Sparbuch 2.0: Was Anleger auf jeden Fall beachten müssen
München - Die Renditen, die es durch den MSCI World zu holen gibt, schlagen Zinsprodukte oder Anleihen bei Weitem. Ein Sparplan dort ist für viele Anleger inzwischen das Sparbuch 2.0. Aktuell investiert der Weltindex in 1465 Aktien aus 23 Industriestaaten. Doch wer den MSCI World kaufen oder besparen will, muss erst einmal entscheiden: Welches Papier soll ich denn auswählen?
Richtige Auswahl bei ETF ist wichtig
Direkt abgebildet wird die Entwicklung des Weltindex von einem passiven Fonds, einem ETF. Die Deutsche Börse listet derzeit 22 verschiedene ETF auf den MSCI World. Jeder investiert exakt in die gleichen 1465 Aktien. Ist es also egal, welches Papier ich letztlich kaufe oder bespare? Keineswegs. Wer den falschen wählt, kann langfristig Zehntausende Euro weniger auf dem Konto haben.
Der Teufel steckt dabei im Detail, den regelmäßigen Verwaltungskosten. Der Anleger bemerkt diese gar nicht bewusst, denn die Gebühren werden einfach aus dem Vermögen des ETF, also vom Geld der Anleger, abgezogen. Während das – derzeit – günstigste Papier, der MSCI World ETF der Schweizer Bank UBS, jedes Jahr nur 0,1 Prozent aus dem Fonds entnimmt, ist es beim teuersten, dem ishares MSCI World ETF aus dem Hause Blackrock, das Fünffache, also 0,5 Prozent. Spezialprodukte wie währungsgesicherte Varianten oder ETF in der Öko-Variante ESG sind noch teurer.

Das wirkt sich gerade bei langfristigem Sparen enorm aus, wie eine ganz einfache Rechnung zeigt: Angenommen, der Anleger steckt 30 Jahre lang jeden Monat 200 Euro in einen ETF auf den MSCI World. Der Index selbst hat, so die Statistik des Anbieters MSCI, seit 1988 – in US-Dollar – jedes Jahr im Schnitt ein Plus von 8,34 Prozent abgeworfen. In Euro wird der Index natürlich noch nicht so lange berechnet. In den vergangenen zehn Jahren waren es in US-Dollar 9,97 Prozent, in Euro sogar 11,74 Prozent pro Jahr. Angenommen, der Index würde auch in den kommenden 30 Jahren 8,5 Prozent Rendite einbringen, dann hätte ein Anleger mit dem ETF zu 0,1 Prozent Kosten am Ende 304.359 Euro im Depot. Steuern und Depotkosten sind hier nicht mitgerechnet.

Wer weniger Geld abzieht, hat mehr vom Zinseszins
Beim Anleger, der das inhaltlich gleiche, aber deutlich teurere Produkt gewählt hat, wären es gut 23.800 Euro weniger. Verantwortlich für diese extremen Unterschiede ist die Mathematik, genauer gesagt der Zinseszinseffekt. Denn wenn ein ETF-Anbieter weniger Geld aus dem Angelegten abzieht, dann bleibt mehr, um Renditen zu schaffen – ein Vorgang, der sich über lange Laufzeiten potenziert. Wer kein Geld verschenken will, sollte also auch auf vermeintlich kleine Unterschiede bei den Kosten achten. Dass das exakt gleiche Anlageuniversum am Ende zu einer unterschiedlichen Wertentwicklung führt, liegt jedoch nicht nur an den Verwaltungskosten, sondern auch an der Methodik, mit der das Fondsunternehmen den Index abbildet.
Einige wenige ETF-Anbieter kaufen tatsächlich alle oder wenigstens die meisten der 1465 Aktien, andere bilden das Anlageuniversum synthetisch ab und lassen sich die Wertentwicklung des MSCI World von einem Partnerunternehmen "garantieren". Unterschiede ergeben sich zudem aus der Frage, was mit den Dividenden passiert. "Thesaurierende" ETF (erkennbar am Kürzel Acc für Accumulating, zu Deutsch: anhäufen) behalten die Erträge und legen sie wieder an, ausschüttende ETF (sie führen das Kürzel Dis für distributing, zu Deutsch: ausschütten) überweisen die Gewinne in bar auf das Konto des Anlegers. Im Regelfall sind synthetische ETF etwas teurer, ebenso wie thesaurierende. Der günstigste ETF auf den MSCI World von der UBS kostet allerdings in der thesaurierenden wie der ausschüttenden Variante das gleiche.
