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EHC-Neuzugang Smith im AZ-Interview: "Meine schwerste Entscheidung"

Ben Smith ist der Königstransfer des EHC. Der bisherige Kapitän der Mannheim Adler spricht exklusiv in der AZ über den Wechsel.
Matthias Kerber
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Neuzugang Ben Smith vom EHC Red Bull
Neuzugang Ben Smith vom EHC Red Bull © City-Press/ho

München - Der Stürmer Ben Smith (32) wechselt als Kapitän der Mannheim Adler zur kommenden Saison zum Erzrivalen EHC Red Bull München.

AZ: Herr Smith, wo erreichen wir Sie gerade?
BEN SMITH: Ich bin mit meiner Familie gerade zurück nach Hause nach Boston geflogen, eine ganz eigene Erfahrung, meine Frau hat ja erst vor gut sieben Wochen unsere Tochter zur Welt gebracht. Das ist schon ein anderer Aufwand, nun mit seinem Kind zu reisen, aber ich liebe es. Ich liebe jede Sekunde meines neuen Lebens als Familienvater. Ja, und dann heißt es in einigen Wochen auf ins neue Leben, nach München.

Zum EHC Red Bull München. Ihr Wechsel hat in der Liga hohe Wellen geschlagen, es kommt nicht alle Tage vor, dass der Kapitän des einen Titelfavoriten zum Erzrivalen wechselt.
Es kommt auch für mich nicht alle Tage vor (lacht). Aber Spaß beiseite, ich habe mir diesen Schritt nicht leicht gemacht, es war die vielleicht schwerste Entscheidung meiner Karriere, denn es ist nicht einfach, das, was in Mannheim entstanden ist, hinter sich zu lassen. Wir haben als Familie lange darüber beraten, was der richtige Schritt ist. Wir wollten nochmal in einer großen internationalen Stadt in Deutschland leben, ich wollte noch einmal eine neue Herausforderung. Ich bin an einem Punkt in meiner Karriere, da werde ich nicht mehr so viele Chancen und neue Herausforderungen finden. Daher war es eine schwere Entscheidung, aber die richtige. Meine Frau kann in München nach ihrer Elternzeit auch gut einen neuen Job finden. All das spielt in diese Entscheidung mit rein. Ist das einfach? Nein. Aber Wechsel gehören nun mal zu diesem Geschäft dazu.

"Es ist ja kein Geheimnis, dass es zwischen Mannheim und München schon etwas böses Blut gab"

Wie sehr gehen Sie vor so einer Entscheidung in die Recherche über den neuen Verein?
Sehr intensiv, viel intensiver als ich es bei meinem Wechsel 2018 nach Europa getan habe, ich habe viele ehemalige Münchner Spieler angerufen, ich habe mich oft mit meinem alten Teamkollegen Zach Redmond ausgetauscht, der jetzt bei den Red Bulls spielt. Mir war klar, wenn ich wirklich zum Erzrivalen wechseln will, dann muss dort alles stimmen. Es ist ja kein Geheimnis, dass es zwischen Mannheim und München schon etwas böses Blut gab. Es ist zwar vor meiner Zeit bei den Adlern passiert, aber der harte Check im Halbfinale 2018 von Steve Pinizzotto gegen Matthias Plachta, davon wird in Mannheim immer noch geredet. Es wird kommende Saison definitiv ein sehr komisches Gefühl sein, plötzlich im Münchner Trikot gegen Mannheim zu spielen - und es werden ganz sicher die Spiele, für die ich mich am allerleichtesten motivieren werde.

Wie haben Sie als Gegner das Münchner Team erlebt?
Sie spielen sehr diszipliniert in ihrem System. Ich weiß genau, wie schwer München zu schlagen ist. Bei den Red Bulls existiert das Wort Aufgeben nicht. Egal, wie es steht, wie weit sie hinten liegen, sie fighten weiter und weiter und weiter.

