Immer noch keine Torkamera: "Das ist lächerlich"

Van Gaal und einige seiner Trainerkollegen fordern nach Josip Simunics nicht anerkanntem "Treffer" Torkameras. Doch die Fifa verweigert sich beharrlich: "Das Spiel soll menschlich bleiben"
MÜNCHEN In der 10. Minute hatte Josip Simunic seinen Klub in Führung gebracht. Nur wenige der 30500 Zuschauer hatten das anders gesehen. Zu den wenigen gehörte das Schiedsrichter-Gespann um Babak Rafati. Das sagte: kein Tor, weiterspielen! Erst später, als er wieder Anzug und Krawatte trug, sagte Rafati: „Nach dem Studium der Fernsehbilder hätte ich das Tor geben müssen.“ Konnte er aber nicht: Das Spiel war zu Ende.
Die Diskussion um die Torkamera ist fast so alt wie Udo Lattek, und sie ist ähnlich nervend. Selbst der Gegner gab zu, dass der Treffer regulär war. Uli Hoeneß: „Dass der Ball im Tor war, habe auch ich gesehen.“ Michael Rensing, der mit beiden Füßen hinter der Linie stand und sich bei der Ausholbewegung fast im Tornetz verhedderte: „Ich hatte auch das Gefühl, dass er drin gewesen sein könnte."
Gerechtigkeitsfanatiker Louis van Gaal erzählte eine Geschichte zum Thema: „Ich war mal Präsident der niederländischen Trainervereinigung. Ich habe während eines Spiels eine Probe gemacht, um mit moderner Technik zu helfen. Das wurde durch Uefa und Fifa verboten" Kurze Pause. „Das war 1988." Geändert hat sich seitdem: nichts. Van Gaal sagt: „Ich finde es lächerlich, dass man so reagiert, wo es im Fußball um ernste Dinge geht." Und zum betroffenen Kollegen Ralf Rangnick: „Ich nehme meinen Hut und ziehe ihn vor Ihnen. Er sitzt so ruhig da und ist überhaupt nicht böse."
Rangnick jammerte nicht, sondern blickte nach vorn: Der Videobeweis wird kommen. Das dauert dann keine fünf Sekunden." Technisch ist die Deutsche Fußball-Liga (DFL) vorbereitet. DFL-Chef Christian Seifert: „Die Kamera ist so groß wie ein Fingernagel. Das könnten wir schon nächste Woche umsetzen.“ Wenn da nicht die sturen Herren der Fifa wären. Die haben sich unlängst immerhin zu einer Neuerung hinreißen lassen: In der Gruppenphase der Europa League wird die Uefa von Mitte September an spezielle Torrichter testen, die bei strittigen Tor-Entscheidungen helfen. Doch ob die besser sehen als eine Kamera?
Thomas Becker