„Der Titel geht nur über München“
Kammerer, Tölzer Eishockey-Urgestein, trainiert jetzt Schwenningen. Im Schwarzwald vermisst der gelernte Braumeister das Wiesn-Bier. Am Freitag, nach dem Spiel gegen den EHC, würde er sich gern eines gönnen.
AZ: Herr Kammerer, mit den Tölzern haben Sie in der vergangenen Saison den EHC schön ärgern können: drei Siege in vier Spielen. Jetzt trainieren Sie die Schwenninger, mit denen Sie am Freitag die Wiesn-Stimmung der Münchner verhageln wollen.
AXEL KAMMERER: Ja, mei, das Spiel ist eine echte Herausforderung für uns. Mir persönlich kommt die Partie zu früh für meine Mannschaft. Wir haben 15 neue Spieler, der EHC ist dagegen auf allen Schlüsselpositionen unverändert. Das merkt man ihnen auch an, sie sind unglaublich kompakt und ausgeglichen. Das wird verdammt schwer für uns. Für mich gehören die Münchner zu den ganz großen Favoriten auf den Titel in dieser Saison. Oder um es noch deutlicher zu sagen: Die Meisterschaft kann eigentlich nur über München führen.
Schön tiefgestapelt. Es ist ja nicht so, dass Schwenningen nicht auch investiert hätte. Und Ihre Vorgabe wird sicher nicht lauten, den Abstieg zu verhindern.
Schwenningen ist eine Region mit einer großen Eishockey-Tradition, und die Erwartungen sind hier auch traditionell sehr hoch, das stimmt. Die vergangene Saison war eine Riesenenttäuschung. Meine erste Vorgabe ist es, hier wieder die alte Begeisterung zu entfachen, denn – da muss man nicht drumherum reden – nach der verkorksten Saison herrscht schon eine gewisse Niedergeschlagenheit. Die wollen wir aus unserem tollen neuen Stadion verbannen. Und dann wollen wir sicher irgendwann zu Mannschaften wie München, wie Bietigheim, wie Ravensburg aufschließen. Die sind uns einfach noch ein gutes Eck voraus. Wie lange es dauert, bis wir da dran sind, kann ich nicht sagen. Ich bin Trainer, kein Hellseher.
Sie hätten ja auch gerne den einen oder anderen Spieler des EHC nach München gelotst, etwa David Wrigley.
Was soll ich jetzt dazu sagen? Ja, der EHC hat interessante Spieler, keine Frage. Aber mehr sage ich dazu nicht, wir haben jetzt eine Mannschaft, der wir das Vertrauen geschenkt haben. Und der EHC hat seine Mannschaft, der er sein Vertrauen geschenkt hat. Aber man muss sagen: Kompliment, dass sie es geschafft haben, dass keiner der Schlüsselspieler gewechselt ist. Das ist ungewöhnlich, gerade weil schon einige definitiv das Potenzial hätten, in der DEL zu spielen. Aber wir werden den Münchnern einen heißen Kampf liefern. Wir haben eine Truppe, die kämpft, das hat mich schon fast an Tölzer Eishockey erinnert.
Apropos Tölz: Da schafften Sie zwar enorme sportliche Erfolge, doch der Verein wurde dann wegen des dubiosen Finanzgebarens von den Playoffs ausgeschlossen.
Da brach mir echt das Herz, das war die größte Enttäuschung, die ich im Sport je erleben musste. Aber ich will da gar nicht zu viel drüber reden, ich bin jetzt im Schwarzwald bei Schwenningen.
Und wie geht’s so nach der Landesflucht aus der bayerischen Heimat?
Ich sag’ mal so, unsere Mannschaft ist bayerischer als so manches Team, das seinen Standort in Bayern hat. Aber wenn ich an die Wiesn denke, da muss ich schon zugeben, dass es mir als altem Braumeister schon weh tut, dass ich da nicht sein kann. Denn so eine frische Wiesn-Maß ist schon ein echter Klassiker, das ich unvergleichlich. Das geht mir in Schwenningen schon ab.
Vielleicht hat jemand ein Einsehen und bringt Ihnen eine Maß nach dem Spiel vorbei.
Das wär’s! Das wäre der perfekte Siegerlohn.
Oder der Trostpreis.
München ist der Favorit, aber meine Bilanz gegen den EHC ist nicht so schlecht.
Interview: Matthias Kerber
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