Wiesnwirt Käfer über Oktoberfest-Absage: "Dann haben wir Pech gehabt"
Wenn das Oktoberfest 2022 doch nicht stattfinden kann, bliebe Wirt Michael Käfer auf mindestens vier Millionen sitzen, sagt er – und sieht’s gelassen. Die AZ hat den 64-Jährigen zum Gespräch getroffen.
AZ-Interview mit Feinkost-Chef und Wiesn-Wirt Michael Käfer
AZ: Herr Käfer, nehmen Sie noch Reservierungen an?
MICHAEL KÄFER: Nein, wir sind komplett ausgebucht. Wir sind begeistert, dass es so eine hohe Nachfrage gibt. Wir haben natürlich auch schon eine lange Warteliste.
Warteliste fürs Käferzelt umfasst 200 Gäste pro Tag
Wie viele wollen unbedingt noch ins Käfer-Zelt?
Auf der Liste stehen täglich zwischen 140 und 200 Gäste. Es gibt aber immer wieder Leute, die kurzfristig abspringen oder absagen müssen. Deshalb kann sich an der Reservierungslage schnell etwas ändern – gerade bei diesem besonderen Oktoberfest 2022. Wir gehen davon aus, dass sich noch viel in der Reservierung verändern wird. Aber gleichzeitig sind wir davon überzeugt, dass wir jeden Tag bis auf den letzten Platz voll sind.
Die Inzidenz ist hoch – viele Corona-Positive ohne PCR-Test tauchen nicht in der Statistik auf. Findet die Wiesn statt?
Der Optimismus ist extrem hoch (lacht). Die Wiesn muss stattfinden, weil die Leute und Gäste das wollen. Es gibt eine irrsinnige Vorfreude auf die Wiesn, die nach zwei Jahren Pandemie noch größer als früher ist. Das Oktoberfest strahlt eine Lebensfreude aus, die einmalig ist.
Käfer will keine Beschränkungen: "Wiesn geht nur 100 Prozent oder gar nicht"
Ist es richtig, dass die Wiesn 2022 ohne Beschränkungen abläuft?
Ja, weil nur so kann das Oktoberfest funktionieren. Wiesn geht nur 100 Prozent oder gar nicht. Die Idee, dass nur geimpfte Personen reinkönnen, war und ist gut, aber wie will man das durchführen und kontrollieren?
Also doch eine Wiesn mit Beschränkungen?
Wir planen überhaupt nicht mit 2G oder 3G. Das ist ja auch die Entscheidung, die vom Stadtrat beziehungsweise dem Oberbürgermeister gefällt worden ist. Und das halte ich persönlich für absolut richtig.
Darum gibt es auf dem Oktoberfest keinen Personalmangel
Überall gibt es Personalmangel und Engpässe. Haben Sie genügend Security und Kellner?
Die Probleme haben wir alle, nur nicht auf das Oktoberfest bezogen. Wir haben genügend Personal. Käfer hat ein tolles "Wir-Gefühl" geschaffen, daher ist es das bewährte Personal der letzten Jahre. Die Wiesn sind 17 gute Tage und da verdient man natürlich auch gutes Geld als Kellner.
Haben Sie Sorgen, dass sich Security und Kellner mit Corona anstecken und auch ausfallen?
Das ist sicherlich ein Punkt, über den man nachdenken muss – gerade wegen der Quarantänezeit. Das ist dann ein echtes Problem. Man kann es nur so lösen, indem man Kellnerinnen und Kellner in petto hat. Andererseits ist es aber nicht so, dass die Leute bereit sind zu warten, bis sie möglicherweise einen Job bekommen. Im Sicherheitsbereich haben wir mehr Leute eingestellt, damit wir reagieren können, wenn jemand ausfällt.
Corona-Infektion auf der Wiesn: Wie reagiert Käfer auf positive Mitarbeiter?
Und wo bekommen Sie dann kurzfristig Kellner her?
