Martínez - der Beinemacher
Der 40-Millionen-Neuzugang hat erst 13 Minuten gespielt, doch allein seine Anwesenheit zwingt die anderen Bayern-Spieler dazu, sich zu verbessern. „Keiner wird ihm den Stammplatz schenken“.
München - Kaum Konkurrenz. Auch mal schön – möchte man meinen. Doch all die Zurückgelassenen an der Säbener Straße, die Reha-Patienten oder Nicht-Nominierten, wären sicher liebend gerne zu ihren Nationalteams gereist. So wird die Gruppe überschaubar sein, die Bayern-Coach Jupp Heynckes ab Mittwoch in den nächsten sieben Tagen befehligt. Javi Martínez wird dabei sein, er soll fit werden für sein mögliches Startelf-Debüt am 15. September gegen Mainz. Seine passive Rolle fühlt der Neuzugang schon aus: Er ist der Beinemacher für die Mitspieler – und wie beim furiosen 6:1 gegen den VfB Stuttgart zu sehen: der Bessermacher. Sind alle zurück und fit, herrscht vor allem im Mittelfeld dichtes Gedränge. „Konkurrenzkampf war vorher schon da, jetzt hat er sich aber noch verschärft“, sagte Thomas Müller, einer der Schon-Besser-Gewordenen. Er hat’s verstanden: „Jeder muss sich immer beweisen. Aber trotzdem haben alle Spaß.“ Klar, wenn der Erfolg da ist. Zu viele Spieler, zu viele Ego-Probleme? Kein Problem, sagt Heynckes: „Die Spieler respektieren, dass auch andere mal 20, 25 Minuten oder von Anfang an spielen.“
Müller (schon drei Treffer!), dazu Toni Kroos (was für ein Hammertor!), Luiz Gustavo (toller Schlenz-Kracher!) und auch Rückkehrer Bastian Schweinsteiger – sie alle überzeugten gegen Stuttgart. Aus Angst vor Jobverlust? Nur noch Schweinsteiger kann sich in Zukunft seiner Position sicher sein. „Bastian wird gesetzt sein, wenn er hundert Prozent fit ist, auch Martinez“, glaubt Sky-Experte Stefan Effenberg, „die anderen werden immer ihre Plätze finden.“
Finden müssen. Entweder auf der Bank oder der Tribüne. „Keiner wird Martínez freiwillig den Stammplatz schenken. Aber die Vereinsführung hat ja 40 Millionen Euro für ihn ausgegeben in der Hoffnung, dass er besser ist als die anderen“, sagte Ex-Kapitän Lothar Matthäus der AZ, „bei Bayern hat’s immer starke Konkurrenz gegeben. Wer spielerisch und psychisch am stärksten ist, setzt sich durch.“ Konkurrenz belebt die Leistung. Was auch früher der Fall war, als die Bayern für das Mittelfeld prominente Schwergewichte verpflichteten – doch nicht immer stellte sich noch im selben Jahr der Erfolg ein (siehe Übersicht unten).
Für Javis Akklimatisierung tut Bayern alles: Eingewöhnung leicht gemacht für den ersten Spanier der Vereinsgeschichte. „Als ich 1988 nach Italien zu Inter Mailand gewechselt bin, hieß es: Hilf dir selbst, sonst hilft dir keiner. Da hat einem keiner bei der Wohnungssuche geholfen oder einen Kühlschrank organisiert“, erzählt Matthäus, der für Martínez keine Schwierigkeiten sieht. „Damals gab es noch Grenzen in Europa, kein Handy, kein Internet, kein Satelliten-TV, keinen Euro – heutzutage kannst du via Mail und Skype direkten Kontakt zu deiner Familie und den Freunden in der Heimat halten. Javier wird so intelligent sein, sich darum zu kümmern, als erstes die Fußballerbegriffe zu lernen.“ Deutsch hat er schon in Bilbao gepaukt, für die Speisekarten. Matthäus: „Er will ja in München nicht immer nur zum Spanier essen gehen.“