Hoeneß gesteht: "Ich habe Riesenmist gebaut"

In einem Interview beklagt Hoeneß, seine derzeitige Situation sei "kaum auszuhalten". Er bekennt sich zur Zockersucht: "Ich habe Riesenmist gebaut, aber ich bin kein schlechter Mensch.“
SID |
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In einem Interview der Wochenzeitung Die Zeit beklagt Uli Hoeneß seine derzeitige Situation sei "kaum auszuhalten." Als die Staatsanwaltschaft sein Haus durchsuchte, "begann die Hölle". Hoeneß bekennt sich zu einer früher fast krankhaften Zockersucht und sagt weiter: "Ich habe Riesenmist gebaut, aber ich bin kein schlechter Mensch.“

 

München –  Einst ein fast krankhafter Zocker, nun am Rande der Verzweiflung und ein zutiefst reuiger Sünder: Uli Hoeneß hat im ersten ausführlichen Interview seit seiner Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung tiefen Einblick in seine Seele gegeben. Angeblich findet er nicht mehr in den Schlaf, er fühlt sich „auf die andere Seite der Gesellschaft katapultiert“ – mit der Durchsuchung seines Hauses am Tegernsee durch die Staatsanwaltschaft habe für ihn „die Hölle“ begonnen, sagte der Präsident von Bayern München der Wochenzeitung Die Zeit.

Eine Verbindung seines Schweizer „Zockerkontos“ zum FC Bayern streitet Hoeneß ab. In den bisher bekannten Passagen des Gesprächs, das am Donnerstag erscheint, äußerte sich der Patron des deutschen Fußball-Rekordmeisters nicht zu persönlichen Konsequenzen aus den Steuer-Ermittlungen. Auch die Summe, die er dem Finanzamt vorenthalten hat, bleibt im Dunkeln. Die Spekulationen drehen sich überwiegend um einen Betrag von drei Millionen Euro.

Weit tiefer ist der Einblick in die dunkle Seite des 61-Jährigen. Hoeneß, über dessen Amt als Aufsichtsratsvorsitzender der FC Bayern AG in den nächsten Tagen beraten werden soll, zeigt sich der Verzweiflung nahe, und seine Fehler bereue er. Von der Veröffentlichung seiner Selbstanzeige wurde er anscheinend vollkommen überrascht.

Hoeneß gestand, die Situation und sein Fall vom Vorbild zum Buhmann seien für ihn schwer zu ertragen. „Das ist für mich ein ganz großes Problem. Ich fühlte mich in diesen Tagen auf die andere Seite der Gesellschaft katapultiert, ich gehöre nicht mehr dazu. Ich mache mir natürlich riesige Vorwürfe. Ich habe Riesenmist gebaut, aber ich bin kein schlechter Mensch“, sagte Hoeneß, der berichtete, er verspüre großen Druck und liege nachts schweißgebadet in seinem Bett. Die Situation sei „kaum auszuhalten“. Er schlafe „sehr schlecht, ich schwitze sehr viel in der Nacht, was ich eigentlich gar nicht kenne. Ich wälze mich und wälze mich. Und dann wälze ich mich nochmal. Und denke nach, denke nach und verzweifle. Ich bin morgens auch manchmal schon eine Stunde nach dem Aufstehen völlig fertig.“

Am 20. März, als die Staatsanwaltschaft vor der Tür seines Hauses am Tegernsee stand und es durchsuchte, habe sich sein Leben schlagartig geändert. „Da begann die Hölle für mich“, sagte Hoeneß, der die Justiz morgens um sieben im Bademantel empfangen hatte. Bis dahin sei er davon ausgegangen, dass er keine Strafverfolgung zu befürchten habe. Einer Festnahme war er nur entgangen, weil er fünf Millionen Euro Kaution gezahlt hatte.

Sein Zockerkonto habe keinen Zusammenhang mit dem FC Bayern und sei „ganz allein Uli Hoeneß“, sagte er. Es gebe auch keine weiteren nicht erklärten Konten. Hoeneß räumte allerdings die Verbindung zum früheren adidas-Chef Robert-Louis Dreyfus ein. Dreyfus, der 2009 verstarb, habe Millionen für Börsenspekulationen bereitgestellt und angeboten, „lass es uns zusammen machen, er würde es finanzieren.

So kamen die Millionen auf das Konto, es war immer klar, das war ein Konto zum Zocken, für nichts anderes“, sagte Hoeneß. Zu diesem Zeitpunkt hatte Hoeneß wohl schon viel Geld verloren, immer deutlicher entsteht der Eindruck eines beinahe krankhaften Börsenspekulanten. „In den Jahren 2002 bis 2006 habe ich richtig gezockt, ich habe teilweise Tag und Nacht gehandelt, das waren Summen, die für mich heute auch schwer zu begreifen sind“, sagte er: „Diese Beträge waren schon teilweise extrem. Das war der Kick, das pure Adrenalin.“ Er halte sich jedoch „nicht für krank, zumindest heute nicht mehr“.

Sollte er wegen seiner Steueraffäre vor Gericht müssen, erscheine er dort „nicht als kranker Mann. Ein paar Jahre lang war ich wohl nah dran. Aber inzwischen halte ich mich für kuriert.“ Gerne würde Hoeneß auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich enttäuscht gezeigt hatte, persönlich erklären, „wie es so weit kommen konnte“. Er habe zur Zeit des Internetbooms „heftiger“ spekuliert, erklärte Hoeneß – anscheinend bis an den Rand der Pleite: „Als diese Blase dann platzte, fuhr ich schwere Verluste ein, ich war da richtig klamm.“ Den Ausstieg hat Hoeneß erst Jahre später gefunden. „Ich habe zu viele Verluste gemacht. Ich konnte nicht mehr so viel zocken. Und dann kam 2008 die Finanzkrise, und dann ging es endgültig in den Keller.“ Außerdem sei er auch nicht mehr „auf der ständigen Suche nach dem großen Kick“. Er werde eben älter, sagte Hoeneß.

Trotz aller Last empfinde er Stolz, dass seine Familie zu ihm stehe: „Ich weiß, in welche Lage ich sie gebracht habe.“ Hoeneß, der seine Handlungen als „große Torheit“ bezeichnet, denke Tag und Nacht an seine Fehler und an das, was er seiner Familie angetan habe. Den Gedanken an eine Gefängnisstrafe könne er aber „nicht zulassen.“ Er wolle seinen Fehltritt „so gut wie möglich korrigieren“.

 

Lesen Sie hier: Wegen Götze und Hoeneß - Medienattacke auf die Bayern

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