Das Ende der Qual

Serena Williams gewinnt im Finale der Tennis-WM gegen ihre Schwester Venus, räumt 1,5 Millionen Euro Preisgeld ab– und ist in erster Linie froh, dass die Saison nun endlich beendet ist.
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Serena Williams
dpa Serena Williams

Serena Williams gewinnt im Finale der Tennis-WM gegen ihre Schwester Venus, räumt 1,5 Millionen Euro Preisgeld ab– und ist in erster Linie froh, dass die Saison nun endlich beendet ist.

DOHA Gerade hatte Serena Williams im Interviewsaal des „Khalifa Sports Complex“ den Sonderpokal für Platz 1 im Tennisjahr 2009 entgegengenommen, da brach kurz nach der schmucklosen Zeremonie das gute Stück auch schon auseinander. Schnell sammelte die bullige Amerikanerin die Einzelteile wieder ein und schraubte die Trophäe unter lautem Gelächter des Publikums wieder zusammen. „Muss ich denn alles selbst machen“, grinste Serena, die am Sonntag, dem letzten Arbeitstag des Jahres, ihre Handwerkskunst an allen Fronten unter Beweis gestellt hatte.

Vor ihrer Reparatureinlage hatte die 28-Jährige souverän den WM-Titel für sich reklamiert und im wenig ergiebigen „Sister Act“ ihre Schwester Venus mit 6:2 und 7:6 an einer erfolgreichen Titelverteidigung gehindert. „Ich war wahrscheinlich die Spielerin, die dieses Turnier am meisten gewinnen wollte“, sagte die Siegerin, die den Jackpot bei den Scheichs abräumte. 1,5 Millionen der 4,5 Millionen Dollar Preisgeld gingen an die jüngere der Schwestern, die sich nach fünf Siegen in fünf Matches nun als „Königin in der Wüste“ fühlen durfte.

Doch auch im finalen Duell waren die Probleme des krisengeschüttelten Masters-Turniers unübersehbar: Nach vier Absagen von WM-Spielerinnen im Verlauf des Wettbewerbs wirkte das Finale über weite Strecken wie ein Duell zwischen Not und Elend – die einst von ihrem Vater Richard als „Cinderellas aus dem Ghetto“ vermarkteten Amerikanerinnen traten beide mit dicken Bandagen an Oberschenkel beziehungsweise Knie an, sie spielten auch so, als könnten sie keinesfalls mit voller Kraft zuschlagen. „Ich kann keinen Tennisball mehr sehen“, sagte Serena danach, „ich bin einfach nur noch platt und ausgepumpt.“ Schon vor dem glanzlosen Sister Act hatte sie ihre Teilnahme am Fed-Cup-Finale zwischen den USA und Italien abgesagt, auch Venus wird wegen „Erschöpfung“ fehlen.

Eine strahlende, unumstrittene Nummer 1 ist die Kämpfernatur nicht. Auch bei der WM in der Wüste hing der Schatten des Disziplinarverfahrens des Weltverbandes über allem Wirken von Serena – trotz klarer Faktenlage sind die ängstlichen Funktionäre bisher noch zu keinem Urteil über den Black-Out der 28-Jährigen bei den US Open gekommen. Dort hatte Williams eine Linienrichterin mit schweren Beleidigungen überzogen („Bei Gott, ich schwöre Dir, dass ich einen dieser verdammten Tennisbälle in den Hals stopfe“), war praktisch disqualifiziert worden und hatte sich erst Tage später zu einer nicht gerade von Herzen kommenden Entschuldigung durchgerungen. Die ehemalige Weltranglisten-Erste Tracy Austin, die Williams für den Ausraster hart kritisiert hatte, wurde in Doha als TV-Frau von Williams mit kalter Ignoranz bestraft: „Ich war darauf vorbereitet“, sagte Austin, „sie ist halt so.“

Wahre Repräsentantinnen der Tennistour sind weder Serena noch Venus. Gerade weil sie sich über die Saison als erklärte Teilzeitarbeiterinnen längere Pausen gönnen, verfügen sie zum Ende des Jahres über mehr Power als die matt gespielte Konkurrenz. Bezeichnend, aber wahr: Vor dem Masters-Sieg hatte Serena noch keinen Titel im Alltagsgeschäft des Wanderzirkus geholt. Sie gewann auf den großen Grand-Slam-Bühnen von Melbourne und Wimbledon, die beide aber nicht unter der Patronage der WTA stehen. „Im nächsten Jahr wird das WM-Turnier noch aufregender", sagte die neue WTA-Chefin Stacey Allaster. Nun ist die Hoffnung groß und zum Glück auch berechtigt, dass Kim Clijsters, Justine Henin und Maria Scharapowa im nächsten Jahr den Wanderzirkus beleben werden. Nötig hat er es.

Jörg Allmeroth

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