Lothar Matthäus, der bislang einzige deutsche Weltfußballer

München - France Football lässt 3-4-3 spielen. Hinten drin steht Lew Jachin, davor eine Dreierkette mit Cafu, Franz Beckenbauer und Paolo Maldini, im Mittelfeld Diego Maradona, Xavi, Lothar Matthäus, Pelé, und vorne wirbeln die Herren Lionel Messi, Ronaldo und Cristiano Ronaldo. Was würde man geben, diese Traum-Elf tatsächlich mal spielen zu sehen!
"France Football" stellt bestes Team der Geschichte auf
Geht natürlich nicht mehr, ist nur eine Gedanken-Spielerei der französischen Fachzeitung "France Football". Weil der von ihr seit 1956 vergebene Ballon d'Or aufgrund der Corona-Pandemie in diesem Jahr nicht vergeben wurde, hat man gemeinsam mit 140 Journalisten aus der ganzen Welt einfach mal die beste Mannschaft der Geschichte aufgestellt.
Dass darin sowohl die Namen Johan Cruyff, Gerd Müller als auch Rudi Brunnenmeier fehlen: geschenkt. Hauptsache der Franz ist dabei! Und der Lothar auch noch! Wobei: Ernsthafte Zweifel an der Aufnahme in den Kreis der Allerbesten hätte der heutige Sky-Experte wohl als Allerletzter.
Bester Fußballer der Welt: was für eine Auszeichnung! Der erste Preisträger des Ballon d'Or war ein 41-jähriger Kicker vom FC Blackpool, der einen gewissen Alfredo di Stefano auf Rang zwei verbannte: Stanley Matthews. Ein Jahr später wurde der Dribbelkönig von der Queen auch noch zum Sir ernannt - und spielte weiter, bis er 50 war.
Nach dem WM-Sieg 1990 hagelte es Auszeichnungen
Gegen den britischen Evergreen war Lothar Matthäus mit seinem Karriereende vergleichsweise früh dran. Mit gerade mal 39 Lenzen bestritt er bei der EM 2000 schon sein letztes Pflichtspiel: beim maximal blamablen 0:3 der DFB-Elf gegen Portugal.
Davor hatte er es in der Major Soccer League bei den New York Metro Stars schon langsamer angehen lassen. In Erinnerung blieb aus dieser Zeit vor allem ein Satz: "I hope we have a little bit lucky." Herrliche Zeiten waren das.
Egal, ein wirklich Großer war Matthäus als Kapitän der Weltmeisterschaftmannschaft von 1990. Vollkommen zurecht hagelte es danach Auszeichnungen: World Player of the year, Onze d'Or, Deutschlands Fußballer des Jahres, Kicker-Idol des Jahres, Tor des Monats, Tor des Jahres, Silbernes Lorbeerblatt, Europas Sportler des Jahres, Europas Fußballer des Jahres und inoffizieller Weltfußballer des Jahres. Warum bloß inoffiziell?

Weil es eben ziemlich kompliziert ist.
Ursprünglich nur für europäische (ab 1995 auch außereuropäische) Spieler von europäischen Vereinen vorgesehen, war der Ballon d'Or auch unter dem Namen Europas Fußballer des Jahres bekannt. Da seit 2007 alle Spieler weltweit gewählt werden können, prämiert die Auszeichnung mittlerweile den "Besten Spieler der Welt" beziehungsweise den "Weltfußballer des Jahres". Im Vergleich zur vom Weltverband vergebenen offiziellen Auszeichnung zum Fifa-Weltfußballer des Jahres gilt der Ballon d'Or bis heute als die prestigeträchtigere Ehrung, da sie von einem Fachgremium vorgenommen wird.
Und das wählte Lothar Matthäus dann eben 1991 zum Fifa-Weltfußballer. Total offiziell und natürlich wieder völlig zurecht, war der Ex-Bayer mit Inter Mailand (und den Spielkameraden Jürgen Klinsmann und Andy Brehme sowie dem Trainer Giovanni Trapattoni) doch gerade Uefa-Cup-Sieger geworden, hatte beim 2:0-Sieg den Elfmeter zum 1:0 gegen den AS Rom (samt Rudi Völler und Thomas Berthold) verwandelt.

Matthäus noch heute mit den meisten WM-Einsätzen
Man sprach Deutsch in der Seria A, damals 1991. Der Ballon d'Or ging in diesem Jahr an Jean-Pierre Papin, damals noch in Diensten von Olympique Marseille. Matthäus teilte sich Rang zwei mit Darko Pancev und Dejan Savicevic.
Dem Gesamtkunstwerk Lothar Matthäus tut dies keinen Abbruch. Der Franke nahm an fünf Weltmeisterschaften teil und hält mit 25 Spielen den Rekord der meisten WM-Einsätze. Mit 150 Länderspielen für den DFB führt er auch die nationale Wertung an, und älter als er war auch noch kein Torschütze im DFB-Dress: Mit 38 Jahren und 128 Tagen traf er 1999 beim Confed-Cup in Mexiko gegen Neuseeland zum 2:0.
Wirklich zu Ende war diese große Kicker-Karriere erst mit dem Meistertitel in der Bezirksliga Mittelfranken Nord 2018. Für seinen Heimatklub 1. FC Herzogenaurach lief er im letzten Spiel nochmal für 50 Minuten auf - mit 57!