"Das ist nicht der FC Bayern"
Van Gaal verantwortet eine der schlechtesten Defensiv-Abteilungen der Klub-Historie
MÜNCHEN - Pranjic bleibt stehen, Breno spekuliert auf Abseits – Eto’o trifft zum 1:0!
Eto’o darf einen Pass quer über die ganze Spielfeldbreite schlagen, Breno lässt Sneijder aus 20 Metern schießen – 2:2!
Luiz Gustavo und vor allem Breno beweisen, dass es auch hüftsteife Brasilianer gibt, Eto’o passt zu Pandev, der trifft – 2:3!
Drei simple Situationen, drei haarsträubende Abwehrfehler – und Bayern hat auch die letzte Titelchance verspielt. Wer nach dem fulminanten 6:0 gegen den HSV vergessen hatte, wieso sich die Wege des FC Bayern und Louis van Gaal nach der Saison trennen werden – gestern bekam er beim 2:3 gegen Inter und dem Aus in der Champions League die Gründe zu sehen.
Die Bayern-Defensive ist unter dem Offensivtrainer van Gaal zum Hühnerhaufen mutiert. Und dann hilft es auch nicht, 65 Minuten lang großartig gespielt zu haben, wenn man eine Defensive hat, die „ganz sicher nicht den höchsten Ansprüchen genügt”, wie Arjen Robben feststellte. „Das ist unglaublich. Wir haben schon wieder drei Tore zu Hause kassiert, das darf nicht sein”, sagte er, „wir können morgen wieder darüber sprechen und die Fehler analysieren. Aber das machen wir die ganze Saison schon. Und dann passiert das wieder und wieder und wieder.”
Und das, obwohl van Gaal das Personal munter durchwechselt. Gestern probierte van Gaal die 27. Formation in der Viererkette im 39. Saisonspiel aus. Überzeugen konnte nur Rechtsverteidiger und Kapitän Philipp Lahm. Danijel Pranjic als linker Verteidiger? Bemüht, aber nach hinten zu unsicher. Kein Wunder, Pranjic fühlt sich als Linksaußen am wohlsten. Daniel van Buyten als Innenverteidiger? Nicht gerade ein Ruhepol, aber immer noch besser als sein Nebenmann Breno. Der Brasilianer machte ein ganz schlechtes Spiel, fiel vor allem durch seine taktischen Unzulänglichkeiten auf. „Natürlich fehlen die Automatismen, wenn da immer andere Spieler zusammenspielen, dann passieren solche Stellungsfehler”, meinte Ex-Bayern-Coach Ottmar Hitzfeld bei „Sky”. Und weiter: „Das genügt einfach nicht, um in der Champions League weit zu kommen. So ein Stockfehler, wie er Breno vorm 2:3 passiert ist, darf in der Champions League nicht geschehen. Titel gewinnst du nur durch eine starke Defensive.”
Die hat Bayern nicht. Im Gegenteil: Van Gaal verantwortet eine der schlechtesten Defensiv-Abteilungen der Klub-Historie. Und steht jetzt vor einem Scherbenhaufen, der mal eine grandiose Saison hätte werden sollen. „Bayern hat die Aufgaben nicht erfüllt, sie haben eine schlechte Saison, man muss froh sein, wenn man jetzt noch Platz drei erreicht. Das ist nicht der FC Bayern”, sagte Hitzfeld. Und: „Das ist eine ganz kritische Situation für Bayern jetzt.”
Van Gaal weiß das. „Es wird schwer jetzt”, sagte er, der erst Ende letzter Woche zum ersten Mal zugab, dass seine Mannschaft Defensivschäwchen hätte. Auch gestern hätte er dies früh erkannt. „Wir haben in der Halbzeit trotz der Führung gesagt, dass wir kompakt bleiben müssen”, so van Gaal. Es nutzte nichts. Weil die Einsicht zu spät kam?