Javier Martínez: Der Schöne aus dem Norden

Baske Javi Martínez, nebenbei Unterwäsche-Model, wird der Rekordtransfer der Bayern. Der Welt- und Europameister soll Schweinsteiger entlasten. „Wir sind überzeugt, dass er unsere Probleme löst”
von  Patrick Strasser, Markus Merz

MÜNCHEN Jupp Heynckes spricht fließend Spanisch. Auch vom eigenartigen Baskisch hat er einiges mitbekommen in seiner Zeit als Trainer bei Athletic Bilbao (1992 bis ’94 und 2000 bis ’03). Ideale Voraussetzungen also, um den Fast-Sicher Neuzugang Javi Martínez den Eingewöhnungsprozess beim FC Bayern zu erleichtern. Zudem ist die Latino-Fraktion mit Spanisch-Muttersprachler Claudio Pizarro aus Peru sowie den Brasilianern Rafinha, Dante und Luiz Gustavo, alle spanisch-sprechend, gestiegen.

Nach seinem 45 Einsatz-Minuten im Test von Athletic am Mittwoch bei Nachbarklub FC Barakaldo schrieb die baskische Lokalzeitung „Deia”: „War das der letzte Einsatz von Martínez bei Athletic?”
Hola, Javi! Noch fehlt lediglich die Unterschrift und eine finanzielle Sicherheit, ein Scheck über die vertraglich festgesetzte Ablösesumme von 40 Millionen Euro. „Wenn man in ganz Europa auf eine bestimmte Position schaut und immer wieder auf dieselben ein, zwei, drei Spieler kommt, muss man irgendwann eine Entscheidung treffen. Der Trainer und unser Sport-Vorstand sind überzeugt, dass er unsere Probleme löst”, sagte Bayern-Präsident Uli Hoeneß.

Ein langwieriger, komplizierter Transfer – für einen Spieler, der hierzulande kaum bekannt ist. Acht Länderspiele, kein Champions-League-Einsatz. Sein Transferwert erscheint astronomisch hoch – zieht man als Vergleich Sami Khedira heran, der 2010 für rund 14 Millionen Euro Ablöse zu Real Madrid wechselte. Was erwarten sich die Bayern vom Welt- und Europameister? Denn Doppel-Champion ist er tatsächlich. Allerdings nur als Reservist. Mit je einem Kurzeinsatz bei der WM 2010 (18 Minuten gegen Chile) sowie bei der EM 2012 (26 Minuten gegen Irland).
Noch nie kickte ein Spanier im Trikot der Bayern.

Die AZ erklärt den Iberer:

Wer ist dieser Typ?


Für einen spanischen Mittelfeldspieler, siehe Iniesta und Xavi, ist Martínez ungewöhnlich groß (1,90 m) und schlaksig (81 kg) – das Kopfballspiel ist daher eine seiner Stärken. Noch steht er im Schatten der Kurzpass-Generation „Tiki-Taka”, doch sämtliche spanische Experten bescheinigen dem U19- und U21-Europameister eine Weltkarriere.


Was hat er drauf?


Sportvorstand Matthias Sammer sagte: „Er hat enorme strategische Fähigkeiten, ein starkes Pass-Spiel, ist körperlich robust, stark im Kopfball.” Er ist der Wunschspieler von Coach Heynckes: „Ich habe mich immer für den Spieler stark gemacht.”


Was kann er noch?


Basketball (passt ja!), Gitarre und modeln. Martínez (Spitzname: „Der Schöne aus dem Norden”) war 2011 das Gesicht der Unterwäsche-Marke „Soy”. Ein Doppelpass: Seine Freundin Maria Imizcoz ist auch Model. Er besitzt in seinem Heimatort Aiegi das Restaurant „Durban”.


Wie plant Bayern mit ihm?


Martínez soll Bastian Schweinsteiger bei der Arbeit im defensiven Mittelfeld entlasten. Sammer: „Allein von seiner Ausstrahlung ist er im zentralen Bereich eine Figur.” Einer, der abräumen und das Spiel aufbauen soll. Ein besserer Zweikämpfer als Luiz Gustavo, ein besserer Spielgestalter als Tymoshchuk. Der Ukrainer könnte trotz Vertrages bis 2013 erwägen, Bayern nun zu verlassen. Weggeschickt wird er jedoch nicht.


Wie läuft die Finanzierung?



Martínez wäre der teuerste Transfer der Liga aller Zeiten, bisheriger Bestwert: 2009 zahlte Bayern rund 35 Millionen Euro für Mario Gomez. Martínez hat sich wohl bereit erklärt, bei seinem Fünfjahresvertrag auf insgesamt zehn Millionen Euro Gehalt zu verzichten. Dann sei „die Sache nicht mehr ganz so schlimm”, sagte Hoeneß, „der FC Bayern hat hohe Ziele und kann sich das leisten.” Klar, mittels Festgeldkonto. Der Präsident: „Man muss schon zugeben, dass diese Summe Wahnsinn ist. Dafür haben wir jahrzehntelang hier gearbeitet, dass man auch so einen Transfer nicht in die Kreditabteilung geben muss. Der Aufsichtsrat hat grünes Licht gegeben.” Bingo.

Welchen Nebeneffekt erhofft man sich?


In erster Linie Titel, Titel, Titel. Spanier wissen ja, wie’s geht. Womöglich gibt es einen Hintergedanken. Wenn Martínez bald von seinem neuen Arbeitgeber schwärmen sollte, könnte es Ex-Barcelona-Coach Pep Guardiola leichter fallen, sich 2013 auf das Wagnis FC Bayern einzulassen.

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