„Leistung wird honoriert!“ Der coole Butt darf bleiben
Nerlinger deutet Vertragsverlängerung mit dem Elfer-Helden von Turin an
TURIN Jörg Butt (35) sagt über sich selbst, er sei ein „sachlicher Typ“. Tatsächlich sind Gespräche mit dem gebürtigen Oldenburger eher von einer hanseatischen Gelassenheit geprägt. Emotionale Ausbrüche erlebt man bei ihm selten.
Auf dem Platz ist diese Sachlichkeit und Abgezocktheit Butts größte Stärke. Vor allem beim Elfmeter. Es gehört viel dazu, in einem alles entscheidenden Spiel beim Stand von 0:1 sich langsam auf den Weg von seinem Tor in den gegnerischen Strafraum zu machen, sich die Kugel zu schnappen, diese auf die Elfmetermarkierung zu legen, anzulaufen, kurz vor dem Schuss fast anzuhalten, den Torwart so in die andere Ecke zu schicken – und trocken zu treffen.
Bastian Schweinsteiger hatte kaum hinsehen können, als Butt schoss; während der Torhüter anlief, hielt Schweinsteiger seine Arme über dem Kopf. Nach dem Treffer fiel er ihm um den Hals.
Butts Elfmeter brachte Bayern ins Spiel zurück, das war die Wende. Er machte die italienischen Zuschauer sprachlos. Schon als Butt sich auf den Weg zum Elfmeterpunkt gemacht hatte, verstummten die Gesänge im Stadion. Es dauerte Minuten, bis die Juve-Fans nach dem Treffer wieder ihre Mannschaft anfeuerten.
Butt bekam davon gar nichts mit. „Ich habe versucht, alles andere auszublenden und mich nur auf den Strafstoß konzentriert. Was um mich herum passiert ist, habe ich gar nicht gemerkt", erklärte er später.
Diese Tunnelblick hatte auch Oliver Kahn. Butts Coolness erreichte Kahn aber nie. Kahn war ein Vulkan, der nach jeder Weltklasse-Aktion ausbrach. Und vielleicht hat sich Kahn genau deswegen kaum vom Elfmeterpunkt versucht.
Butt dagegen bewahrt dagegen in jeder Situation diese stoische Ruhe. So erzielte er bereits 27 Tore vom Elfmeterpunkt in der Bundesliga, so schenkte er am Dienstag bereits zum dritten Mal Gigi Buffon, immerhin Weltmeister und mehrmals zum Welttorhüter des Jahres gewählt, ein Tor ein. Auch das ist ein Rekord, der Butt nicht aus der Ruhe bringt: „Es freut mich, dass ich getroffen habe. Aber ohne die Tore der Mitspieler hätten wir dieses Spiel nicht gewonnen.“
Beim FC Bayern schätzen sie Butts Coolness und sein Einsetzen für die Mannschaft. Er, der letzte Saison 34-jährig als Ersatzkeeper für den jungen Michael Rensing geholt worden war, ist mittlerweile absolut gesetzt. Und darf, wenn es nach den Bossen geht, gerne noch länger bleiben.
„Beim FC Bayern wird Leistung immer honoriert. Und Jörg Butt liefert gerade eine ganz hervorragende Leistung ab“, sagte Sportdirektor Christian Nerlinger auf die Frage, ob der Klub sich bereits Gedanken gemacht hätte über eine eventuelle Vertragsverlängerung mit Butt. Dessen Kontrakt läuft im Sommer aus.
Filippo Cataldo