"Chaot" Collin nach Sperre zurück

Wie geht ein Profisportler mit einem Berufsverbot um? Diese Frage musste sich Philipp Collin stellen. Der Volleyball-Nationalspieler war selbst verschuldet ein Jahr gesperrt. Die Strafe läuft aus.
von  dpa
"Philipp ist ein besonderer Typ, er ist nicht der einfachste", sagt Bundestainer Vital Heynen über Philipp Collin.
"Philipp ist ein besonderer Typ, er ist nicht der einfachste", sagt Bundestainer Vital Heynen über Philipp Collin. © dpa

Berlin - In seiner ganzen Verzweiflung versuchte Philipp Collin sogar bei einem Volleyball-Verein im Libanon anzuheuern. Wegen Verstoßes gegen die Anti-Doping-Regeln war der Nationalspieler für ein Jahr gesperrt worden.

Weder Spiele noch Übungseinheiten auf Profi-Niveau waren ihm erlaubt. Im Grunde kam die Strafe für den heute 24-Jährigen einem Berufsverbot gleich. Das Engagement im Libanon, der nicht Mitglied des Weltverbands ist, zerschlug sich.

An diesem Donnerstag läuft die vom Anti-Doping-Ausschuss des Deutschen Volleyball-Verbandes (DVV) gegen Collin verhängte Strafe aus. Dann kehrt er auch wieder zur Nationalmannschaft zurück.

"Wir alle sind dazu bereit, ihn aufzufangen", sagte Bundestrainer Vital Heynen vor dem Auftakt der EM-Vorbereitung am 22. August in Kienbaum nahe Berlin.

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Der Belgier hatte Collin Ende 2012 ins Nationalteam berufen. Er kennt seine Eigenheiten. "Philipp ist ein besonderer Typ, er ist nicht der einfachste", beschrieb ihn Heynen. Während der Sperre, nachdem Collin innerhalb von 18 Monaten dreimal die vorgeschriebene Meldepflicht nicht erfüllt hatte, konnte er "zwei oder drei Mal" mit ihm reden. Mehr ging nicht. Collin ist nur schwer zu erreichen.

"Ich bin immer noch ein kleiner Chaot, aber ich habe mich entwickelt und versuche, die Sperre nicht als Rückschlag zu sehen", versicherte Collin dem "Volleyball Magazin" im Winter vergangenen Jahres. Um zumindest etwas in Schwung zu bleiben, hielt sich der gebürtige Neubrandenburger beim unterklassigen SV Warnemünde fit.

"Nicht spielen und trainieren zu dürfen, ist das Schlimmste", räumte er ein. Den historischen Gewinn von WM-Bronze der deutschen Volleyballer 2014 in Polen musste "Phipsi" zu Hause mitverfolgen.

Collin ist ein schlampiges Talent. Viele Jahre zockte er lieber nachts Computerspiele, anstatt professionell zu arbeiten. "Ich bin vom Training gekommen, wenn ich mal nicht geduscht hatte, war das auch nicht so schlimm, und dann direkt an den Rechner. Da habe ich bis morgens um acht oder neun gezockt", berichtete Collin einmal dem "Volleyball Magazin".

Erst Trainer Sven Dörendahl brachte ihn beim VC Dresden auf Kurs. Mit dem Wechsel zu Tours VB nach Frankreich, wo er einen Anschlussvertrag besitzt, schien Collins Weg in die Seriosität endgültig vorgezeichnet. Dann leistete er sich aber die fatalen Meldefehler.

"Ich bin auch für den Kampf gegen Doping. Aber ich finde es viel zu hart, wie die NADA vorgeht", klagte er. "Ich habe schließlich nicht gedopt, ich bin nur verpeilt." Fehltritte hat sich Collin bei Heynen nicht erlaubt. "Bei der Nationalmannschaft hat er nie etwas richtig verpasst, mal zu spät gekommen, das ja, sonst war da aber nichts", erzählte Heynen, der die NADA-Melderichtlinien für viel zu streng erachtet.

Die Sperre hat sich Collin aber ganz alleine eingehandelt. Zum Vorbereitungsauftakt auf die EM im Herbst in Bulgarien und Italien will Heynen den lange vermissten Spieler wieder integrieren. Und er muss seine Mannschaft auf Kurs halten. "Der Glaube an die Medaille könnte zu groß sein. Vielleicht ist die Mannschaft zu sehr von sich überzeugt", meinte Heynen. "Aber für diesen Fall habe ich ein komplettes Programm vorbereitet."

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