"Er ist so ein Bär": Bayern-Trainer überzeugt mit seiner Menschenkenntnis sogar die Gegner
In diesem Gespräch stand einiges auf dem Spiel. Es ging um "Deal" oder "No Deal". Und eine ganze Menge Geld. Geld, das sich der FC Bayern am Ende sparte. In einem persönlichen Austausch sollte Chefcoach Vincent Kompany Shootingstar Florian Wirtz den Wechsel an die Isar schmackhaft machen. Am Ende entschied sich der 22-Jährige bekanntlich für den FC Liverpool. Ein Grund: Trainer Arne Slot soll ihm einen klareren persönlichen Plan aufgezeigt haben.
Jackson bisher beim FC Bayern noch kein Faktor
Zunächst, ohne dabei andere Spieler zu nennen. Kompany dagegen soll in seinen Vorstellungen mit Wirtz immer wieder Jamal Musiala einbezogen haben. Der Offensivkünstler sollte beim Rekordmeister zum Co-Star von Musiala werden. In anderen Worten: Der Belgier zeigte ihm die realistische Perspektive in München auf, stellte Wirtz nicht über die Mannschaft. Und blieb dabei seinen Grundprinzipien treu. Authentizität und Ehrlichkeit.
Bei ihm steht das funktionierende Team im Vordergrund, nicht die Einzelspieler. Das zeigt er regelmäßig auch bei Pressekonferenzen. Fragen zu Einzelspielern werden gekonnt umschifft. Nur wenn Kompany das Gefühl hat, ein Spieler braucht es in der aktuellen Situation, wird darauf explizit eingegangen. Bestes Beispiel: Nicolas Jackson. Der Senegalese, am letzten Tag des Transferfensters für 16,5 Millionen Euro vom FC Chelsea ausgeliehen, steht durch seine schwachen Auftritte in der Kritik.

Kompany: "Ich habe zu ihm eine bisschen andere Meinung"
Jackson wirkt in der Bayern-Mannschaft bislang wie ein Fremdkörper. Ihm fehlen die Bindung ins Spiel und der für Stürmer so wichtige Zug zum Tor, er fällt damit klar hinter seine Teamkollegen zurück. Ein Verbleib über den Sommer hinaus ist deshalb zum aktuellen Stand unwahrscheinlich. Trotzdem: Anstatt Jackson zu kritisieren oder den Fokus vor dem wichtigen Pokalspiel in Köln auf das Kollektiv zu richten, stellte Kompany sich vor ihn.
"Ich habe zu ihm eine bisschen andere Meinung als das Kollektiv", meinte der Trainer, als er auf den 24-jährigen Back-up-Stürmer angesprochen wurde. Natürlich sei es einfacher, wenn man zwei oder drei Tore schieße, so Kompany. "Aber meine Meinung ist, dass Jackson uns schon viel geholfen hat." Zuspruch, der Jackson durchaus guttun dürfte und der einmal mehr zeigt: Kompany ist ein echter Menschenkenner. Seine Art erinnert an große Münchner Trainer-Legenden wie Jupp Heynckes oder Ottmar Hitzfeld.
Köln-Trainer möchte wie Kompany sein
Und beeindruckt selbst die Konkurrenz. "Er ist so ein Bär, ein Riese, aber mit einem ganz weichen Herz", beschreibt Lukas Kwasniok, Trainer des 1. FC Köln, den 39-Jährigen. "Ich wäre gerne so wie er." Wer wäre das in der aktuellen Situation nicht? Auch weil er selbst für seine Überflieger oder die "super, super Spieler", wie sie sein Lehrmeister Pep Guardiola nennen würde, ein gutes Gespür hat. Statt Lobeshymnen à la Pep erdet Kompany seine Mannen.
Allen voran seinen 17-jährigen Wunderstumpen Lennart Karl. Als der Youngster beim 3:0 in Gladbach einen Übersteiger nach dem anderen auspackte, die mehr der Show als dem Ergebnis dienten, gab es von Kompany den dezenten Hinweis, dies aus Respekt vorm Tabellenletzten zu unterlassen. Immerhin hatte er dafür schon Pfiffe von den Rängen bekommen. Einen Vergleich mit Lionel Messi wegen der Größe, Karl ist mit 1,68 Metern nur zwei Zentimeter kleiner als der achtmalige Weltfußballer, moderierte er gekonnt weg.

Kompany will Karl nicht mit Messi vergleichen
"Ich will ihn jetzt nicht so schnell mit ihm vergleichen", so der Bayern-Trainer. Immerhin steht Karl erst bei sechs Bundesligaspielen. Stattdessen analysierte er klassisch nüchtern: "Wenn Spieler klein sind, glaubt man manchmal, dass sie keine Kraft haben." Sollten sie aber, wie Messi und auch Karl, denn dann "können sie sich schnell wegdrehen". Deshalb sie es so schwer, den Jungspund zu verteidigen.
Schon nach dem ersten Traumtor beim 4:0 gegen den Club Brügge hatte er Karl eingebremst. Als er gefragt wurde, was er im Alter von 17 Jahren machte, konterte er: "Champions League und Nationalmannschaft. Stammspieler." Sympathisch. Diese Art ist es, die von seinen Spielern geschätzt wird. Und ein Hauptgrund ist, warum der FC Bayern in dieser Saison derart erfolgreich spielt.

