"Ein geschmacklicher Affront". Kunden beschweren sich über Bahn-Marketingkampagne

Mit blondem Bob und adretter Uniform stolpert sie durch den ganz normalen Bahn-Alltagsirrsinn: In der neuen Webserie "Boah, Bahn!" spielt Komikerin Anke Engelke die Zugbegleiterin Tina – und erlebt in den kurzen Sequenzen, die seit dieser Woche auf dem Youtube-Kanal der Deutschen Bahn zu sehen sind, so einiges, das vielen Zugreisenden bekannt vorkommen könnte: Verspätungen, Zugtüren, die nicht aufgehen wollen, unzufriedene Gäste und dauerblockierte Toiletten.
Dabei wirkt "Tina" zwar oft überfordert, aber auch sympathisch, und gibt sich größte Mühe, auch Ungeplantes kundenorientiert zu kommunizieren.
"Boah, Bahn!" mit Anke Engelke: "Ich habe gelernt, mit wie viel Liebe die Leute da arbeiten"
Insgesamt zehn Teile der Webserie sind entstanden, vorausgegangen war ein Praktikum der 59-jährigen Engelke bei der Deutschen Bahn. Engelke arbeitete in verschiedenen Bereichen, etwa in der Logistik und natürlich auch im Zug, beispielsweise im Bistro oder bei der Fahrkartenkontrolle. "Ich habe gelernt, mit wie viel Empathie und Liebe die Leute da arbeiten", sagte Engelke. "Die kommen morgens wieder zur Arbeit, obwohl die beschimpft werden, bespuckt werden, angepackt werden."
Sie selbst habe im Zug aber sehr viel Wohlwollen erlebt, was wohl auch damit zusammenhänge, dass sie oftmals erkannt worden sei. "Ich habe eigentlich tolle Leute erlebt an Bord. Ich weiß nur nicht, ob das repräsentativ ist." Privat sei sie sehr oft mit dem Zug unterwegs.
Lob für das Zugpersonal
Und wie kommt das selbstironische Webserien-Projekt der nicht unbedingt für Verlässlichkeit bekannten Bahn an? Lob gibt es für Engelkes Darstellung und das reale Zugpersonal: "Ich bin BahnCard-Kunde und regelmäßiger Vielfahrer, jetzt schon seit über 20 Jahren", schreibt ein Kommentator unter die erste Folge. "Auch im wirklichen Leben gibt es sehr liebe, engagierte und manchmal lustige Bahnmitarbeiter. Gerade auf langen Fahrten mit dem ICE nehmen es jetzt viele einfach mit Humor."
Eine andere kommentiert: "Ich liebe Anke Engelke und ihren Humor. Da könnte man fast schon fast wieder Sympathie für die Bahn entwickeln."
"Reicht leider nicht, um euer Image wieder aufzupolieren"
Doch offenbar sind nicht alle angetan. So schreibt ein Mann, der nach eigenen Angaben bei der Bahn arbeitet: "Toll... Wieder mal ein Format, welches uns Eisenbahner wie einen bemühten Haufen Freaks dastehen lässt. Wenn die Führung aus Politik und Konzernleitung nicht dem Eigennutz und Sparzwang nachgegeben hätten, könnten wir echten Eisenbahner einen Spitzen-Job machen".
Ein Kunde schreibt: "Anke Engelke reicht leider nicht, um euer Image wieder aufzupolieren". Und auf Linked-In macht ein Bahnreisender seinem Ärger in einem Post über einen ungeplanten Zugwechsel ebenfalls Luft: Die PR-Kampagne sei "ein geschmacklicher Affront und keine Frage über unterschiedlichen Humor", obwohl er Anke Engelke sehr möge. Als Kunde fühle er sich "von dem Unternehmen doch sehr veräppelt. Weil sich das alles tagtäglich auf der Schiene leider genau so abspielt."
Für einige scheint Engelkes Bahn-Satire offenbar doch einen Tick zu real.