"Es macht Höllenspaß!"

Tommy Haas gibt nach 15 Monaten in Paris sein Comeback gegen Marsel Ilhan und spielt auch Doppel: mit Philipp Petzschner.
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AZ: Herr Haas, wie fit sind Sie?

TOMMY HAAS: Im Großen und Ganzen geht es mir gut, bis auf den Körper, der es mir bislang nicht erlaubt hat, auf der Tour zu spielen. Ich bin noch nicht ganz da, wo ich sein möchte.

Zum Einstieg wagen Sie sich gleich nach Roland Garros...

Das ist vielleicht nicht der beste Einstieg: schwerer Sand, drei Gewinnsätze – wenn du da gegen so einen Sandplatzwühler kommst und ein paar Stunden spielen musst...

Wie sind Ihre Erwartungen?

Nicht hoch. Ich muss rausgehen und schauen, wie ich mich fühle, wenn ich ein Match spiele, bei dem es um etwas geht. Das habe ich lange nicht gemacht, das kann man nicht trainieren. Ich brauche das Gefühl zu sehen, ob das etwas anregt in mir, um auch zu sehen: Wie mache ich weiter?

Wie sieht Ihr Plan aus?

Ich würde gern ein paar Matches spielen, bevor die Rasensaison anfängt. Da sehe ich mehr Chancen. Aber die ersten Matches werden hammerhart. Da ist man nur froh, wenn man heil vom Platz kommt. Man ist ein bisschen rostig, fragt sich so viele Fragen bei jedem Punkt, macht sich verrückt. Aber irgendwann muss ich halt anfangen.

Wie stark beeinträchtigen Sie die Verletzungen noch?

Es gibt Tage, da muss ich noch Übungen mache, bevor ich ins Bett gehe. Ich suche noch einen Physiotherapeuten, der immer an meiner Seite ist. Den brauche ich mittlerweile, um eine Chance zu haben noch mal anzugreifen.

Ist die Hüfte das Problem?

Ja, die wurde vor 14 Monaten operiert. Da kompensiere ich viel mit dem Knie. Das Timing, im richtigen Moment am Ball zu sein, das viele Stunden lang und am nächsten Tag wieder, da fehlt’s noch.

Wie geht’s der Schulter?

Alles über der Hüfte ist okay. Dass ich nach drei Schulteroperationen noch Tennis spiele, ist eh ein kleines Wunder. Aber selbst wenn es ein paar Tage gut läuft, kann es sein, dass wieder irgendein Muskel zu macht. Das ist auf Dauer auch mental nicht einfach. Aber man will es nicht wahrhaben. Ich will auch nicht einfach noch ein paar Turniere spielen und dann aufhören, sondern mit meiner besten Leistung rausgehen. Ich habe keinen Zeitdruck. Ob ich noch ein oder zwei Monate draußen bin, ist auch schon wurscht. Aber ich bin heiß! Ich will spielen!

Ärzte können Sie nach der ganzen Malaise sicher nicht mehr sehen. Bei wem sind Sie in München in Behandlung?

Bei Dr. Rembeck. Er betreut auch das Davis-Cup-Team. Aber die Ärzte können auch nicht viel machen, wenn die Struktur nicht stimmt, wenn man da vor fünf, zehn Jahren nicht aufgepasst hat, wie das bei mir ab und zu der Fall war.

Wird man nervös, wenn es ständig woanders zwickt?

Es ist verdammt hart für den Kopf. Man denkt natürlich auch an die Zukunft. Wenn ich Andre Agassi sehe, der Probleme mit Rücken und Hüfte hat oder Boris Becker, der sich operieren lassen musste... Man will ja mit 40, 50 auch noch just for fun spielen, Golfen gehen, nicht abhängen wie ein alter Hund, Tabletten nehmen, um aus dem Bett zu kommen. Da muss man überlegen: Ist es das wert?

Und? Ist es das wert?

Ich kann mich nicht beschweren: Ich habe in 15 Jahren fast alles erreicht, was ich als kleiner Junge erreichen wollte. Ich kenne viele, die mit 22 aufhören musste, weil das Knie kaputt war – die gehen ganz andere Wege. Da ich finanziell die Möglichkeit habe, zu machen, worauf ich Lust habe, zögere ich das noch mal raus. Nächstes Jahr bin ich auch erst 34. Wenn es dann nicht mehr langt, kann ich zurückblicken und sagen: Ich hab’s noch mal probiert, hatte aber auch eine tolle Karriere. Ich will selber sagen, wann es vorbei ist.

Warum schafft es kein Deutscher mehr in die Top Ten?

Das zeigt, wie hart es ist. Wir waren mit Boris und Steffi Graf verwöhnt. Viele haben die Ergebnisse von mir, Kiefer oder Schüttler nicht wirklich anerkannt. Kiefer war mal vier in der Welt, Schüttler fünf. Wo sind die anderen heute?

Weit weg. Woran liegt’s?

Wenn du Talent hast und den Willen nicht... Philipp Kohlschreiber und Philipp Petzschner haben das Potenzial für die Top 20. Warum sind sie noch nicht da? Das müssen sie sich selbst beantworten. Wenn du dir es nicht selber beweisen willst: wem dann? Du willst ja mal zurückblicken: Was war mein höchstes Ranking? Das sind ja Sachen, die man sich einrahmt.

Machen Sie das?

Ich sammele alle Akkreditierungen der letzten 15 Jahre. Die liegen in einer Kiste, da werde ich mir irgendwann ein schönes Zimmerchen machen mit meinen Erinnerungen.

Mit Ehefrau Sara und Töchterchen Valentina waren Sie ein paar Wochen in München. Wie war’s daheim?

Ich habe bei Iphitos und Sport Scheck trainiert, mich Freude, mal wieder die Wurzeln zu sehen, meine Familie zu sehen. Meine ältere Schwester hat ja auch drei Kinder. Aber das habe ich vier Wochen gemacht, jetzt kann’s wieder weitergehen. Ansonsten komme ich manchmal zur Wiesn rüber.

Ihre Tochter ist jetzt ein halbes Jahr alt. Wie gut sind Sie im Windelnwechseln?

Top! Man gewöhnt sich ja an alles. Am Anfang war ich schon nervös. Früher hatte ich es nicht so mit Babys. Wenn mir einer so ein sechswöchiges Baby gegeben hat, bin ich zum „Mister Freeze” geworden: keine Ahnung, was ich tun soll. Aber jetzt ist das mit das Beste, was es gibt auf der Welt, es macht Höllenspaß

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