben eine unglaubliche Torquote. Deshalb ist es schwer, an ihnen vorbeizukommen. Wenn man das Ganze als Mannschaftssport sieht, hätte Thomas Müller gute Chancen, Weltfußballer zu werden.

AZ: Co-Trainer Hermann Gerland hat ihm den Spitznamen „Radio Müller“ verliehen, auch Journalisten gegenüber ist er um keinen Spruch verlegen...
KÖGL: Heutzutage muss man mit den Medien gut umgehen können. Ihm ist daseinfach in die Wiege gelegt worden. Er musste noch nie irgendwelche Rhetorikkurse belegen oder sich auf ein Interview vorbereiten. Das kann er halt. Er ist wie er ist: sehr spontan und authentisch.

AZ: Sein Vertrag läuft bis 2019. Thomas Müller und den FC Bayern kann man sich gar nicht getrennt voneinander vorstellen, oder?
KÖGL: Ich denke, dass es gut zusammenpasst. Beide Seiten wissen, was sie aneinander haben. Man kann aber auch nichts ausschließen und weiß nie genau, wie es weitergeht, wer Trainer wird und, und, und. Thomas Müller ist auf dem Markt begehrt. Es gab immer Angebote von großen Klubs.

AZ: Wann war das?
KÖGL: Nach der Weltmeisterschaft 2010 und auch jetzt nach dem WM-Sieg. Die großen Klubs fragen eigentlich jedes Jahr nach. Thomas fühlt sich aber beim FC Bayern wohl, und er denkt nicht an einen Wechsel. Sonst hätte er sich auch nicht so lange gebunden. Er spielt seit seinem zehnten Lebensjahr für den Verein, da ist eine ganz andere Bindung da. Man weiß aber nie, ob bei ihm vielleicht mal der Gedanke kommt, nochmal etwas anderes machen zu wollen.

AZ: Welche Vereine haben nachgefragt?
KÖGL: Da ist schon die Crème de la Crème dabei gewesen. Das waren keine Mittelmaßvereine, sondern schon die Topklubs, und zwar fast alle.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.