Steigende Zuschauerzahlen beim Frauenfußball: Mehr als ein Boom
Fußball ist in. Vielleicht sogar, weil Frauen ihn spielen. So könnte man den Trend beschreiben, der auch offiziell kein Boom mehr ist, sondern eine stete Entwicklung. Nur neun Spieltage hat es gebraucht, da war der alte Rekord bereits geknackt. 183.477 Zuschauer kamen zu den Spielen der Frauen-Bundesliga. Der DFB meldete einen Anstieg der Zuschauerzahlen um 277 Prozent im Vergleich zur letzten Saison.
Frauenfußball: Ein klarer Trend nach oben
Die AZ hat bei den Bundesliga-Klubs nachgefragt – nur der FC Köln wollte keine Auskunft geben –, dabei ergibt sich ein klarer Trend: nach oben. Alle Vereine berichten von mehr Zuschauern im heimischen Stadion im Vergleich zur Vorsaison. Die Europameisterschaft im Sommer sei klar zu spüren, heißt es von mehreren Klubs.
Bei den großen Vereinen erreicht der Zuspruch ungeahnte Sphären: Das Champions-League-Spiel der Bayern-Frauen gegen den FC Barcelona (3:1) sahen 24.000 Fans – so viele wie nie in der Allianz Arena. Gleich am ersten Spieltag wurde der Zuschauerrekord in der Liga geknackt: 22.300 Fans kamen in den Deutsche Bank Park, um das Remis zwischen Eintracht Frankfurt und den Münchnerinnen anzuschauen.
Zur Wahrheit gehört aber auch: Die großen Klubs profitieren wesentlich mehr vom gestiegenen Interesse am Frauenfußball. Zu Partien des MSV Duisburg oder SV Meppen kommen im Schnitt weniger als 1.500 Fans. Die wenigsten Zuschauer verzeichnet Bayer Leverkusen. Gerade mal 994 kommen im Schnitt, wie der Verein auf AZ-Anfrage mitteilte.
Über 20.000 Fans: Rekord für Wolfsburg, Bayern und Frankfurt
Auch die Rekordspiele der aktuellen Saison sind extrem unterschiedlich besucht: Das meistbesuchte Spiel in Meppen war die Partie gegen Bremen mit knapp 1.300 Zuschauern, bei den meisten Klubs liegen die Zahlen im mittleren zweistelligen Bereich. Bei Wolfsburg, Bayern und Frankfurt lagen die Rekorde bei über 20.000 Fans.
Einen ähnlichen Effekt konnte Werder Bremen dank des WM-Boykotts erzielen: Viele Werder-Fans unterstützten stattdessen die Frauenmannschaft. Beim Rekordspiel (ja, schon wieder ein Rekord) gegen Freiburg im Weserstadion Ende November sorgten ebenfalls 20.417 Zuschauer für Stimmung. Manager Frank Baumann versprach sofort eine Wiederholung – und zwar nicht aus wirtschaftlichen Gründen. Man habe einen kleinen Gewinn erzielt, "aber es ging nicht darum, Geld zu verdienen", sagte er dem "Weserkurier".
Akzeptanz schaffen, Bekanntheit generieren – die Ziele der Frauen-Bundesliga-Klubs. Das gelang sogar Turbine Potsdam, die mit der EM ebenso wenig zu tun hatten, wie mit Spielen in großen Arenen. Das einstige Liga-Urgestein ist Schlusslicht mit nur einem Zähler. Doch auch der finanziell klamme Verein, der einen großen personellen Umbruch hinter sich hat, berichtet von steigenden Besucherzahlen. Im Schnitt rund 300 Menschen mehr als in der Vorsaison kommen zu den Spielen.
Die Frauen vom FC Bayern werden weiterhin auch in der Allianz Arena spielen
Auch beim FC Bayern wird es weitere Spiele in der Allianz Arena geben. Mindestens eins ist für die Rückrunde vorgesehen, vermutlich aber in der Champions League. Den Zuspruch beim Barcelona-Spiel bezeichnete FC-Bayern-Präsident Herbert Hainer als "neues Kapitel ihrer Erfolgsgeschichte". Mittelfeldspielerin Sarah Zadrazil meinte, sie sei stolz, dass "so etwas in München möglich ist". Denn selbstverständlich ist es nicht.
Bei manchem Ligaspiel am Campus im Norden Münchens finden sich gerade einmal Tausend Zuschauer ein – Welten liegen zwischen Barcelona und Meppen. Nicht umsonst sagte Bianca Rech, Sportliche Leiterin, nach dem Rekordspiel über die Fans: "Ich hoffe, sie kommen alle irgendwann wieder."
Dabei möge "irgendwann" wohl eher "bald" als "später" sein. Denn: Nie war die Zeit günstiger, um Menschen für Frauenfußball zu begeistern.