Kahn trauert, Rensing hält
BRÜSSEL - Zum dritten Mal im laufenden Uefa-Cup wird Michael Rensing im Tor des FC Bayern stehen. Oliver Kahn hat nach dem Tod seines Großvaters die Reise nach Brüssel nicht mitgemacht. Der Ersatzkeeper spielt bei Anderlecht mit zwei Nadeln im Ohr.
Am Dienstag hatte Oliver Kahn noch mit der Mannschaft an der Säbener Straße trainiert, eine Torwart-Einheit, wie er Tausende hinter sich hat. Doch mit den Gedanken wird der 38-Jährige weit weg gewesen sein – bei seiner Familie. Denn am Samstag, am Tag des Spiels der Bayern auf Schalke (1:0), ist sein Opa Rolf im Alter von 86 Jahren gestorben.
Am Mittwoch also verzichtete Kahn auf die Reise zum Uefa-Cup-Achtelfinal-Hinspiel beim RSC Anderlecht (Mittwoch, 19 Uhr, ProSieben live). Zu seinem Großvater väterlicherseits, in der Familie wegen der Herkunft aus dem gleichnamigen Stadtteil der „Durlacher Opa“ genannt, hatte Kahn ein besonders inniges Verhältnis. Denn der fußballbegeisterte Rolf war es, der seinem Enkel Oliver eine komplette Sepp-Maier-Torwartkollektion geschenkt hatte. Da war Kahn acht Jahre alt. Sein Vater, der ebenfalls Rolf heißt, begann danach mit dem blonden Talent intensiv zu trainieren.
In einer von der gesamten Familie für den „herzensguten Opa und Uropa“ geschalteten Todesanzeige heißt es: „Ein erfülltes Leben ging zu Ende. Liebe und Kraft geben, ist stilles Gut. Wir nehmen Abschied von einem außergewöhnlichen Menschen. Er war immer für uns da. Seine Liebe, sein Humor und seine Güte werden uns fehlen.“
Die Beerdigung findet am kommenden Montag auf dem Karlsruher Hauptfriedhof statt. Damit Familie Kahn in Ruhe zusammenfinden kann, kommunizierte man beim FC Bayern gestern ein weiteres Argument für Kahns Fehlen in Brüssel: „Oliver kann nicht zwei Spiele in drei Tagen machen, das ist eine zu große mentale Belastung“, sagte Trainer Ottmar Hitzfeld, „ich lasse ihn zu Hause, damit er sich gut auf das Spiel am Samstag gegen Karlsruhe vorbereiten kann.“
Rensing, der "Auswärtskeeper"
Gegen den RSC Anderlecht steht wie schon beim 2:2 in Aberdeen (Kahn fehlte wegen eines Fieberanfalls auf dem Hinflug) Stellvertreter Michael Rensing im Tor. Der 23-Jährige hat in dieser Saison bereits drei Auswärtsspiele im Uefa-Cup bestritten. „Ich fühle mich gut, bin froh, dass ich zum Einsatz komme“, sagte er gestern, „es sieht so aus, als wäre ich der Auswärtskeeper.“ Nächstes Jahr soll er Kahns Nachfolger werden.
Im Stadion „Constant Vanden Stock“ läuft er mit zwei Nadeln im Ohr auf. Am rechten Ohr hat Rensing zwei Mini-Pflaster, unter denen sich ein bis zwei Millimeter lange Akupunktur-Nadeln befinden.
Ohrakupunktur
„Es handelt sich um eine neue, ganz spezielle Methode. Das sind energetische Nadeln, sie sollen helfen, den Energiefluss im Körper zu verbessern“, sagte Rensing, „aber es ist hauptsächlich eine Kopfsache, ein Placebo-Effekt. Ich probiere das mal aus.“
Mannschaftsarzt Rüdiger Degwert: „Die Methode nennt sich Ohrakupunktur. Wie bei jeder Akupunktur ist ein Behandlungserfolg nicht vorhersehbar, aber schädlich ist es auf keinen Fall.“ Von Trainer Hitzfeld hat Rensing das Okay. „Es gibt ja viele Möglichkeiten, Spannungen abzubauen und Energiefelder aufzubauen. Wenn ihm das hilft, ist es um so besser.“