Die Kaiser-Prince-Affäre

MÜNCHEN - Boateng tritt Klose! Und BVB-Coach Klopp greift TV-Experte Beckenbauer an. Der hatte eine nachträgliche Bestrafung des Dortmunders vorgeschlagen.
Die alles entscheidende Frage stellte der Bayern-Kapitän. Mark van Bommel rief in die Runde: „Was hat denn der Kaiser gesagt? Absicht! Na dann war’s Absicht.“ Und auch wenn der Holländer lachte, er hatte im Fall „Boateng tritt Klose“ den heiklen Punkt getroffen. Denn Dortmunds Trainer Jürgen Klopp, bis Sommer 2008 selbst Fernseh-Bundestrainer, war am Sonntagabend nicht gut zu sprechen auf Premiere-Experte Franz Beckenbauer. Klopp motzte: „Normalerweise interessiert es keinen, wenn ein Moderator etwas sagt. Aber bei Franz Beckenbauer ist das anders...“
Was bloß hatte der allmächtige, allwissende Beckenbauer bei Premiere getan? „Das ist eine Schweinerei, denn er wollte den Klose absichtlich verletzen“, hatte er über die vermeintliche Tätlichkeit von Borussias Kevin Prince Boateng gesagt, „er kann froh sein, wenn der DFB diese Bilder nicht sieht, sonst wird er nachträglich gesperrt. Ich weiß nicht, was in dem Kopf eines solchen Spielers vorgeht.“ Kaiser kontra Prince!
Tatsächlich war Boateng nach einem Zweikampf Mitte der ersten Halbzeit auf dem rechten Oberschenkel von Miroslav Klose gelandet, was den gemeinhin ruhigen Klose in Rage brachte. Er ging auf den BVB-Wintereinkauf los. Bastian Schweinsteiger musste Klose wegzerren. Noch nach dem Spiel war der Matchwinner gereizt. War’s Absicht? „Ja“, zischte Klose nur. „Miro ist stocksauer“, berichtete van Bommel. Stocksauer auf den Ex-U21-Nationalspieler und auf Referee Michael Kempter, der nicht Foul gepfiffen hatte.
Ob es Absicht von Boateng war, lässt sich ohne Geständnis nicht zweifelsfrei klären. Bleibt die Frage: Ist es legitim, dass TV-Experte Beckenbauer eine nachträgliche Bestrafung verlangt? „Das ist eine sehr schmerzhafte Geschichte für Miro, aber wer ein bisschen genauer hinguckt, der sieht, dass da keine Aggression dabei ist“, sagte Borussen-Trainer Klopp über Boatengs Aktion, „er will drüber steigen, es ist niemals eine Tätlichkeit. Wenn Franz Beckenbauer eine Sperre fordert... Das ist unglaublich! Wenn man in so einer Situation den Jungs etwas unterstellt, da kann es nur darum gehen, dass man Kevin irgendetwas anhängen will, weil er etwas wilder aussieht.“
Weil der im Berliner Problemstadtteil Wedding aufgewachsene Boateng (21), Sohn einer deutschen Mutter und eines ghanaischen Vaters, Tattoos an beiden Armen trägt? Weil er als schwieriger Spieler gilt? Ein seltsamer Vorwurf gegen den weitgereisten Kosmopoliten Beckenbauer. Der 63-Jährige sagte denn auch später: „Ich schätze Jürgen Klopp sehr und würde ihm raten, die Situation noch mal in aller Ruhe anzuschauen. Dann wird er mir Recht geben, denn es war eine ganz klare Tätlichkeit. Ich fordere grundsätzlich keine Sperre für einen Spieler, aber das war unsportlich.“
Was auch Premiere-Reporter-Urgestein Fritz von Thurn und Taxis so gesehen hatte. Auch er hatte spontan zu Rot geraten. Womit der 58-Jährige nun auch zu den Feinden Klopps zählt. „Wenn der mich nochmal um ein Interview anfragt! Mit mir nie mehr! Nicht in dieser Galaxie!“
J. Schlosser, P. Strasser