König contra Kaiser: Arturo trifft nach Kritik von Beckenbauer
Nach der Kritik von Franz Beckenbauer an Arturo Vidal reagiert Bayerns Chilene standesgemäß mit einem Tor. Sportvorstand Sammer: „Franz lag daneben“
MÜNCHEN - Natürlich kennt Arturo Vidal, der chilenische Neuzugang des FC Bayern, Franz Beckenbauer. Sicherlich. Den Kaiser. Den Libero. Den Weltmeisterspieler von 1974. Den Weltmeistertrainer von 1990. Den Weltmeisterschaft-Ins-Land-Holer von 2000 und den Wettergott der WM 2006 hierzulande. Deutschlands Lichtgestalt. Arturo Vidal kannte bis dato nicht: den Experten Beckenbauer, den Grantler Franz. Den, der im Grunde jeden Spieler an seiner eigenen Klasse misst. Ein zum Scheitern verurteiltes Unterfangen.
Erschwerend kommt hinzu: Der kürzlich 70 Jahre alt gewordene Beckenbauer ist ein Fan seines Vereins, der dafür bezahlt wird, den Finger in Wunden zu legen, vom TV-Sender „Sky“ und „Bild“. Sein erster öffentlicher Auftritt seit dem tragischen Tod seines Sohnes Stephan Anfang August war der Abend des Champions-League-Spiels seiner Bayern bei Olympiakos Piräus (3:0). Dabei kritisierte er Vidal, der sich bei Twitter „kingarturo23“, also „König Arturo“ nennt, heftig: „Standfußballer haben wir genug, die brauchen wir nicht beim FC Bayern.“ Und, die nächste Watschn: „Das war nicht das, was man von ihm erwartet – zu wenig Einsatz.“
Die Schelte gelangte über die sozialen Netzwerke zu Vidal, der daraufhin offenbar bei den Bayern-Bossen um Aufklärung bat. Wenn sie ihm nicht schon zuvorkamen. Was Sportvorstand Matthias Sammer nach dem 3:0 in Darmstadt erklärte: „Da hat sich der Franz zu Wort gemeldet und lag dabei ganz eindeutig daneben. Was die Leute vergessen: Arturo hat keine Vorbereitung gehabt, er ist nach der Copa América zu uns gekommen und hat gleich gespielt. Er muss jetzt über Spiele und Training seinen Rhythmus finden, aber er kann gar nicht richtig trainieren, da wir alle drei Tage spielen.“ Natürlich, so Sammer, sei Vidal in Piräus „nicht ganz so spritzig“ gewesen, dennoch seien seine Laufwerte „überragend“. Und Ex-Bayern-Keeper Oliver Kahn meinte am Sonntag im „Doppelpass“: „Vidal ist ein Spieler, der sehr stark von seiner Physis und den Zweikämpfen lebt. Ob er aber den Kombinationsfußball des FC Bayern auf allerhöchstem Niveau wirklich beherrscht, muss er in den nächsten Wochen noch beweisen. Ich bin mir da noch nicht hundertprozentig sicher.“
Am Freitag hatte sich bereits Trainer Pep Guardiola hinter seinen Spieler gestellt. „Ich stimme Herrn Beckenbauer nicht zu“, hatte der Spanier gesagt, „ich bin sehr zufrieden mit Arturo. Er ist ein Kämpfer, er will es immer gut machen.“ In Darmstadt macht er eines sehr gut: den Treffer per sattem Weitschuss zum 1:0, sein Premierentreffer im Bayern-Trikot.
Weniger gut, aber ordentlich, sein restlicher Auftritt. Der selbst ernannte Krieger hatte eine Blessur aus Griechenland mitgebracht, wurde nach 66 Minuten ausgewechselt.
Solche Kritik wie die Standfußballer-Schelte gegenüber Vidal „erklären wir den Jungs dementsprechend“, wie Sammer erzählte. „Das geht ja so in einem gewissen Rhythmus, immer mal trifft es einen anderen.“ Also ist Schadensbegrenzung gegenüber den Neuankömmlingen gefragt. Tenor: Ach Jungs, der Franz meint das doch nicht so! Sammer: „Er hat als Spieler alles gewonnen und ist manchmal auch ein bisschen dazu da, um anstacheln, ein bisschen etwas zu bewegen. Bayern ist sein Klub und deshalb nimmt ihm das überhaupt keiner übel.“ Wundern gibt es immer wieder.
Und kaiserliches Zurückrudern. „Beim Piräus-Spiel habe ich mich halt geärgert, dass Vidal in einigen Situationen ein bisserl wenig gelaufen ist. Dieser Satz habe ich aus der Emotion heraus gesagt“, erläuterte Beckenbauer in „BamS“ und fügte hinzu: „Natürlich ist Vidal ein wertvoller Spieler. Aber wenn ich ihn mit der Bemerkung gereizt habe, so dass er trifft, dann ist doch alles in Ordnung.“
Pep hat also noch einen Assistenten: den Mentalcoach namens Kaiser.