FC Bayern: Kalkulierter Klartext! Warum ausgerechnet jetzt, Herr Neuer?
München - Krisen-Stimmung, Gucci-Gnabry, Neuer-Beben: In den ersten Wochen des neuen Jahres hat an der Säbener Straße mal wieder der FC Hollywood Einzug gehalten!
Ein Spieler kann dem ganzen Bohei um den Verein sogar etwas Positives abgewinnen. "Ich finde es immer gut, wenn sich um den FC Bayern etwas rührt", meinte Thomas Müller am Sonntagabend nach dem 4:2-Sieg der Münchner beim VfL Wolfsburg: "Das heißt, dass der Klub und die Spieler immer noch interessant genug sind, dass sie für große Storys herhalten." Na dann!
Die bis dato größte Story dieses noch jungen Jahres lieferte Manuel Neuer am vergangenen Freitag mit seinen viel diskutierten Aussagen über die Entlassung seines Spezls und langjährigen Torwarttrainers Toni Tapalovic, die seitdem die Schlagzeilen beim deutschen Rekordmeister bestimmen. Dabei sorgte insbesondere der Zeitpunkt der Veröffentlichung der beiden Interviews für Stirnrunzeln.
Warum wählte Manuel Neuer diesen Zeitpunkt für seine Interviews?
Nach drei Remis in der Liga war die Stimmung bei den Bayern ohnehin schon angespannt, zudem steht bald das enorm wichtige Achtelfinal-Duell mit Paris Saint-Germain an. Die Aussagen des Kapitäns kämen "zur Unzeit, weil wir vor ganz wichtigen Spielen stehen", wetterte auch Vorstandsboss Oliver Kahn.
Warum wählte Neuer also genau diesen Moment, um seinem Unmut über die Freistellung seines engen Vertrauten mit derart scharfen Worten freien Lauf zu lassen? Klar ist: Neuer ist ein absoluter Medien-Profi. Die Interviews waren bis ins letzte Detail durchdacht, dem Zufall wurde nichts überlassen. Auch nicht der hochsensible Zeitpunkt für den öffentlichen Vorstoß, der enorme Unruhe in den Verein brachte.
Manuel Neuer hat vor allem Julian Nagelsmann einen Bärendienst erwiesen
Bei Chefcoach Julian Nagelsmann, der seit seiner Amtsübernahme vor anderthalb Jahren kein besonders enges Verhältnis zum Neuer-Vertrauten hatte und eine der treibenden Kräfte hinter dessen Entlassung gewesen ist, kamen die Aussagen jedenfalls nicht besonders gut an. "Natürlich trägt das nicht gerade zur Ruhe bei, es geistert durch die Gazetten und es beschäftigt ganz Fußball-Deutschland", sagte der 35-Jährige am Sonntag bei DAZN. Wohlwissend, dass auch für ihn extrem richtungsweisende Wochen anstehen.

Nach einer insgesamt enttäuschenden Debütsaison, an deren Ende neben der deutschen Meisterschaft auch das peinliche Aus im DFB-Pokal bei Borussia Mönchengladbach (0:5) und in der Champions League gegen Villarreal standen, geht es für den Chefcoach der Münchner in den nächsten Wochen um extrem viel. Nagelsmanns Welpenschutz ist vorbei, bei einem Aus gegen PSG wäre er (mindestens) enorm angezählt. Neuer hat ihm mit seinen Aussagen zum jetzigen Zeitpunkt einen Bärendienst erwiesen. Mit Kalkül?
Die Causa Neuer wird den FC Bayern noch länger beschäftigen
Der 36-Jährige hat aber nicht nur Nagelsmann, sondern auch sich selbst unter Druck gesetzt. Nach seinem schweren Skiunfall hatten die Bosse des Rekordmeisters Neuer noch demonstrativ den Rücken gestärkt. Gut möglich, dass sie nun – auch mit Blick auf die langfristigen Planungen auf der Torwartposition – zum Keeper auf Distanz gehen. Neuer wird im März schließlich 37, früher oder später wird also ohnehin seine Nachfolge geregelt werden müssen. In Yann Sommer (34, Vertrag bis 2025) hätte man einen potenziellen Kandidaten dafür sogar schon im Kader.
Aktuell ist ohnehin völlig unklar, ob Neuer überhaupt nochmal für die Bayern auflaufen wird. Und wenn ja, in welcher Rolle. Schwer vorstellbar, dass sich der Ehrgeizling aus dem Pott mit einem Platz auf der Bank anfreunden könnte. Ob er Kapitän bleibt, ist ebenfalls noch offen. Nagelsmann will sich diesbezüglich erst mal nicht festlegen. "Ich weiß, dass das eine sehr brennende Frage ist, die deshalb gestellt wird, weil das Interview rauskam. Aber es ist keine Frage, die ich jetzt beantworten möchte", sagte der 35-Jährige gegenüber der "Bild".
Die Causa Neuer wird den FC Bayern in jedem Fall noch lange beschäftigen – und das gleich auf mehreren Ebenen. Wie lange Thomas Müller dem FC Hollywood wohl noch etwas Positives abgewinnen kann?