"In den Red Bulls existiert das Wort Aufgeben nicht", sagt Smith (l.), hier gegen Voakes, der von Mannheim nach München wechselt.
"In den Red Bulls existiert das Wort Aufgeben nicht", sagt Smith (l.), hier gegen Voakes, der von Mannheim nach München wechselt. © City-Press/ho

Sie gelten als der Führungsspieler schlechthin. Ist das eine Eigenschaft, die angeboren ist oder die man erlernen kann?
Man kann sehr viel erlernen. Ich bin ja nicht als Jungspund aufs Eis und war ein Führungsspieler. Ich hatte das Glück, dass ich mit vielen tollen Spielern zusammengespielt habe - und ich von ihnen lernen konnte. Jetzt gebe ich das Wissen, die Erfahrung weiter. Ich bin keiner, der dauernd rumschreit und in der Kabine eine Show abzieht, ich bin einer, der durch Handlungen und Taten ein Vorbild sein will, nicht so sehr durch Worte. Aber letztlich bin ich einfach ich selber. Ich hatte das große Glück, in einem wunderbaren Elternhaus aufzuwachsen, mit drei Brüdern. Da ist man fast von Geburt an Teamspieler. Man lernt, mit Würde zu verlieren - und was mindestens so wichtig ist: Man lernt, mit Anstand zu gewinnen. Meine Eltern haben mir beigebracht, in den Menschen erst einmal das Gute zu sehen und nicht das Schlechteste zu erwarten. Sie haben mir vorgelebt, dass man seine Träume verfolgen und seinem Herzen folgen soll. Sie sind beide Musiker und haben ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht, genau wie mein Bruder, er ist ein großartiger Oboe-Spieler.

Spielen Sie auch selber ein Instrument?
Nein, nicht mehr. Ich habe Gitarre gespielt, aber diverse Fingerverletzungen, die beim Eishockey eben passieren, haben dazu geführt, dass die Finger leider nicht mehr so können, wie sie sollten (lacht).

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Sie sprachen Träume an: Das erste Spiel in der NHL war sicher die Erfüllung eines Kindheitstraumes.
Absolut. Es war unglaublich, es hat ja bei mir gar nicht so lange gedauert, bis es wirklich in Erfüllung ging, man fühlte sich ein bisschen wie der König der Welt. Aber es hat auch nicht lange in meiner Rookie-Saison gedauert, bis ich wieder ins Zweitteam kam. Da ist man wie ein geprügelter Hund, der sich mit dem Schwanz zwischen den Beinen trollen muss. Das war eine sehr heilsame Erfahrung, man bekommt eine Nachhilfestunde in Demut und man lernt, dass man noch härter kämpfen muss, damit man das Hoch der Gefühle wieder erleben kann - und darf.

Und dann holen Sie 2013 mit Chicago den Stanley Cup. . .
Ja, aber ich habe nicht wirklich viel dazu beigetragen, dass dieser Traum in Erfüllung geht, ich habe schließlich nur ein Spiel in den Playoffs bestritten.

"Wenn man andere Länder bereist und kennenlernt, verändert sich der Blick"

Trotzdem ist Ihr Name nun auf der Trophäe eingraviert.
Ja, irgendwie hat es auch mein Name draufgeschafft (lacht).

Sie sind wieder zurück in den USA, merkt man, dass in dem Land, das zuletzt durch die Trump-Präsidentschaft so unglaublich gespalten wurde, ein Wandel einsetzt?
Ich war das letzte Mal vor neun Monaten in den USA, neun Monate, in denen sich sehr viel getan hat - in meinen Augen zum Guten, aber mir ist klar, dass viele Leute in den USA mit dieser Einschätzung nicht übereinstimmen werden.

75 Millionen Trump-Wähler.
Ich würde es so sagen: Wenn man andere Länder bereist und kennenlernt, verändert sich der Blick, der Horizont, dann versteht man, dass die USA eben nicht das einzige Land auf der Welt ist, dass es fast zweihundert andere Nationen gibt. Je weiter, je breiter der Blick ist, umso mehr sieht man.

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