Interview mit Marcus Höfl: So ist der Franz wirklich
München - Der 41-Jährige Marcus Höfl ist seit 2003 der Berater von Franz Beckenbauer. Er ist mit Ex-Ski-Star Maria Höfl-Riesch verheiratet. Der Kaiser hat die beiden einander vorgestellt.
AZ: Herr Höfl, Sie sind der Manager von Franz Beckenbauer, der am Freitag 70 wird. Wie berät man eigentlich eine Lichtgestalt?
MARCUS HÖFL: Unsere Zusammenarbeit ging ja am 1. Oktober 2003 los, und ich glaube, wir haben in den letzten zwölf Jahren nicht so viel verkehrt gemacht. Daran hat Franz natürlich einen großen Anteil, aber ab und an haben wir uns auch ganz gut eingebracht.
Im Dokumentarfilm von Thomas Schadt sagten Sie, dass Ihr Klient in Interviews oft das Gegenteil von dem sagt, was abgesprochen war. Da kann man sich die Arbeit ja gleich sparen, oder?
Ich hab’s trotzdem immer wieder probiert. Aber das ist das, was ihn ausmacht: dass ihn die Leute als volksnah und ehrlich empfinden – weil er das auch ist. Das ist wahrscheinlich eine seiner größten Stärken.
Können Sie sich an die erste Begegnung erinnern?
Das war sehr früh, da muss ich drei oder vier Jahre alt gewesen sein. Mein Vater war ja bei Adidas, dem Vertragspartner des FC Bayern, mit dem er dadurch ein enges Verhältnis hatte. Und ich war dann auch manchmal dabei.
Und wie und wann war die erste bewusste Begegnung?
Als er aus New York zurückkam, kurz vor seiner Zeit als Teamchef. Da war er auf jeden Fall noch viel ehrgeiziger und auch jähzorniger als heute. Das war die Zeit, als auf dem Golfplatz mal der ein oder andere Schläger zerbrochen ist (lacht). Einer meiner beruflichen Ziehväter, Rudi Houdek, der für mein Leben ganz wichtig war, war eine sehr enge Kontaktperson von Franz. Zu der Zeit war das Haus Houdek in Kitzbühel der Treffpunkt für alle – da hat man sich regelmäßig getroffen.
Damals war Robert Schwan noch Beckenbauers Manager. Wie haben Sie ihn erlebt?
Als absolut faszinierende Persönlichkeit. Er hat eine ganz besondere Ausstrahlung gehabt, Charisma! Für manche Sachen, die er damals gemacht hat, würde er heute von den Medien wahrscheinlich so einiges abkriegen. Aber er hat sich eben sehr viel getraut, war manchmal unangenehm und unangepasst, aber im beruflichen Leben von Franz sicher die wichtigste Person.
Wie ist er mit ihm umgegangen?
So, wie ich es später auch versucht habe. Das Schwierige ist ja, jemandem, der so erfolgreich ist, auch mal zu vermitteln, dass man das eine oder andere trotzdem noch besser machen könnte. Oder darauf hinzuweisen, dass man überhaupt etwas machen sollte. Erfolg führt ja auch gern dazu, dass man die Zügel mal etwas schleifen lässt. Robert Schwan aber hat das nie einreißen lassen, sondern Franz vehement seine Meinung gesagt. Daran habe ich mich später orientiert, nur dass ich es etwas diplomatischer mache.
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Im Film gibt Beckenbauer ja zu, durchaus einen Hang zum Phlegma zu haben...
Da muss man differenzieren. Wenn er eine Aufgabe übernimmt – und er sieht sein ganzes Leben ja nicht als Berufsleben, sondern hat immer etappenweise Aufgaben übernommen: Teamchef, Präsident, WM 2006 – dann muss man ihn in diesen Phasen nicht anschieben oder so. Wenn er etwas anpackt, dann mit voller Hingabe. Für die WM 2006 zum Beispiel hat Franz von morgens bis nachts gearbeitet, 365 Tage im Jahr. Aber wenn so ein Projekt abgeschlossen ist und das nächste noch nicht begonnen hat, dann muss man hin und wieder ein bisschen motivieren.
Gibt es derzeit ein Projekt? Das Projekt Familie vielleicht?
Die Familie spielt jetzt sicherlich die zentrale Rolle in seinem Leben, und das ist auch gut so, weil das eben vorher nie so möglich war. Aber wir haben in den letzten Jahren mit neuen Sponsorenverträgen, viel Arbeit für die Franz-Beckenbauer-Stiftung und fürs Camp Beckenbauer schon einiges auf die Beine gestellt.
Wie viele Termine hat Beckenbauer im Jahr 2015?
Etwa 200. Das intensivste Jahr war 2005, da sind wir 330 Tage gemeinsam unterwegs gewesen, haben 31 Länder bereist. Franz hat damals in Oberndorf gelebt, ich in Kitzbühel, wir sind jeden Morgen zusammen ausgerückt. Ähnlich intensiv war die Bewerbungsphase 1998/99, als er mit Fedor Radmann sehr viel unterwegs war. Diese Jahre vor der WM 2006 waren sicher die arbeitsreichste Zeit seines Lebens.
Wie ist es so mit Beckenbauer auf Reisen?
Sehr angenehm. Wir ergänzen uns ganz gut, sind beide nicht so Riesenschwaller. Wir reden, was notwendig ist und oft auch mal ein bisschen mehr, aber dann auch mal längere Zeit nichts. Trotz der 330 Reisetage damals sprechen wir immer noch miteinander. Da muss man menschlich zusammenpassen, sonst funktioniert es nicht.
Wie würden Sie Beckenbauer generell beschreiben?
Als übermäßig talentierten, smarten Menschen, ob beim Sport oder beim Umgang mit Menschen, dank seiner viel beschriebenen Intuition. Zudem hat er sich im Laufe der Zeit stark weiterentwickelt, befasst sich mit Philosophen und hat da viele Dinge verinnerlicht. Er nutzt seine Intelligenz so, dass er keine unnötigen Wege geht, was ja auch wieder für Intelligenz spricht. Er weiß aber, dass jemand diese Wege gehen muss und hat dazu im Leben immer die Richtigen gefunden. Und er ist ein herzhafter, lustiger Mensch, pünktlich und pflichtbewusst. Charakterlich könnte ich es mir nicht besser vorstellen. Da kommen so viele Dinge zusammen, wie wohl nur bei wenigen Menschen auf der Welt.
Dazu passt sein Spruch von den Sonntagskindern, die er alle in sich vereint. Wo holt er immer diese Sätze her?
Das weiß ich auch nicht, wo er die manchmal herholt… Ich weiß, dass er sehr viel liest, teilweise auch schwere Kost, wie etwa Philosophen. Vieles liest er auch mehrmals. Er hat auf Flügen immer Bücher dabei, streicht sich manchmal Sachen an. Das geht von Konfuzius bis Schopenhauer, bis hin zu übersinnlichen Dingen. Man kann sagen: Franz hat sich mit dem Weltall beschäftigt – und mit dem großen Bild des Lebens.
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