Buschmann: "Die Zukunft hängt extrem an Uli Hoeneß"

AZ: Herr Buschmann, wie haben Sie am Sonntag das 65:96 des FC Bayern in Bamberg als Kommentator erlebt?
Frank Buschmann: Wie alle habe ich mir die Augen gerieben, vor allem aufgrund der Körpersprache der Bayern. Die Verletzungsproblematik lässt sich nicht wegdiskutieren, ist mir aber zu kurz gegriffen. Das wirkte schon surreal. Eine Erklärung habe ich nicht. Aber eins darf man bei der ganzen Geschichte nicht vergessen.
Was denn?
Wir reden über einen Gegner, der den besten Basketball spielt, den ich je von einem deutschen Team gesehen habe. Bamberg ist, auch wenn die Bayern in Topbesetzung sind, in dieser Saison eine Liga drüber. Den Bambergern ist es gelungen, ein funktionierendes Team zu halten und mit herausragenden Leuten zu verstärken. Und ihr Trainer Andrea Trinchieri schafft es, sein Starensemble bei Laune zu halten. Das ist vergleichbar mit den Bayern-Fußballern.
Was bedeutet das 0:3-Halbfinalaus jetzt für die Bayern?
Das ist nicht ihr Anspruch. Aber mit Bamberg ist ein Konkurrent da, der mindestens über die gleichen finanziellen Mittel verfügt und kontinuierlich etwas aufgebaut hat. Etwas Ähnliches haben die Fußballer des FC Bayern ja auch vor nicht allzu langer Zeit mal begreifen müssen, als Dortmund für zwei Jahre die Nase vorn hatte. Die Bayern-Basketballer kann man aber nicht mit den Fußballern vergleichen. Das Basketballprojekt ist immer noch ein jugendliches, das wachsen muss. Man wird sehen, wie groß der Rückhalt in München dafür wirklich ist, ob man sagt: „Nächstes Jahr greifen wir richtig an und wollen Bamberg Paroli bieten.“ Der Stachel sitzt im Moment ganz schön tief.
Wie wird es nach zwei titellosen Jahren jetzt weitergehen?
Es muss und wird einen Umbruch geben. Ich würde mit Paul Zipser und Maxi Kleber verlängern, Bryce Taylor, der eine Identifikationsfigur und über jeden Zweifel erhaben ist, halten. Nihad Djedovic bekommt die Rübe auch wieder frei. Und dann wird es sehr interessant. Ich bin sicher, dass fünf, sechs Neue kommen.
Weil der Kader aktuell nicht richtig zusammengestellt ist?
Im Nachhinein ist es einfach, mit dem Finger darauf zu zeigen. Vor zwei Monaten haben die Bayern Bamberg im Pokal geschlagen – mit dem gleichen Kader. So schlecht kann er also nicht sein. Auf eine Saison oder eine Serie gesehen ist er nicht so gut wie der von Bamberg.
Vor allem auf den Guard-Positionen, oder?
Bayern benötigt dort wieder jemanden der Kategorie Tyrese Rice oder Malcolm Delaney – einen Floor-General, einen Kopf. Da brauchst du aber gutes Scouting und Glück. So, wie Bamberg es hatte, als sie Brad Wanamaker aus der zweiten italienischen Liga geholt haben. Oder eben viel Geld.
Wie bewerten Sie das Hin und Her um den Verbleib von Trainer Svetislav Pesic?
Ich hätte nicht gedacht, dass er mich noch überraschen kann. Aber er hat es zwei Mal in dieser Saison getan. Nach seiner 99-prozentigen Rücktrittsankündigung dachte ich erst, dass er taktiert. Auch, um der Liga zu zeigen, dass er nicht alles mit sich machen lässt. Stichwort: Schiedsrichterdiskussion. Dann dachte ich, dass er vielleicht wirklich müde ist. Jetzt sagt er auf einmal, dass er zu 99 Prozent weitermacht. Da bin ich unschlüssig, ob wieder irgendeine Taktik dahinter steckt. Ich denke, dass der große alte Mann des Weltbasketballs sich so nicht verabschieden will und wird. Wir können das aber alles abkürzen.
Und zwar wie?
Die Zukunft des Basketballprojekts hängt extrem an Uli Hoeneß. Er ist die Schlüsselfigur und hat richtig Liebe für dieses Projekt. Das ist nicht nur ein neues Spielzeug für ihn. Die Frage ist, welche Rolle Uli Hoeneß in Zukunft beim FC Bayern spielt. Wenn er wieder Präsident wird, dann wird das zuträglich dafür sein. Er ist der, der mehr Risiko gehen und sagen wird: „Ok, wenn wir etwas tiefer in die Schatulle greifen müssen, dann tun wir das eben, um mit Bamberg mitzuhalten.“
Hoeneß schien sich zuletzt bereits in Stellung zu bringen.
Von Pesic und Hoeneß wird gegenseitig die Nähe gesucht – auch dokumentiert. Man könnte sagen, dass sich da zwei gefunden haben, die zeigen wollen: „Da geht was.“ Es wird entscheidend sein, ob Hoeneß noch mal angreifen will und ob der Verein ihn wieder vorne wegmarschieren lassen will. Ich warne davor, Bayern abzuschreiben. Wenn das jemand tut, schneiden sich Hoeneß und die Pesic-Familie das aus und hängen es an ihren Badezimmerspiegel. Und sagen: "So, jetzt erst recht."