„Fans, die ihr nicht wollt!“
Die Südkurve boykottiert das Spiel und liegt mit dem Vorstand im Clinch. Hoeneß: „Es geht nicht, dass Leute ohne Karte reindrängeln“
München - In Halbzeit zwei war das Spiel der Bayern gegen den HSV ja wirklich mitreißend. Doch die Zuschauer im Unterrang der Haupttribüne konnten nicht ständig aufs Spielfeld schauen, sie blickten sich immer wieder ängstlich um. Fangesänge, Gegröle, rhythmisches Klatschen, Trommeln – und das eben nicht in der ungewohnt leeren Südkurve, sondern dort, wo Ehrengäste und Reporter sitzen.
Auch „sky“-Kommentator Marcel Reif war in Sorge. „Ich hatte befürchtet, dass ich noch eine Bierdusche abbekomme.“ Er blieb trocken.
Der ungewöhnliche Ausflug der rund 200 Südkurvenfans endete dennoch in Handgreiflichkeiten mit der Polizei, eine Beamtin wurde leicht verletzt. Der Hintergrund: Die Blöcke 112/113 direkt hinter dem Tor waren wegen strengerer Kartenkontrollen für den Zugang zur Südkurve ungewohnt leer geblieben – was sich natürlich auf die Stimmung niederschlug, da der harte Kern als Vorsängergruppe im Stadion fungiert. Der FC Bayern sah sich nach eigenen Angaben zu dieser Aktion nach den Ereignissen beim Pokal-Halbfinale gegen Schalke (0:1) gezwungen, als etwa 300 Fans den Block zu stürmten und dabei zwei Ordnungskräfte verletzten. Aus Sicherheitsgründen (für Fluchtwege und im Falle von Notarzteinsätzen) dürfen in die Kurve nur rund 9000 Fans hinein, gegen Schalke drängten sich dort weit mehr. „Für uns ist da ein Punkt erreicht, an dem wir aus Sicherheitsgründen sagen müssen: Stopp!“, erklärte Bayerns Pressechef Markus Hörwick.
Beim Spiel gegen Hamburg habe der Ordnungsdienst erneut festgestellt, dass viele der Fans, die in die Südkurve wollten, keine Karte für diesen Bereich hatten. Deshalb sei diesen der Zugang verwehrt worden. Andere Fans zeigten sich daraufhin solidarisch mit den Ausgesperrten, blieben zunächst im Gastro-Bereich, und zogen dann zur Haupttribüne. Sie skandierten: „Vorstand raus!“, „Wir wollen den Vorstand sehen!“ oder „Wir sind die Fans, die ihr nicht wollt!“
Präsident Uli Hoeneß zeigte dafür kein Verständnis. „Es geht doch nicht, dass da immer Leute ohne Karten reindrängen. Beim Schalke-Spiel haben einige das Hausrecht an sich gerissen. Da muss es chaotisch zugegangen sein.“ Auch weil selbst ernannte Ultras wie die „Schickeria“ und andere Kurvenfans keine gemeinsame Linie verfolgen, es untereinander immer wieder zu Streitereien kommt. Die einen wollen Politik machen, die anderen nur Spaß haben.
Dass die Polizei (300 Beamte waren wie üblich rund ums Stadion im Einsatz) sich veranlasst sah, die Gruppe vorrübergehend einzukesseln, verteidigte sie folgendermaßen: Laut Polizei-Sprecher Martin Rieder versuchten etwa 100 Bayern-Anhänger während des Spiels in den Block der Gäste zu gelangen - was wohl nicht deren Absicht gewesen ist. Sie wollten wohl ihrem Unmut Luft machen und sich im Unterrang der Haupttribüne Gehör verschaffen. Ein Angriff auf die Nordkurve mit den rund 6<TH>000 bis 7<TH>000 HSV-Anhängern hätte auch wenig Sinn gemacht. Dennoch hinderten rund 300 Polizisten die Fans, weiter Richtung Norden des Stadions vorzudringen. Dabei kam es zu kleineren Rangeleien, bei denen die Polizistin verletzt wurde.
„Doch es muss Ordnung herrschen, das müssen die Leute doch mal einsehen“, forderte Uli Hoeneß. Am Montag soll es deshalb zu einem Treffen von Fans aus der Ultraszene („Schickeria“) sowie dem Dachverband „Club Nr.12“, dem Fanrat und dem Vorstand kommen.