Schauspielerin Nora Tschirner: "Boah, ein tolles Leben."
MÜNCHEN - Im AZ-Interview spricht Schauspielerin Nora Tschirner über provisorische Entscheidungen, warum sie ein absolut glücklicher Mensch ist – und noch niemals auf der Wiesn war.
Strand, Sonne, Til Schweiger: Nora Tschirner dürfte eigentlich nichts aus dem polnischen Leba treiben, wo sie derzeit „Zweiohrküken“, den Nachfolger von „Keinohrhasen“, dreht. Doch die 28-Jährige tauscht Til gegen Timm. Gemeint ist Timm Klotzek, Chef der Zeitschrift „Neon“, der mit Chef-Kollege Michael Ebert ein Buch über Tschirners Generation geschrieben hat: „Planen oder treiben lassen? Wie man merkt, ob man sich zu viel oder zu wenig Gedanken um sein Leben macht“ (Heyne, 17,95 Euro). Aus dem Buch liest Tschirner am Montag um 21.30 Uhr im Atomic Café. Die AZ hat schon vorab mit ihr gesprochen – noch vor dem Frühstück.
AZ: Frau Tschirner, sind Sie ein Frühaufsteher?
NORA TSCHIRNER: Das weiß ich nicht so genau. In meinem Beruf konnte ich das nie herausfinden, weil ich immer flexibel sein musste. Aber ich bin kein Nachtmensch. Obwohl, ach, flexibel.
Flexibel, visionslos, ehrgeizig, leicht zufriedenzustellen, das sind die Eigenschaften die Neon den 20 bis 35-Jährigen zuschreibt, der Generation „Krisenkinder“.
"Ich muss nicht im Millionen-Haus wohnen."
Ja, schlimm, wenn solche Schlagwörter alle auf einen zutreffen, nicht? Aber visionslos bin ich nicht. Ich bin nur nicht getrieben von einer fixen Idee, die meinem Leben Sinn gibt. Im Millionen-Haus wohnen und meine 14 Kinder können Kampfsport, so was.
Leicht zufriedenzustellen?
Ja, obwohl ich um viele Dinge kämpfe. Aber ich bin eben nicht ins Ziel verliebt, sondern der Weg macht mich froh.
Sie lesen am Montag in München für Neon. Kennen Sie die Stadt?
"Als Nicht-Biertrinkerin würde ich sowieso nur in den Karussells hängen."
Ja, ich mag die Kammerspiele, die Favorit Bar, die Sportfreunde Stiller. Und den Münchner Flughafen irgendwie auch. Da esse ich immer Schweinekrustenbraten. Sonst mag ich die nicht klischeehaften Sachen. Deshalb war ich nie auf der Wiesn. Und wenn, würde ich als Nicht-Biertrinkerin sowieso nur in den Karussells hängen.
Hört sich an, wie eine Planerin, nicht wie eine, die sich treiben lassen kann...
Ich bin eher eine Mischung. Ich überlege immer wieder, ob ich grad meine Zeit verplempere. Dann gibt es Dinge, die kann ich nicht ändern, da lasse ich mich treiben.
Planen Sie, sich treiben zu lassen?
"Es gibt zu bestimmten Zeiten immer nur richtige Entscheidungen."
Manchmal verordne ich das mir und meinem Bauch. Wenn ich total verkrampft bin, dann tief durchatmen und dann geht das schon. Auch wenn ich mich alle drei Minuten daran erinnern muss, locker zu sein.
Von welcher Eigenschaft bräuchten die Krisenkinder einen Tick mehr?
Entscheidungsfreudigkeit. Nicht unbedingt langfristig, aber man muss den Mut dazu entwickeln. Selbst wenn es sich nach zwei Minuten oder erst nach 20 Jahren als ungut erweist, war es gut, sich entschieden zu haben. Es gibt zu bestimmten Zeiten immer nur richtige Entscheidungen.
Was war die schwierigste Entscheidung Ihres Lebens?
Nicht aus beruflichen Gründen für lange Zeit ins Ausland zu gehen. Da musste ich Mut aufbringen. Ich treffe dann meist provisorisch eine Entscheidung und tue für ein paar Tage so, als ob sie endgültig wäre. Da merke ich, ob der Bauch jauchzt oder grummelt.
Sind Sie ein zufriedener Mensch?
Absolut.
Punkt?
"Mich machen einfache Sachen glücklich."
Punkt. Mich machen einfache Sachen glücklich. Ich halte oft inne und denke: Boah, tolles Leben.
Wo planen, wo treiben Sie?
Beruflich muss ich mich extrem viel treiben lassen, weil man die Projekte nicht allein in der Hand hat. Direkt vor dem Dreh mutiere ich zum Extrem-Planer, lege Hefte an, wann ich wo sein muss, wann der Text sitzen muss. Dann weiß ich auswendig, wann es Mittagessen gibt.
Interview: Anne Kathrin Koophamel