Ex-Hockey-Nationalspieler Moritz Fürste: "Kurz war ich ein Star"
München - Der ehemalige Hockeynationalspieler Moritz Fürste gewann 2008 und 2012 mit Deutschland Olympia-Gold. Vor kurzem veröffentlichte er ein Buch mit dem Titel "Nebenbei Weltklasse" – wir haben mit ihm gesprochen.
AZ: Herr Fürste, sind Sie ein Weltstar?
MORITZ FÜRSTE: Nein, wieso? Sie schreiben in Ihrem Buch: Wären Sie Fußballer, stünden Sie mit Neymar, Messi und Ronaldo auf einer Stufe. Es ist rein aufs Sportliche bezogen, nicht wertend. Hätte ich meine Erfolge im Fußball gefeiert, dann wäre ich ein Weltstar.
Ähnlich wie Ronaldo und Neymar gelten Sie in der Öffentlichkeit als Egoist. Sind Sie denn einer?
Ich habe das noch nie zuvor in meiner Karriere gehört oder gelesen, zum allerersten Mal in diesem Artikel (in diesem Zeitungsartikel etikettiert eine anonyme Quelle Fürste als Egoisten. Fürste vermutet dahinter den deutschen Hockey-Verband; Anm. Red.) – und ich bin 33. Schon früher als Mannschaftsführer habe ich versucht, den Jungs im Verein einen Job zu vermitteln.
Fürste pflegt enge Kontakte zu andern Sportlern
Sie polarisieren durchaus...
Ich sage meine Meinung, stelle meine persönlichen Erfolge aber nicht über Mannschaftserfolge. Letzten Endes habe ich nur meine Enttäuschung über die Nicht-Nominierung geäußert (Fürste wurde nicht für die heimische Hallen-Hockey-WM in diesem Jahr nominiert; Anm. d. Red.). Dass von der Verbandsseite dann so eine Reaktion kam, finde ich sehr schade.
Gerade als "Ewiger Held" des Hockeys kam die Nicht-Nominierung überraschend. Amtlichen Charakter bekam dieser Ruf durch die Teilnahme an der TV-Show "Ewige Helden”. Warum machten Sie da mit?
Primär wegen des tollen Formats. Darüber hinaus war es aber auch die Möglichkeit des sportlichen Wettkampfs.
Und die Möglichkeit, Ihre Popularität zu steigern?
Das war mit ein Grund, na klar. Und ich hoffe, dass das geklappt hat. Aber das stand nicht im Fokus. Es war eine tolle Erfahrung, und ich habe sieben tolle Sportler kennengelernt.
Unter anderem den Handballstar Pascal Hens. Sind Freundschaften entstanden?
Ja, sehr, sehr intensive sogar. Mit allen habe ich eigentlich noch Kontakt. Mit Hilde Gerg, Pascal Hens und Jennifer Oeser fahre ich jetzt zusammen mit unseren Familien in Urlaub.
Apropos Verreisen: Sie spielten und lebten vier Jahre in Indien. Sportlicher Ehrgeiz oder Abenteuerlust?
Ganz klar Abenteuerlust. Ich fand die Sache spektakulär, sie hat mich total gereizt. Darüber hinaus war es eine unglaubliche Möglichkeit, Geld zu verdienen.
Verdient man in Deutschland etwa so wenig?
In Indien geht die Saison nur zwei Monate, und in dieser Zeit habe ich mehr als das Zehnfache verdient! Es war spektakulär, allein vom Finanziellen.
In Indien "herrschen ganz andere Voraussetzungen"
Was haben Sie denn in Indien verdient?
In der ersten Saison waren es um die 80.000 Dollar, in der zweiten dann um die 75.000 Dollar. Also eine sehr erhebliche Summe. Wenn in Indien solche Gehälter gezahlt werden, dann muss ja auch Ihr Standing entsprechend gewesen sein.
Waren Sie denn in Indien ein Star?
Ja, für einen kurzen Moment war ich ein Star. In Indien waren 20.000 Zuschauer bei jedem Spiel im Stadion, das dazu live ausgestrahlt wurde. Die Spiele finden zur Primetime um 20 Uhr statt. Es herrschen ganz andere Voraussetzungen.
Danach ging es zurück nach Deutschland – und somit wieder zurück in das eher schlecht bezahlte deutsche Hockey.
Man kann in der Karriere mit dem Geld klar kommen: das ist schaffbar. Aber man muss auch wissen, dass es nicht für danach reicht. Ich habe studiert, den Bachelor und Master gemacht. Und dass ich den Sport nebenbei noch machen kann, ist mir sehr wichtig. Die Prioritäten haben sich aber verschoben. Ich habe inzwischen zwei Töchter, bin verheiratet.
Und was tun Sie beruflich, wenn Sie kein Hockey spielen?
Ich habe mich selbstständig gemacht und die Firma "absolute sports" gegründet. Wir kümmern uns um Events, auch um Sponsoring. Und darüber hinaus vermarkten wir Sportverbände und -vereine.
"Wir haben eine totale Monosportkultur"
Full-Time-Job, Weltklasse im Hockey – quasi "Nebenbei Weltklasse". So lautet auch der Titel Ihres Buches. Darin schreiben Sie, dass der Fußball medial alles einnehme. Kann man dem entgegenwirken?
Ja. Es geht nicht so sehr darum, den Fußball zu kritisieren. Man muss die Potenziale der anderen Sportarten herausfinden. Das würde dazu führen, dass die Übermacht des Fußballs nicht mehr ganz so hoch wäre.
Darts und Football zeigen, dass trotzdem ein Hype entstehen kann. Wieso packt das die Sportart Hockey nicht?
Ich möchte meine Gedanken vom Hockey lösen. Es geht in meinem Buch um alle Randsportarten. Wir haben eine totale Monosportkultur. Ähnlich wie ein Buch schreibt auch das Leben mehrere Kapitel. Diese kann man sich aber leider nicht immer aussuchen.
Ein sehr trauriges ereignete sich bei Ihnen 1994, als Ihr Vater ums Leben kam.
Dadurch habe ich einen ganz anderen Bezug zu meiner Mutter und zu meinem Bruder aufgebaut. Das war alles nicht einfach – aber ich glaube, wir haben das ganz gut hinbekommen und uns durchgekämpft. Der Vorfall war natürlich ein unglaublicher Schock. Das Leben geht aber weiter. Ich sage mir heute immer wieder: Moritz, dich kann nicht mehr allzu viel aus den Socken hauen.
"Spektakulär", "toll", "traurig" – Adjektive Ihres Lebens. Welche drei beschreiben den Sportler und welchen den Menschen Moritz Fürste am besten?
Oh, das finde ich schwierig. Ich würde sagen, der Sportler ist auf jeden Fall ehrgeizig, zielstrebig und extrovertiert. Der Mensch ist selbstbewusst, ebenfalls zielstrebig und emotional. Alles, was mit meiner Familie zu tun hat, meinen Kindern, da bin ich doch sehr, sehr emotional.
Das sind die meisten Papas.
(Schmunzelt) Ja, das stimmt.
- Themen: