Bayer(n) wird Meister! - Die beiden Teams im AZ-Check

MÜNCHEN - Der Rekordchampion strotzt nach dem geglückten Rückrundenauftakt vor Selbstvertrauen, doch Leverkusen lässt sich (noch) nicht beeindrucken. Bayer-Trainer Jupp Heynckes: „Das reißt mich nicht vom Hocker“
Zur Belohnung am Samstag frei? Für die 2:0-Sieger gegen Hoffenheim, für die Über-Nacht-Tabellenführer? Nein, Trainer Louis van Gaal hatte ein Auslaufen an der Säbener Straße angesetzt. Aber dann wenigstens am Sonntag – die Zeit ist noch lang bis zum Samstag, zur nächsten Partie bei Werder Bremen. Denkste. Nachdem die Bayern-Profis am Samstag im Schnee herumtollten und ihren Spaß hatten, war tags darauf Schuften angesagt. Konditionstraining mit Medizinbällen und Laufgurten. Als wäre Magath zurück in München.
Van Gaal wollte damit ausdrücken: Erst feiern, dann arbeiten! Denn 19 Stunden nach der Eroberung von Platz eins durch den souveränen Sieg gegen Hoffenheim hatte Leverkusen das Überholmanöver wieder wettgemacht. Mit einem 4:2 gegen Mainz. Schon waren die Bayern wieder zwei Punkte hinten. Da kann man sich kein lasches Arbeiten erlauben, zumal es den Anschein hat, dass Bayer Leverkusen dieses Mal auch in einer Rückrunde erfolgreichen Fußball spielen möchte. Der Garant dafür: Ex-Säbener-Helfer Jupp Heynckes.
Bayer oder Bayern – wer wird Meister 2010? Die AZ checkt, wie die beiden Mannschaften aus der Winterpause gekommen sind.
Das Spiel eins
Die Bayern gaben sich selbstbewusst. So tönte Stürmer Mario Gomez: „Wir werden nicht sehr viele Spiele verlieren, wenn wir so spielen. Das sind die richtigen Signale an die Konkurrenz." Doch Heynckes konterte trocken: „Das hat mich nicht vom Hocker gerissen. Der FC Bayern hat gegen eine dezimierte Hoffenheimer Mannschaft gespielt.“ Leverkusen geriet gegen Mainz in Rückstand, siegte danach aber überlegen. Beide erfüllten ihre Pflichtaufgaben.
Die Portion Übermut
Die kurzfristige Tabellenführung ließ die Bayern mutig werden. Sein FC Bayern habe „ein bisschen Angst verbreitet“, meinte van Gaal. Die Auswirkungen auf Leverkusen hielten sich in Grenzen. Im Gegenteil. „Wir lassen uns nicht beeinflussen. Wir wissen um unsere Stärke“´, sagte Heynckes, „meine Mannschaft ist selbstbewusst genug zu wissen, dass das, was wir bisher geleistet haben, großartig ist, und dass wir auch in der Lage sind, solch eine Hinrunde zu wiederholen.“ Nanu? Was ist denn da los? Auch Sportdirektor Rudi Völler tönte: „Wenn Bayern ein Heimspiel gewinnt, wird’s keinen Verein geben, der davon beeindruckt wird. Weil das ja relativ normal ist.“ Dem hatte Christian Nerlinger am Sonntag im „DSF“ nur entgegenzuhalten, dass er die „Abteilung erfolgreich“ sein möchte. Manager Uli Hoeneß war gestern, Abteilung Attacke ist ad acta.
Die Hoffnungsträger
Leverkusen hat noch kein Saisonspiel verloren, am Samstag wurden die Langzeitverletzten Rolfes und Helmes nur eingewechselt. Das Team ist eingespielt, im Mittelfeld glänzt Bayerns Leihgabe Toni Kroos, der ligaweit die meisten Torvorlagen lieferte und auch gegen Mainz selbst traf (siehe nächste Seite). Beim Rekordmeister freut man sich auf die Rückkehr von Franck Ribéry, der am Sonntag munter mittrainierte. „Ich bin hundertprozentig überzeugt, dass wir ihn in Bremen auf dem Platz sehen werden“, sagte Nerlinger. Doch van Gaal warnt: „Ich muss Ribéry mitten im Spielbetrieb integrieren. Das ist schwierig.“ Vor allem: Wen nimmt er raus? Müller?
Die Sorgen
So sehr sich alle Freude, die erneute Integration von Franck Ribéry in die Erfolgself dürfte ebenso wie die für März beginnenden Gespräche über eine Vertragsverlängerung (endet 2011) erhöhtes Reibungspotenzial haben. Und Bayer? Die Geschichte – niemals Meister – und die chronisch schwache Rückrundenbilanz drücken auf die Psyche. Doch Heynckes stemmt sich dagegen: „Ich weiß aus Gesprächen, dass die Bayern großen Respekt vor uns haben.“ Der Zweikampf hat begonnen. Noch 16 Runden.
Patrick Strasser