Kommentar

Fahnenträgerin Pechstein: Mehr als nur Sport

Der Sportchef der AZ, Matthias Kerber, über Claudia Pechstein als Fahnenträgerin.
Matthias Kerber
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Nein, ein Fähnlein im Wind war Claudia Pechstein in ihrer Karriere und in ihrem Leben sicher nie. Und man muss sie auch nicht mögen. Sie macht es einem sogar eher schwer, sie zu mögen. Wann immer sie sich zu Unrecht angegriffen fühlt - und das fühlt sie sich gerne, schnell und oft - keilt sie mit der großen Keule zurück.

Die Doping-Sperre hängt Pechstein noch immer nach

Bei ihrer Vorgeschichte ist das kein Wunder. Lang, länger, am längsten hat sie gegen die Doping-Sperre angekämpft, die ihren Start bei den Spielen 2010 in Vancouver verhindert hat. Sie hat dagegen angekämpft, als jeder andere längst resigniert aufgegeben hätte. Sie ist vor alle denkbaren Gerichte gezogen, bis hin zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, um ihren Ruf - der Befund könnte auf einer vererbten Blutanomalie beruhen - wiederherzustellen. Gewonnen hat sie nicht, Zweifel werden immer bleiben. Man kann ihr glauben, man muss es aber nicht. Es ist fast eine Glaubensfrage, die ähnlich polarisiert wie die Impfdebatte.

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Unstrittig ist, dass Pechstein es sportlich mehr als verdient hat, das deutsche Team bei der Eröffnungsfeier als Fahnenträgerin anzuführen. Gäbe es die Diskussion um die Person Pechstein und die Sperre nicht, könnte es definitiv nur eine geben, die 30 Jahre (!) nach ihrem Olympia-Debüt in Albertville nun die "Schwarz-Rot-Goldene" ins Stadion tragen kann und darf. Die am 22. Februar dann 50-Jährige ist Rekord-Olympionikin, zudem - mit fünf Goldenen, zwei Silbernen, zwei Bronzenen dekoriert - Deutschlands erfolgreichste Winter-Olympionikin. Chapeau! Mehr kann man da nicht sagen.

Pechstein sei gratuliert - jedoch nur der Sportlerin

Aber das Amt des Fahnenträgers umfasst eben mehr als nur die sportliche Leistung. Auch, wenn es vielleicht eine naive, romantisierte Vorstellung ist: Man soll sein Land repräsentieren, den olympischen Gedanken, das olympische Ideal im Herzen tragen - und auch vorleben. Wer gesehen hat, wie Pechstein und ihr Lebensgefährte, der jetzige Präsident der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft Matthias Große, im Verband gegen vermeintliche Gegner angekämpft haben, weiß, wie hart die Bandagen sind, die da ausgepackt wurden.

Claudia Pechstein sei gratuliert zu der Ehre, die Fahne tragen zu dürfen. Aber nur der Sportlerin Pechstein.

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2 Kommentare
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  • Schubri am 05.02.2022 07:20 Uhr / Bewertung:

    Mitfahren zu Olympia, ja. Fahnenträgerin, nein.
    Da darf kein Dopingvorwurf im Raum stehen.

  • Sachsenlöwe am 04.02.2022 10:00 Uhr / Bewertung:

    Widerspruch! Ihr sei auch als Mensch und Persönlichkeit gratuliert. Denn Sie steht wie kaum eine andere für den kämpferischen Frauen- und Sportlerinnentyp. Den, der sich nichts gefallen läßt, der nicht vor Funktionären kuscht und für seine Rechte streitet. Und wer könnte den Olympischen Gedanken wohl besser repräsentieren, als eine, die sich mit 48, 49 Jahren noch den Trainingsstress antut, nur um bei Olympia dabei zu sein, ohne jegliche Aussichten auf Medaillen.

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