Lahm wird Kapitän – und Schweinsteiger auch
AACHEN - Beim Pokalsieg in Aachen darf Verteidiger Philipp Lahm die Binde tragen. Bayern-Coach van Gaal hält sich die Spielführer-Frage aber offen. Gomez findet’s gut und sagt: „Verantwortung auf mehrere Schultern verteilen“
Der eine oder andere mag noch unsicher gewesen sein: Wer wird’s denn nun? Wer wird Nachfolger Mark van Bommels und somit neuer Kapitän des FC Bayern? Philipp Lahm, wie allgemein erwartet, oder vielleicht doch der etwas emotionalere Bastian Schweinsteiger? Trainer Louis van Gaal jedenfalls hat sich vor dem 4:0-Sieg im Pokal bei Zweitligist Alemannia Aachen entschieden – zumindest so halbwegs.
Gefragt, wer bis Saisonende die Binde tragen werde, wollte sich der Holländer nicht so wirklich entscheiden. Wird also Lahm Kapitän, Herr van Gaal? „Ja, aber Schweinsteiger ist auch ein Kapitän.“ Früher war ein Kapitän ein Kapitän, nun gibt es eben zwei. Einen dritten Kapitän, wie ihn zuvor – hinter van Bommel und Lahm – Schweinsteiger verkörperte, hat der Coach jedoch noch nicht benannt. Fast klang es beim Cheftrainer gestern Abend so, als hielte er sich für die Zukunft offen, wer in welcher Partie Kapitän sein wird.
Stürmer Mario Gomez, der Schütze des Führungstreffers auf dem Tivoli, findet das gut: „Es wird immer mehr zum Trend, dass die Verantwortung auf mehrere Schultern verteilt wird. Die Diskussion um einen Leitwolf, die halte ich für völlig überflüssig. Das gab’s doch vor 20 Jahren.“
Was jedoch nicht alle so unkompliziert sehen. Arjen Robben war anzumerken, dass er seinen Landsmann vermisst. Als Freund? Als Mitspieler? Als Führungsfigur? „Alles“, sagte der Mittelfeldspieler, „das sind Qualitäten von ihm, die wir nun eben als Mannschaft auffangen müssen. Aber man darf auch nicht zu viel darüber reden.“
Der Ex-Kapitän selbst, dessen Status als „Aggressive Leader“ bei den Bayern unbestritten war, hat unterdessen sein Debüt für den italienischen Spitzenklub AC Mailand gegeben – selbstverständlich nicht als Spielführer, denn dieses Amt hat bei Milan Massimo Ambrosini inne. Nur einen Tag nach seinem Abschied von der Säbener Straße spielte der Holländer beim 2:1 der Rossoneri in der Copa Italia bei Sampdoria Genua – genau wie der deutsche U19-Nationalspieler Alexander Merkel – 90 Minuten durch.
Der FC Bayern, der offenkundig nicht mehr sonderlich viel Wert auf die Dienste des ebenso dominanten wie ehrgeizigen Mittelfeldspieler gelegt hatte, hat nun zwar gleich zwei neue potenzielle Bindenträger, aber nach Ersatz in Sachen Durchsetzungsvermögen wird weiter gesucht. „Es war eine sehr erfolgreiche Zeit, die der FC Bayern mit Mark van Bommel erlebt hat“, sagte Sportchef Christian Nerlinger gestern, „Mark war eine große Persönlichkeit – auf und auch neben dem Platz, aber wir haben Spieler in unseren Reihen, die diese Position einnehmen können.“
Was Trainer van Gaal auf die ihm eigene Art ausführte: „Also da ist Schweinsteiger, der spielte zuletzt auf der 10, ist aber eine 6. Dieser Kroos ist auch eine 6 oder 8. Luiz Gustavo denkt auch er ist eine 6 oder 8. Ottl denkt das auch. Tymoshchuk auch. Und dann ist da auch noch Pranjic.“ Heißt, der Coach hatte van Bommel vor dessen Wechsel mitgeteilt, dass dieser keine Perspektive beim FC Bayern habe? „Natürlich“, sagte van Gaal frei heraus.
Im defensiven Mittelfeld spielten beim gestrigen Pokalsieg in Aachen übrigens Andreas Ottl und Danijel Pranjic eine – passable – Doppel-Sechs. Die beiden kann Nerlinger, bei allem Respekt, aber kaum gemeint haben. Auch wenn der neue Kapitän dies nicht ausschließen wollte. „Wir haben gute Spieler, die hinten dran waren“, so Philipp Lahm. Und van Bommel? „Es gehen immer Spieler, es kommen immer Spieler – so ist der Fußball“, sagte Lahm.
jos