Nach "Zirkuszelt"-Aussage: So denken deutsche CSD-Promis über Kanzler Merz

Audio von Carbonatix
"Nie wieder still!" Unter diesem Motto stand am Samstagmittag (26. Juli) die Christopher Street Day-Parade in Berlin. Auch Entertainer Julian F. M. Stoeckel (38) war zum wiederholten Mal mit einem eigenen Wagen vertreten. An der Seite von geschätzten Promi-Kollegen positionierte sich der TV-Star ganz deutlich für die queere Community. Auch die AZ war an diesem Mittag vor Ort und erfuhr, was die deutsche TV-Prominenz wirklich von Bundeskanzler Friedrich Merz (69) hält.
Nach "Zirkuszelt"-Aussage: Bundeskanzler Merz in der Kritik
Vor wenigen Wochen hatte sich die Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (52) dagegen entschieden, anlässlich des diesjährigen CSD eine Regenbogenflagge über dem Reichstag zu hissen. Für Parteikollege und Bundeskanzler Friedrich Merz eine absolut nachvollziehbare Maßnahme: "Der Bundestag ist ja nun kein Zirkuszelt", hatte der 69-Jährige im Talk von Sandra Maischberger verkündet. Ein Affront für viele Bürger, allen voran natürlich Vertreter der queeren Community.

Julian F. M. Stoeckel über Friedrich Merz: "Ungeschickt gewählt"
Bei der Parade zum CSD in Berlin wollte die AZ von CDU-Wähler Julian F. M. Stoeckel wissen, wie er derzeit zum Bundeskanzler stehe: "Ich glaube, dass Friedrich Merz manchmal noch die Regierungserfahrung fehlt, die bei einer Angela Merkel in der DNA verankert war. Daher sagt er manchmal Sachen, die schneller aus seinem Mund kommen, als er darüber nachdenkt. Und diese Aussage mit dem Zirkuszelt – ich bin der Meinung, dass das eher unbedacht war und nicht so negativ, wie es vielleicht rüberkam."

Bei seiner Einschätzung verlässt sich der TV-Star auf persönliche Erfahrungen: "Ich bin Friedrich Merz ja schon begegnet und da hatte ich überhaupt nicht das Gefühl, dass er irgendwas gegen Schwule und Lesben hat oder die queere Welt ablehnt. Außerdem hat er sich in einer Talkshow schon dazu geäußert, für das Adoptionsrecht von queeren Familien zu sein. Ich glaube einfach, 'Zirkuszelt' war ungeschickt gewählt."

Der Entertainer erklärte der AZ aber auch: "Ich denke, dass es einfach von der Politik und der hiesigen Regierung ein Zeichen gewesen wäre für Toleranz und Gleichberechtigung. Und ich glaube, dass keinem ein Zacken aus der Krone gebrochen wäre, wenn man zum CSD die Regenbogenflagge aufgehängt hätte."
Micaela Schäfer über Friedrich Merz: "Spielraum für Interpretationen"
Auch TV-Nacktschnecke Micaela Schäfer war am Samstag auf den CSD-Wagen ihres Promi-Kollegen geklettert. Im Gespräch mit der AZ nahm sie Friedrich Merz zunächst in Schutz: "Also zum einen kommt mir der Bundestag leider doch ab und an wie ein Zirkus vor, so wie dort teilweise miteinander umgegangen wird. Aber zum anderen muss man die Aussage im Zusammenhang sehen. Er meinte inhaltlich ja nicht, dass ausschließlich die Regenbogenfahne nicht gehisst werden darf, sondern, dass grundsätzlich nur zu bestimmten Tagen oder Ausnahmen andere Flaggen wehen dürfen als die deutsche und europäische Fahne."

Micaela Schäfer ist auch bekennende CDU-Wählerin. Sie räumte jedoch ein: "Allerdings war diese Aussage natürlich unglücklich gewählt und bot Spielraum für Interpretationen." Süffisant meinte Micaela Schäfer zur AZ: "Wenn Friedrich Merz mal Nachhilfe in Kommunikation oder vielleicht auch in etwas anderem Nachhilfe benötigt, kann er sich gerne bei mir melden."
Deutsche TV-Promis feiern den CSD: "Ein Umdenken anstoßen"
Auch wenn Micaela Schäfer die Angelegenheit mit der Regenbogenflagge nicht so eng sieht, sprach sie sich in der AZ ganz klar für die queere Community aus. Der TV-Star erklärte seinen Support für den CSD: "Speziell in den heutigen Zeiten, wo gerade gegen Minderheiten sehr viel Stimmung gemacht wird, muss man Zeichen setzen, sich nicht einschüchtern lassen und seine Meinung vertreten. Nur so kann man den in diesem Bereich teilweise bedenklichen gesellschaftlichen Entwicklungen entgegentreten und ein Umdenken anstoßen."
Doch die TV-Darstellerin liebt die Parade noch aus einem anderen Grund: "Außerdem kann man fast nirgendwo so gut feiern wie auf dem CSD in Berlin. So viele glückliche, gutaussehende, geil gekleidete Menschen bei cooler Musik, das ist einfach mega." Julian F. M. Stoeckel ergänzte im Gespräch mit der AZ: "Also ich bin ja schon seit vielen Jahren, eigentlich seit über einem Jahrzehnt, beim CSD dabei. Ich habe selbst schon acht Mal einen eigenen Truck gehabt, um dort meine Unterstützung zu zeigen. Und ich glaube, in einer Zeit, in der Queersein und Schwulsein wieder 'komischer' werden und viele Leute andere Lebensformen verachten, bleibt es relevant, Präsenz zu zeigen."
Berliner Bürgermeister: "Volksnah und bürgernah"
In Vorfreude auf den CSD hatte Julian F. M. Stoeckel ganz besonders auf einen Gast gehofft: den amtierenden Berliner Bürgermeister Kai Wegner. Zur AZ meinte Stoeckel anerkennend: "Kai Wegner ist anders als andere. Kai Wegner ist, seitdem ich ihn kenne und das ist schon eine ganze Weile, ein regierender Bürgermeister und einer der 16 Ministerpräsidenten in Deutschland, der volksnah und bürgernah geblieben ist."
Julian F. M. Stoeckel stellte in der AZ über den CDU-Politiker klar: "Dass er zum CSD oder auch zum Schwul-Lesbischen-Straßenfest gegangen ist und dort ein T-Shirt hochgehalten hat, rechne ich ihm hoch an. Denn das zeigt natürlich auch, dass er nicht automatisch die Meinung seiner politischen Kollegen, wie dem Bundeskanzler, goutiert. Und das, finde ich, ist schon ein tolles Zeichen."