Mario Gomez im Interview: „In welcher Welt leben wir eigentlich?“

Bayern-Stürmer Mario Gomez wundert sich über die Vergabe der Weltmeisterschaft 2022 an Katar – aus ökologischer Sicht.
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Mario Gomez.
dpa Mario Gomez.

Bayern-Stürmer Mario Gomez wundert sich über die Vergabe der Weltmeisterschaft 2022 an Katar – aus ökologischer Sicht.

Mario Gomez, Sie sind jetzt seit ein paar Tagen in Katars Hauptstadt Doha. Schon Lust bekommen auf die WM 2022 hier?

MARIO GOMEZ: Da mach' ich nicht mehr mit, ich bin dann 37. Vielleicht als Co-Trainer.

Kann man sich ein Turnier hier in der Wüste überhaupt vorstellen?

Im Winter schon. Da würde es eine gute WM werden. Ein bisschen Geld ist ja da.

Und im Sommer?

Wir haben mit der Nationalelf im Juni 2009 in Dubai um 22 Uhr bei knapp 40 Grad gespielt, das war Wahnsinn. Selbst die Zuschauer waren nach fünf Minuten klatschnass. Alles läuft an dir runter, du bist am ganzen Körper aufgeheizt, musst unglaubliche Mengen Wasser trinken. Es macht keinen Sinn – und ist ohnehin schon kurios genug.

Wieso?

Ich finde es krass, frage mich: In welcher Welt leben wir eigentlich? In Mexiko fand der Weltklimagipfel statt, es wird diskutiert, wie man Energie sparen kann. Und am gleichen Tag vergibt die Fifa so ein Turnier an einen Staat wie Katar, der ganze Stadien mit Unmengen von Energie runterkühlen will. Das ist für mich nicht nachvollziehbar.

Zu Ihnen. Haben Sie in dieser Woche im Hotelzimmer ein Fläschchen aufgemacht?

Ich habe noch gar nicht in die Minibar geschaut. Warum?

Weil Edin Dzeko nun zu Manchester City gewechselt ist, obwohl er laut Präsident Uli Hoeneß „bei Bayern immer ein Thema war“.

Ich hätte auch keine Angst gehabt, wenn er zu Bayern gekommen wäre. Ich sehe mich mit Dzeko auf einer Stufe, auch wenn das andere vielleicht nicht tun. Aber mir ist das egal. Es wird immer spekuliert, das ist ganz normal – vor allem bei einem Topklub wie Bayern.

Sie haben im Herbst Ihren ersten Frühling in München erlebt. Wie geht es Ihnen?

Ich bin wieder gut drauf, war vor der Winterpause recht erfolgreich, will da im Januar gleich anschließen.

Noch sind Sie gehandicapt durch die Reha nach dem Muskelfaserriss in der Wade zwei Tage vor Weihnachten.

Eine Verletzung kommt nie zum richtigen Zeitpunkt. Ich habe nicht zu viel verloren. Beim Pokal-Spiel in Stuttgart hatte ich schon beim Warmmachen etwas gespürt, ein Ziehen.

Und dann dennoch das 1:0 erzielt?

Ja, danach bin ich aber rechtzeitig vom Platz, daher wurde es nicht so schlimm.

Das wird die Fans des VfB nachträglich noch mehr schmerzen. Der ehemalige Held trifft angeschlagen! Wie weh haben Ihnen die Pfiffe in der früheren Heimat getan?

Gar nicht. Bayern ist der beste Klub. Ich wollte mich immer verbessern, deshalb bin ich gewechselt. Dann ist es mir egal, ob mich ein paar Anhänger auspfeifen, dieselben, die mich jahrelang gefeiert haben. Das machen sie beim Nächsten, der zu Bayern geht, auch wieder.

Nach dem ersten Treffer beim 5:3 im Liga-Spiel hatten Sie sich zurückgenommen.

Ja, ich habe mich nach dem ersten Tor Freude, aber nicht nach außen. Ich wollte niemanden provozieren. Aber danach wurde ich beschimpft und beleidigt. Ich dachte mir: So, die nächsten Tore werde ich ab jetzt richtig feiern.

Sie hatten einen Lauf, das war nicht immer so. Es war also ein gemischtes 2010?

Ich habe ein halbes Jahr nicht gespielt. Wie sollte ich da treffen? Wie sollte ich mich da präsentieren?

Ab Oktober trafen Sie beinahe in jedem Spiel.

Schön, dass sich die Dinge so schnell drehen können. Ich habe mehr Tore erzielt als wir Spiele hatten. Ich habe gezeigt, dass ich in den Top-Spielen das abrufen kann, was der Verein von mir verlangt, wenn ich das Vertrauen bekomme. Es war immer mein Ziel und mein Traum, mich beim FC Bayern durchzusetzen.

Fühlen Sie sich nun auch akzeptiert bei den Fans?

Für mich ist es nicht wichtig, irgendjemandem etwas zu beweisen. Die Leute, die mich kritisieren, sollen meine Vita nehmen und nachlesen, was ich erreicht habe in den letzten Jahren, und dann urteilen. Ich weiß, dass es eine sehr, sehr gute Statistik ist. Ich möchte gerne die Fans des FC Bayern auf meine Seite ziehen – und ich denke, dass mir das gelungen ist. Ich habe ihnen gezeigt, dass ich mit Herz und Seele einer von Bayern bin und dass ich selbst gegen meinen Ex-Klub treffe.

Hat sich das Verhältnis zu Trainer van Gaal entspannt?

Louis van Gaal war immer fair. Aber als Einwechselspieler war ich zu verkrampft: Wenn du nur zehn, 15 Minuten Zeit hast, den Trainer und alle Leute als Joker zu überzeugen, ist es schwer. Ich wollte zu viel, überall sein. Und wenn der Ball vor dem Tor war, war ich nicht da. Das war eine verzwickte Situation. Abgesehen davon: Es ist das beste Training hier, unter van Gaal, seit ich Fußballer bin – und ich hatte schon einige Trainer.

Sie sind Halb-Spanier. Wie haben Sie das 5:0 im Clasico Ende November von Barcelona gegen Real erlebt?

Ich habe schon viele Spiele gesehen, aber das war über 90 Minuten perfekter Fußball und der Gegner hieß Real Madrid, das war nicht irgendwer. Das war das Nonplusultra.

Barca ist das Vorbild des Trainers in Sachen Spielweise.

Eben. Ein guter Anschauungsunterricht. Wie dort haben auch wir viele Spieler aus der eigenen Jugend: Schweinsteiger, Lahm, Müller, Badstuber etwa. Es ist bei allen eine Herzensangelegenheit, sie sind stolz, hier zu spielen. Es gab für die Jungs keinen Grund, wegzugehen. Ich bin erst eineinhalb Jahre hier und kann das schon sehr gut verstehen.

Interview: Patrick Strasser

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