Doch Vorsicht: Die Kosten sind nicht in Stein gemeißelt. Sie können natürlich steigen wie fallen, so dass der Anleger regelmäßig einen Blick auf die sogenannte TER werfen sollte. TER ist eine Abkürzung für Total Expense Ratio. Jeder Fonds muss diese Zahl veröffentlichen. Sie zeigt dem Anleger genau, wie hoch die Kosten sind. Etwas mehr hinblättern muss auch, wer in ein global noch größeres Aktienuniversum wie den MSCI All Country (MSCI ACWI) investieren will: Dann geht das Geld in insgesamt 2841 verschiedene Aktien, nicht nur in 23 Industriestaaten, sondern zusätzlich in 24 Schwellenländer, beispielsweise China, Indien, Brasilien, Indonesien, Mexiko oder auch Thailand und Taiwan. Der Index deckt damit acht Prozent der weltweiten Börsenwerte ab. In Dollar hinkt der MSCI ACWI in der zurückliegenden Dekade dem MSCI World hinterher, da einige Schwellenländer, vor allem China, seit Jahren schwächeln. Für einen Anleger aus der Eurozone jedoch hat der starke Dollar die Gewinne in Euro aufgepeppt und auf 11,04 Prozent pro Jahr gehievt – für jedes Jahr seit 2014.
ETF-Investment: Je länger die Dauer der Anlage, desto größer der Effekt
ETF auf den All-Country-Index gibt es nur wenige, doch auch hier unterscheiden sich die Kosten gewaltig: Das günstigste Produkt ist der thesaurierende ishares MSCI ACWI mit 0,2 Prozent Gesamtkosten, das teuerste das Konkurrenzprodukt von Amundi mit 0,45 Prozent Kosten. Auch hier summieren sich die Kosten bei langen Anlagezeiträumen zu großen Summen. Wer das teuerste Produkt wählt, hat hier mit einer monatlichen Sparsumme von 200 Euro nach zehn Jahren 41.474 Euro und damit gut 600 Euro weniger im Depot als der Anleger mit dem günstigsten ETF. Grundsätzlich gilt dabei: je länger die Anlagedauer, desto größer die Auswirkung.
Übrigens: die Kosten belasten natürlich auch den Einmalanleger. 20.000 Euro lang mit einer Rendite von 8,5 Prozent pro Jahr und 0,1 Prozent jährlichen Kosten werden nach 30 Jahren zu 224.378 Euro. Bei 0,5 Prozent Kosten sind es 25.217 Euro weniger. Kauft man einen global anlegenden, aktiv gemanagten Fonds, bei dem ein Fondsmanager stets aufs Neue die passenden Aktien aussucht, dann liegen die Gebühren oft bei zwei Prozent – und mehr. Die Folgen sind gewaltig: 30 Jahre Anlagedauer mit 20-mal höheren Kosten (zwei statt 0,1 Prozent) würden das Anlageergebnis um gut 97.000 Euro schmälern, bei sonst gleicher Wertentwicklung der Aktien.
Ganz entscheidend für einen Sparer sind zudem die Kaufkosten bei der Bank. Sowohl Direktbanken als auch Filialbanken schlagen beim Kauf eines ETF häufig Gebühren auf, manchmal 1,25, meist 1,5 Prozent, bei den Volks- und Raiffeisenbanken sind es sogar 1,75 Prozent. Allerdings haben viele Banken stets Produkte im Angebot, bei denen keine Kosten anfallen. Bei der Consorsbank etwa sind derzeit 480 von 1700 ETF gebührenfrei besparbar, bei der Comdirect sind es 200 von gut 1700. Im s-Broker verlangen die Sparkassen zumindest für konzerneigene Produkte der Sparkassen-Fondstochter Deka keine Kaufgebühren. Allerdings fallen hier Depotgebühren und Verwahrpreise an, die die Renditen deckeln. Auch andere Banken und Broker bieten meist temporäre Aktionen, die die ETF einzelner Anbieter gratis anbieten. Bei Neobrokern wie Scalable, Trade Republic, Trade Place oder Zero ist das Besparen von ETF auf weiter Strecke komplett kostenlos.
- Themen: