BMW Open: Neue McEnroes gesucht!
Als Freizeit-Tennisspieler sollte man bei den BMW Open genau hinschauen – von den Profis kann man noch einiges lernen. Was und wie, das erklärt Turnierdirektor Patrik Kühnen hier
Die BMW Open laufen auf Hochtouren: Weltklasse sehen – ein Vergnügen. Bringt jedoch das Beobachten der Cracks dem Tennis-Freizeitspieler etwas für das eigene Spiel? Darüber sprach die AZ mit Patrik Kühnen. Er war als Spieler drei Mal mit der deutschen Mannschaft Daviscup-Gewinner (1988, 1989, 1993) und schaffte es in Wimbledon bis ins Viertelfinale (1988). Von 2003 bis 2012 führte er als Kapitän das deutsche Daviscup-Team und ist seit 2008 Turnierdirektor der BMW Open.
AZ: Herr Kühnen, was schätzen Sie: Wie viele der Besucher des Turniers spielen selbst Tennis?
PATRIK KÜHNEN: Das ist garantiert ein hoher Anteil. Rein vom Gefühl her würde ich sagen: weit mehr als die Hälfte!
Können diese Amateure von den Profis profitieren?
Durchaus! Da man ja sehr nahe am Spielgeschehen dran ist. Man bekommt alles hautnah mit. Vor allem, wenn man das Training der Könner beobachtet. Zum Beispiel – wie wärmen die sich auf?
Geschieht dies bei allen auf die fast gleiche Weise?
Aber nein! Und ich finde es sehr interessant zu sehen, wie die einen im Training ganz konzentriert spielen und andere wiederum ganz locker. Am wichtigsten für Freizeitspieler ist dabei jedoch, sich die einzelnen Übungen, die im Training absolviert werden, einzuprägen und für das eigene Training zu merken.
Kann man mental profitieren?
Und wie! Vor allem für die Jugendlichen ist dies eine klasse Motivation, die Stars so nahe zu erleben. Ich weiß ja auch noch, wie es bei mir damals war: Immer wenn ich Tennis live erlebte, stachelte mich das unheimlich an und ich versuchte es umzusetzen.
Auf was sollte man beim Beobachten achten?
Sicherlich auf die Beinarbeit. Denn es ist bei den Profis ausgesprochen auffällig, wie gut die zu Fuß sind und sich immer wieder in eine gute Schlagposition bringen.
Kann man sich auch vom „Einspielen”, also direkt vor dem Match, etwas abgucken?
Ja. Es stehen offiziell nur fünf Minuten zur Verfügung und die werden intensiv genutzt.
Fünf Minuten? Da wird man doch nicht warm.
Natürlich nicht – die wärmen sich schon vorher auf, laufen, manche machen Gymnastik-Übungen. Diese fünf Minuten dienen ausschließlich dem Bälle schlagen – Grundlinie, Volley, Aufschlag.
Wer hat denn die beste Beinarbeit des BMW Open-Feldes 2013?
Das hängt von der Tagesform ab. Aber von Janko Tipsarevic, der Nr. 1 des Feldes, sowie vom Ukrainer Alexandr Dolgopolov, kann man vermutlich am meisten lernen.
Und bei der Vorhand?
Tipp für Linkshänder: den Brasilianer Thomaz Belluci beobachten! Und für Rechtshänder: Alexandr Dolgopolov ist sehr variabel mit der Vorhand.
Die meisten Amateure plagen Probleme mit der Rückhand. Wen zu beobachten empfehlen Sie hier?
Bei der beidhändigen den Janko Tipsarevic. Und bei der Einhändigen durchaus unsere Deutschen, den Tommy Haas und den Philipp Kohlschreiber – das ist bei beiden fast der beste Schlag. Und sie gehören in punkto Rückhand auch international zu den Besten.
Bleibt noch der Aufschlag...
Ganz klar – der als Nr. 2 gesetzte Kroate Marin Cilic, der natürlich von seiner Körpergröße profitiert. Auch Haas ist ein super Aufschläger!
Und wie kann man das, was man gesehen hat, zu Hause am besten umsetzen?
Als Erstes muss sie oder er sich alles ganz bewusst machen. Visualisieren. Damit es immer abrufbar ist. Aber: Vieles, was man gesehen hat, wird in zwei, drei Tagen vergessen. Deshalb: Das, was einem am wichtigsten erscheint – aufschreiben! Und vor jedem Training oder vor jedem Spiel sich sagen: „Heute konzentriere ich mich vor allem auf dies oder das oder jenes.”
Wie haben Sie selbst es während Ihrer Karriere gehalten?
Ich habe gerne zugeschaut und achte auch heute noch interessiert darauf, wie sich ein Federer oder Nadal bewegt. In meiner Kindheit habe ich vor allem John McEnroe in mich aufgesogen – seine Art zu spielen, Serve und Volley.
Dann wünschen wir Ihrem Turnier, dass aus ihm irgendwann ein heute 12-jähriger späterer Münchner John McEnroe erwächst.
Danke – wäre nicht schlecht...