Bayerns neue Sucht nach Perfektion

Sammer sagt: "Unser Maßstab ist europäische Spitze!" Er hat alle angesteckt mit seinem Kampf gegen Selbstzufriedenheit. Beweis? Das neue Lieblingswort der Spieler ist "Hunger".
von  Patrick Strasser

Sportvorstand Matthias Sammer vom FC Bayern sagt: "Unser Maßstab ist europäische Spitze!" Er hat alle angesteckt mit seinem Kampf gegen Selbstzufriedenheit. Beweis? Das neue Lieblingswort der Spieler ist "Hunger".

Doha - Alles Schlechte hat auch sein Gutes – eine der Maximen von Matthias Sammer. Und so meinte der Sportvorstand des FC Bayern jetzt bei rund 25 Grad in Doha zur Frage, ob denn ein paar Tage mehr in Katar nicht gut wären: "Wir haben hier fantastische Bedingungen, aber ein bisschen Schmuddelwetter zu Hause tut uns auch mal wieder ganz gut. Wenn alles hier zu perfekt wäre, wäre dies gefährlich."

Stichwort Genügsamkeit, Verwöhnfaktor. Die Spieler sollen auch wieder die harte Realität des Münchner Winters spüren nach der Landung am Mittwochabend. Alles perfekt? Mal wieder ein – schon traditionell – "bestes Trainingslager aller Zeiten", wie es Jupp Heynckes vor Jahresfrist tituliert hatte?

Für Sammer keineswegs. "Bis hierher können wir zufrieden sein. Wir sind aber nicht weiter, als dass wir sehr gute körperliche Grundlagen gelegt haben", betont der 45-Jährige. Die Doha-Woche "war nur ein ganz kleiner Anfangsschritt auf dem Weg Richtung Fürth". Gegen den Aufsteiger starten die Bayern in zehn Tagen in die Rückrunde.

"Es liegt noch ganz viel vor uns", sagt Sammer, "die Botschaft kann nicht sein: Es ist alles gut. Der Anfang ist gut, aber nicht mehr.” Bayerns neue Sucht nach Perfektion. Sammer ist es, der die unangenehmen Botschaften ausspricht, der nicht müde wird, zu warnen. Ein nimmermüder Kämpfer gegen Selbstzufriedenheit.

Die Meriten der Vorrunde? Höchstens eine Halbzeit-Führung auf dem Weg zu Titeln. Man sei in "einer Entwicklung". Denn: "Unser Maßstab ist europäische Spitze." Eben. Wo sammer denn? In der Hinrunde habe man "lange Zeit fast in Perfektion" agiert, aber wenn dann eben mal "zwei, drei Prozent fehlen, dürfen wir das nicht ignorieren. Da weisen wir eben immer wieder dezent darauf hin."

Sammer hat die Mannschaft angesteckt mit seiner Philosophie, immer mehr Spieler folgen seinen Gedanken. Bastian Schweinsteiger etwa fordert von seinen Mitspielern noch mehr Dominanz: "Unser Ziel muss es sein, jedes Spiel zu Null zu spielen." Das wäre ein Anfang – und ganz im Sinne von Torhüter Manuel Neuer.

Nebenbei wäre Ziel zwei erreicht: in der Rückrunde kein Spiel zu verlieren. "Man nimmt sich immer das Bestmögliche vor. Die Hinrunde zu toppen, wird schwer. Aber es ist nicht unmöglich." Im ersten Halbjahr 2012/13 verlor man lediglich in der Liga gegen Leverkusen und in der Champions League bei Bate Borissow.

In den intensiven Einheiten, teils mit Turniercharakter, war der "Hunger" (ein neues Lieblings-Schlüsselwort der Profis) zu sehen. Niederlagen soll es nur noch untereinander geben, im Training. Kapitän Philipp Lahm fordert, dass trotz des großen Kaders jeder "sein Ego hinten anstellen" möge.

Um weiter von Sammer zu lernen. Für die letzten paar Prozentpunkte auf dem Weg zum Triple – nur dann wäre die Saison wirklich perfekt.

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