Red Bull rettet den EHC
MÜNCHEN Der Patient schien unheilbar, das Ende schien nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Doch jetzt ist Eishockey-Erstligist EHC München in letzter Sekunde aus der Kiste gesprungen und hat den Finanz-Exitus abgewendet. Gerettet von einem Produkt, das nicht nur Flügel verleihen soll, sondern in diesem speziellen Fall sogar Scheintote wieder zum Leben erweckt: Red Bull.
Der Hersteller des Energy-Drinks ist nun Haupt- und Namenssponsor beim EHC. Durch die Wiederauferstehung des EHC ist die fünfte Pleite im Münchner Eishockey - nach dem FC Bayern (1970), dem EHC München 70 (1982), den Maddogs (1994) und den München Barons (2002) – abgewendet.
Die AZ erklärt die wichtigsten Punkte des Deals für den EHC, der in Zukunft EHC Red Bull München heißen wird:
Die Entstehung: Erste Kontakte zu Red Bull gab es vor Monaten. Als im April klar war, dass der EHC Geschichte ist, wenn nicht ein Großsponsor einsteigt, versuchte der EHC die Stadt davon zu überzeugen, in einer überfraktionellen Empfehlung, die Stadtwerke zu einem Namenssponsoring zu bewegen. Dies scheiterte am Veto der SPD. Gleichzeitig wurden die Kontakte zu Red Bull intensiviert. „Zu viele Firmen, die das stemmen können, gab es nicht”, sagt Operations-Manager Claus Gröbner. Nach AZ-Informationen kam es vergangene Woche zum Elefantentreffen zwischen EHC-Gesellschafter Michael Phillips, der Alleininhaber der DEL-Lizenz ist, und Red-Bull-Boss Didi Mateschitz. Am Samstag folgten die Vertragsunterschriften.
Der Inhalt: Der Kontrakt läuft vorerst nur für ein Jahr, Red Bull hat klare Vorgaben erteilt. „Wir müssen die Einnahmen steigern und auch die Kostenseite angehen”, sagt Gröbner. Der EHC hatte seit dem Aufstieg in die DEL vor zwei Jahren mehrere Millionen Verlust gemacht. Neben Waldemar Jantz steigt auch Jürgen Bochanski als Gesellschafter beim EHC aus. Phillips übernimmt deren Anteile und ist nun Alleingesellschafter. Auch seinen Geschäftsführer-Posten gibt Bochanski ab, er ist ab sofort Ehren-Präsident. Neue Geschäftsführer sind Gröbner und Sportmanager Christian Winkler.
Der neue Hauptsponsor: Mit einem Marktanteil von etwa 70 Prozent ist Red Bull Branchenführer bei den Energydrinks, im Jahre 2011 machte man einen Umsatz von 4,63 Milliarden Euro. Der Markenwert der Firma wird auf 12 Milliarden Dollar geschätzt, laut einer US-Studie liegt Red Bull auf Platz 93 der wertvollsten Marken der Welt. Seit jeher ist Red Bull im Sportsponsoring aktiv. Seit 1995 engagiert sich der Konzern in der Formel 1, seit 2005 besitzt er das Red Bull Racing Team, mit dem Sebastian Vettel Doppel-Weltmeister wurde. Desweiteren sponsort das Unternehmen auch Fußballvereine, etwa Red Bull Salzburg, New York Red Bulls. „Die Leuchtkraft der Marke ist enorm”, sagt Nationalspieler Felix Petermann, der Sportmarketing studiert, „wir müssen uns jetzt Red-Bull-würdig erweisen."
Welche Rolle spielte Marcus Höfl, der Ehemann von Maria Höfl-Riesch? Höfl twitterte als erster die Meldung von der Rettung des EHC. Er war von 2006 bis 2009 für das Fußball-Management von Red Bull zuständig, er managt Franz Beckenbauer, der ein enger Vertrauter von Red-Bull-Boss Mateschitz ist. Maria und Susanne Riesch sind enge Freunde von EHC-Manager Winkler. Höfl war an den Verhandlungen nicht direkt beteiligt, er soll aber nach AZ-Informationen einige Türen geöffnet haben. „Die Schwestern Riesch und auch Herr Höfl sind Freunde des EHC. Falls Freunde des Hauses im Hintergrund Gespräche geführt haben sollten, hätten wir damit kein Problem. Wir wissen davon aber nichts”, sagte Gröbner.
Perspektive/Halle: Red Bull ist an einer langfristigen Kooperation interessiert, klar aber ist, dass deutliche Signale von der Stadt und des Olympiaparks kommen müssen. Vom Catering, über die Miete und das Biersponsoring muss alles auf den Prüfstand. Wenn die Signale kommen, ist der neue Sponsor sehr daran interessiert, dass die seit Jahren geforderte neue Multifunktionshalle gebaut wird. „Wenn wir Red Bull davon überzeugen, dass wir ein langfristiges Engagement rechtfertigen – und davon bin ich überzeugt –, hätte die Stadt die geforderte Planungssicherheit bezüglich des Hallenneubaus”, sagte Gröbner, „dann könnte München nicht nur ein guter Eishockeystandort werden, sondern sogar ein perfekter.”