Calmund: „So war mein Besuch bei Uli Hoeneß“
AZ: Herr Calmund, Leverkusen hat zuletzt in der Liga fünfmal gewonnen. Ist Bayer jetzt auch im Pokal bereit für Bayern?
REINER CALMUND: Bayer Leverkusen hat schon öfter überraschende Erfolge gegen Bayern gefeiert. Bayern ist mit seinem gigantisch guten Kader normalerweise in der Meisterschaft nicht zu besiegen. Leverkusen hat aber auch eine gute Mannschaft. Ich würde das mit einem sehr gut ausgestatteten Sportwagen erster Klasse vergleichen. Der FC Bayern hat allerdings einen Formel-1-Wagen. Bayern ist für mich der beste Verein der Welt, weil sie nicht nur schon immer Weltmeister auf dem Platz, sondern auch hinter dem Schreibtisch haben. Allen voran Uli Hoeneß.
Sie schwärmen ja richtig vom FC Bayern. Ihr Fußballer-Herz schlägt aber schon noch für Leverkusen, oder?
International bin ich Bayern-Fan, in der Champions League habe ich jetzt die Bayern-Unterwäsche an. Bei dem Pokalspiel aber natürlich wieder die von Bayer 04. Bayern hat genügend Pokale und Schalen an der Säbener Straße.
Robben, Ribéry, Alaba und Schweinsteiger fallen aus. Nicht der schlechteste Zeitpunkt, um gegen Bayern zu spielen, oder?
In der Liga hat man gesehen, dass Bayern durchaus mal ein Spiel verlieren kann. Im Pokal besteht eine Chance. Leverkusen spielt zu Hause, ist gut drauf und hat nichts zu verlieren. Die Münchner sind momentan stark ersatzgeschwächt. Eine größere Chance gibt es nicht.
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Der Trainer weiß, wie es geht: Roger Schmidt hat Guardiola letztes Jahr mit 3:0 besiegt, damals noch als Trainer von Red Bull Salzburg.
Freundschaftsspiele sind etwas völlig anderes. Aber Roger Schmidt hat es sehr gut gemacht bisher. Mit völlig neuen Ideen lässt er sehr offensiv und aggressiv spielen. Nach ein paar Spielen hat er festgestellt, dass die Ernte nicht eingefahren wird und die Balance nicht stimmt. Jetzt hat er seine Taktik etwas angepasst. Das spricht für seine Qualitäten.
Wie sehen Sie die Rolle von Michael Reschke beim FC Bayern, der im Sommer nach 35 Jahren in Leverkusen als Technischer Direktor nach München wechselte?
Ich habe ihn damals als Jugendspieler von einem kleinen Kreisklassenverein geholt. Dann ist er Treppchen für Treppchen aufgrund seiner Qualität hochgeklettert. Er kennt sich im Weltfußball aus. Er macht etwas Wichtiges, Unauffälliges im Hintergrund. Er soll aber bloß nicht zu hoch springen, wenn er über ein Tor der Bayern jubelt. Dann schieße ich ihn mit der Steinschleuder ab.
Ist es als Wertschätzung zu verstehen, dass ihn die Bayern wollten, weil man ihm vorher als Rivale auf dem Transfermarkt begegnet ist?
Die kannten ja seine Arbeitsweise. Ich weiß, dass Uli Hoeneß schon immer sehr viel von ihm gehalten hat.
Reschke arbeitet jetzt eng mit Hoeneß zusammen. Passen die beiden zusammen?
Sie arbeiten Tür an Tür zusammen. Ich habe Uli Hoeneß kürzlich besucht, da brauchte ich nur die Tür aufzumachen, um ihm Hallo zu sagen. Hoeneß als großer Patriarch mit seiner Riesenausstrahlung – das wird Michael Reschke noch mal gut tun.
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Wie war ihr Besuch, wie geht es Hoeneß?
Er hat einen sehr zufriedenen Eindruck gemacht, als ich da war. Im ersten Moment denkst du: Hat der abgenommen und erschreckst dich vielleicht ein bisschen. Aber dann merkst du, dass er nach wie vor wach im Kopf und gut drauf ist. Er ist für mich nach wie vor der Mister Bayern München.
Können Sie sich den FC Bayern und den deutschen Fußball ohne Hoeneß vorstellen?
Sie haben ja auch aktuell ohne Hoeneß gut gespielt. Aber genau wie bei Rummenigge oder Beckenbauer sieht man bei Hoeneß einfach soziale Kompetenz, emotionale Intelligenz. So etwas ist sehr wichtig für den Verein.
Glauben Sie, dass er eine Rückkehr als Präsident plant – oder geht er jetzt in seiner Aufgabe in der Jugendabteilung des FC Bayern auf?
Das kann ich nicht beurteilen. Ich glaube, Uli Hoeneß hat sich selber noch nicht entschieden. Ich kann ihm nur raten: Er soll den Ehrenvorsitzenden machen und noch ein bisschen mitmischen. Aber auch seine Zeit in seinem wunderschönen Haus am Tegernsee genießen.