Wir könnten aus unseren anderen Betrieben vielleicht noch Leute überzeugen, für ein paar Tage auf der Wiesn auszuhelfen. Bei den Kellnerinnen und Kellner setzt nach ein paar Tagen aber auch ein Lerneffekt ein. Wenn man anfangs drei Tische hat, kann man nach einer Woche sicherlich auch vier Tische bedienen. Man wird automatisch schneller und routinierter.
Aber das klingt nicht nach einem richtigen Plan.
Der einzig richtige Plan ist, dass man Leute auf Abruf hat. Aber da gibt's nur sehr wenige. Wir haben schon darüber nachgedacht, Leute zu bezahlen, die auf Standby stehen. Aber ich weiß auch, dass der große Teil des Verdienstes auf der Wiesn das Trinkgeld ist. Das können wir in dieser Dimension nicht bereitstellen.
Wenn die Wiesn doch mit von Bund oder Freistaat vorgeschriebenen Einschränkungen stattfindet, dann...
Ich bin davon überzeugt, dass das Oktoberfest normal stattfindet. Dazwischen gibt es eigentlich nichts. Wenn der Bundesgesundheitsminister aus irgendwelchen Gründen eine andere Entscheidung fällt, dann wird der Oberbürgermeister die richtigen Schlüsse daraus ziehen.
Sagt OB Dieter Reiter die Wiesn doch noch ab?
Dieter Reiter sollte dann die Wiesn absagen?
Herr Reiter wird dann entscheiden, was er für richtig hält.
Virologe Streeck hat auch mal 1G vorgeschlagen. Also Zutritt nur mit tagesaktuellem, negativem Test.
Wie soll das bei so vielen Gästen praktikabel sein? Das wäre eine unglaubliche logistische Herausforderung, die man nicht stemmen könnte.
Was würde es für Sie bedeuten, wenn die Wiesn doch noch abgesagt wird?
Bei mir überwiegt der Optimismus so stark. Ich mache mir überhaupt keine Gedanken darüber.
Kostenfrage: 13. September ist Stichtag bei Wiesn-Absage
Bis zum 13. September kann die Stadt ohne Regressforderungen der Wirte und Schausteller das Oktoberfest abblasen.
Ja, das ist vier Tage vor dem Wiesn-Start. Als Unternehmer muss man immer Risiken tragen. Dann haben wir halt Pech gehabt. Es ist Teil meines Demokratieverständnisses und nun mal die Marktwirtschaft, in der wir leben. Ich mach's ja freiwillig. Niemand zwingt mich zum Zeltaufbau. Ich verstehe die Stadt total, die sagt, dass die Kosten nicht der Münchner Steuerzahler zu tragen hat.
Auf wie vielen Kosten würde Sie sitzen bleiben?
Zwischen vier und sechs Millionen. Dann muss man halt wieder ein paar Jahre dafür arbeiten. Wir haben aber das Glück, dass wir andere gutgehende Betriebe haben. Die Firma wird deswegen nicht untergehen. Für manche Wiesn-Kollegen mit Krediten wäre es sicherlich nicht so einfach. Für Käfer ist das Oktoberfest das emotionalste und schönste Event, aber am Ende machen wir damit nicht mal acht Prozent vom gesamten Umsatz. Wir könnten es verkraften.
Darum gibt es auf dem Oktoberfest keine Heizpilze mehr
Begrüßen Sie es, dass es heuer keine Heizpilze mehr auf der Wiesn geben wird?
Ja, klar! Das war eine einstimmige Entscheidung. Wir Wirte müssen ein Zeichen setzen. Wir können nicht über Gasknappheit reden und gleichzeitig die Luft heizen. Es gibt natürlich einen Wermutstropfen: Mancher Gast wird am Abend draußen vielleicht früher aufstehen. Wir hatten zuletzt rund 100 Heizstellen im Gestänge über den Tischen.