Bayerns Bienen unter Beschuss: Warum die Asiatische Hornisse zur echten Plage wird
Die Biene hat es eh schon schwer genug: Landwirtschaft mit Pestiziden, der Verlust von Lebensräumen durch fehlende Hecken und Wildblumen und veränderte Blütezeiten durch den Klimawandel bedrohen den für so viele Pflanzen wichtigen Bestäuber.
Mit der Asiatischen Hornisse fliegt ein weiteres Problem auf die Majas und Willis Bayerns zu. Die erstmals 2022 in Unterfranken gesichteten Insekten – kleiner und dunkler als die europäischen – sind Bienenjäger und breiten sich zunehmend im ganzen Freistaat aus:
In jedem Jahr verfünffacht sich die Anzahl der Nester. Funde im Salzburger Land sowie am Bodensee deuten zudem auf eine mögliche Ansiedlung in Südbayern hin.
Bienenexperte: Honigbiene "weit oben auf Speisezettel" der Asiatischen Hornisse
Stefan Berg, der Leiter des Instituts für Bienenkunde und Imkerei (IBI), erklärt im Gespräch mit der AZ: Zwar jagten auch die heimischen Hornissen gelegentlich die wichtigen Bestäuber. Aber: "Die Asiatische Hornisse hat die Honigbiene sehr weit oben auf ihrem Speisezettel."
Das ist deshalb so problematisch, weil die Nester bis zu 5000 der Hornissen umfassen. "Die sind entsprechend hungrig und so kommt es dazu, dass sie viele Insekten fangen und damit ihre Larven füttern." Durchschnittlich sind das elf Kilogramm, bei starken Nestern sogar bis zu 20 Kilogramm pro Saison.

Honigbienen machen laut Berg 35 bis 80 Prozent des Futters der Asiatischen Hornisse aus – je städtischer, umso höher der Anteil der Bestäuber. Die Bienen wählen deshalb Vermeidungsstrategien: "Sie fliegen die Blüten kürzer an oder meiden sie sogar ganz, wenn Asiatische Hornissen dort jagen."
Asiatische Hornisse: Schlechtere Bestäubungsleistung bei Bienen und angebissenes Obst
Die Folge: "Das wirkt sich negativ auf die Bestäubungsleistung aus." Obstbäume etwa nehmen so nicht nur indirekt Schaden, sondern sind auch von der Asiatischen Hornisse selbst bedroht. "Die erwachsenen Tiere leben von Kohlenhydraten und von Zuckern und das holen sie sich beim Obst." Gerade zu der Zeit, wenn die Nester sehr stark sind – August, September, Oktober –, steht auch die Obsternte an. Das reife Obst werde angebissen und sei so nicht mehr vermarktungsfähig, erklärt Bienenforscher Berg.
Wie schlimm das für den Obst- und Weinanbau ist, zeigt sich in den Nachbarländern. "In Frankreich, in Spanien und in Portugal geht das in die Millionen Euro, was da an Schäden auftritt."
Bienenforscher: "Wir sind eingeschränkter als Frankreich"
Frankreich etwa hat seit 2004 mit der Asiatischen Hornisse zu kämpfen. Berg befürchtet, dass Bayern dasselbe drohe. "Zumal wir von unseren Möglichkeiten eingeschränkter sind als Frankreich: Hier ist es ein absolutes No-Go, Wespenfallen aufzustellen, weil wir dadurch geschützte Arten wie die heimische Hornisse gefährden würden." In Frankreich stehe diese hingegen nicht unter speziellem Artenschutz. Doch es gibt andere Wege, den Bienenjäger zu bekämpfen: "Wichtig ist, möglichst früh damit zu beginnen."

Im April und Mai sind nur die Hornissenköniginnen, die überwintert haben, unterwegs. Das heißt: Wenn es einem gelinge, diese anzulocken und zu eliminieren, lasse sich die Nestgründung verhindern.
Selbst wenn eine Königin ein Nest gegründet hat, ist dieses sogenannte Primärnest meist in tiefer Lage, etwa in einer Gartenhütte. Und somit noch leicht zu entfernen. Schwieriger wird es laut Berg mit den sogenannten Sekundärnestern, die im Juli und August gebaut werden. Die Hornissen ziehen um in die Bäume in 20 bis 30 Metern Höhe. "An diese Nester kommt man viel schlechter dran, das heißt, man braucht Hebebühnen und dergleichen." Das wiederum mache die Bekämpfung wesentlich teurer.
Landwirtschaftsministerin: "Wir wollen die Invasion abbremsen"
Im Freistaat ist jetzt ein Aktionsplan in Kraft getreten, um die weitere Ausbreitung einzudämmen. Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) sagt: "Wahrscheinlich können wir die Ausbreitung der Asiatischen Hornisse nicht stoppen. Gemeinsam und mit vereinten Kräften können und wollen wir aber die Invasion abbremsen."

Dafür wurde eine Koordinierungsstelle am IBI eingerichtet. Diese soll die betroffenen Fachgruppen Imkerei, Weinbau, Gartenbau und Landespflege an einen Tisch bringen und Strategien besprechen. Außerdem fördert der Freistaat die Beseitigung der Nester mit einem Festbetrag von 200 Euro für Primärnester und mit 400 Euro für Sekundärnester. Denn die betroffenen Imker sind seit Kurzem selbst dafür verantwortlich und müssen dementsprechend auch selbst zahlen.
Grund hierfür ist, dass das Bundesumweltministerium seit März 2025 die Asiatische Hornisse nicht mehr als invasive Art einstuft und somit nicht länger eine sofortige Beseitigungspflicht für gefundene Nester durch die untere Naturschutzbehörde besteht. Die Tiere gelten jetzt als "in Deutschland weit verbreitet" – das heißt laut dem Bayerischen Landwirtschaftsministerium, dass die Entnahme von Nestern nur noch dort erfolgt, wo "gravierende Belastungen der Biodiversität" erwartet werden.
Asiatische Hornisse muss besser erforscht werden
Der Zuschuss vom Freistaat kann laut Berg im Fall von Primärnestern den überwiegenden Teil der Kosten decken, aber er soll vor allem als Anreiz dienen, die Nester zu suchen. Eine Ausrottung der Asiatischen Hornisse sei jedenfalls nicht mehr möglich. Die Maßnahmen sind laut Berg vor allem dafür da, Zeit zu kaufen: Zeit, um das Insekt besser zu erforschen und so wirksamere Maßnahmen zur Bekämpfung zu finden.
Der Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) in Bayern warnt auf Nachfrage der AZ davor, bei Sichtung eines Hornissennestes selbst tätig zu werden. Der LBV empfiehlt stattdessen: "Idealerweise ein Foto von dem Fund an die unteren Naturschutzbehörden in den örtlichen Landratsämtern schicken." Zwar ist das Gift der Asiatischen Hornisse für den Menschen ungefährlich. Aber für die Nestentfernung braucht es Fachwissen und Schutzausrüstung.
Ohnehin darf die Bekämpfung erst erfolgen, wenn die Art eindeutig bestimmt wurde, um nicht aus Versehen heimische Hornissen zu erwischen. Daher gibt es die Meldeplattform www.beewarned.de, auf der die Sichtung mit einem Foto gemeldet werden kann. Anschließend erhält man eine Rückmeldung, ob es sich wirklich um die Bienenjäger handelt.
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