Bayerns Telefon-Joker
MÜNCHEN Der Gedanke liegt nahe. Ein Anruf – und man kennt alle Geheimnisse. „Es wäre keine schlechte Idee, ihn anzurufen“, meint auch Franz Beckenbauer. Mister Pep Guardiola bitte ans Telefon, Anruf aus München – das hatte der Ehrenpräsident des FC Bayern im Sinn. Immerhin trainierte dieser Guardiola, der Bald-Trainer der Bayern, von 2009 bis 2012 den FC Barcelona, den Halbfinal-Gegner in der Champions League. Er kennt den Verein in- und auswendig, seine Abläufe, seine Philosophie. Lionel Messi, Xavi, Andrés Iniesta – das sind „seine“ Spieler, er hat sie zu dem gemacht, was sie sind.
Er hat mit Barcelona in vier Jahren 14 von 18 möglichen Titel gewonnen. Er könnte den Bayern also alle Insider-Geheimnisse verraten. An der Säbener Straße ist man jedoch geneigt, der Verlockung zu widerstehen, den Telefonhörer liegen zu lassen. Zumindest offiziell. Aus Respekt vor Guardiola und dessen Verbindungen zu dem Verein, der sein Leben geprägt hat. „Das sollten wir ihm nicht zumuten“, sagt Sportvorstand Matthias Sammer. Immerhin hat Guardiola in Barcelona von 1984 an alles gelernt, als Spieler, als Trainer. Barcelona hat ihn zu dem Mastermind gemacht, das Bayern für die kommende Saison haben wollte.
Überhaupt habe Guardiola ja offiziell erst ab 1. Juli etwas mit dem FC Bayern zu tun, meint Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge. „Und wir haben auch einen Insider: Im spanischen Fußball kennt sich kein Deutscher besser aus als Jupp Heynckes. Außerdem gibt es heute im Fußball keinerlei Geheimnisse mehr." Matthias Sammer hatte dagegen einen ziemlich entwaffnenden Einwand: „Pep hat Barcelona auch noch nicht geschlagen.“ Will sagen: Er hat noch nie Lösungen erarbeiten müssen, wie dieses Team zu schlagen ist, wäre also vielleicht selbst ratlos.
Trainer Jupp Heynckesreagierte ziemlich gereizt auf die Nachfrage nach Tipps von Pep. „Bitte respektieren Sie mich und meine Arbeit“, herrschte er den fragestellenden Reporter an, „ich brauche niemanden anzurufen, um andere Gegner zu studieren.“ Dortmunds Trainer Jürgen Klopp glaubt den Bayern kein Wort: „Ich verwette meinen A... darauf, dass sie es doch tun werden.“ Guardiola anzurufen.
Der Bald-Bayer, der seinen Wohnsitz in New York hat und sich gelegentlich in Barcelona aufhält, wird sich in den kommenden Wochen noch besser verstecken müssen. „Es wird ihm gelingen“, ist Rummenigge zuversichtlich. Kommt er zum Spiel? Nein. „Er möchte gar nicht eingeladen werden, er will die laufende Saison nicht stören. Er hat ein unglaubliches Feingefühl."